# taz.de -- Griechischer Ex-Bundesligaprofi Amanatidis: „Irgendwann verzweifeln alle an uns“
       
       > Ex-Bundesligaspieler Ioanis Amanatidis über die Alternativlosigkeit der
       > griechischen Defensivtaktik und die Chancen im EM-Viertelfinale gegen
       > Deutschland.
       
 (IMG) Bild: „Das Überstehen der Vorrunde ist Balsam für unsere Seele.“
       
       taz: Herr Amanatidis, verspüren Sie als gebürtiger Grieche, der seine
       gesamte Karriere in Deutschland verbracht hat, Loyalitätskonflikte, wenn
       beide Länder aufeinandertreffen? 
       
       Ioanis Amanatidis: Nein, in dem Fall muss ich parteiisch sein und zu meinen
       Landsleuten halten.
       
       Sehen sie sich als Vermittler? 
       
       Das ist nicht nötig. Die negative Stimmung wird doch nur durch die
       Boulevardmedien und die Ahnungslosen in der Politik hochgekocht. Was soll
       ich mich mit Leuten beschäftigen, deren Hobby es ist, die anderen zu
       ärgern? Der Fußball soll nicht dafür missbraucht werden, Politik zu
       betreiben.
       
       Spüren Sie in Griechenland eine EM-Stimmung oder hat man dafür gerade
       keinen Sinn? 
       
       Das Überstehen der Vorrunde ist Balsam für unsere Seele. In der
       Vergangenheit waren ausschließlich Negativschlagzeilen über Griechenland zu
       lesen, und jetzt gibt es mal wieder einen Grund, stolz zu sein und
       gemeinsam zu feiern.
       
       Wird die Verärgerung über die deutsche Politik die griechischen Spieler
       zusätzlich motivieren? 
       
       Die Spieler interessiert das nicht. Das ist für die so weit weg, völlig
       uninteressant.
       
       Wie kann die Mannschaft gegen Deutschland bestehen? 
       
       So wie sie es auch in allen anderen Spielen versuchen. Die Mannschaft muss
       sich voll auf die Defensive konzentrieren und darauf hoffen, dass sich
       vorne die eine oder andere Chance bietet.
       
       Und das kann reichen? 
       
       Deutschland ist natürlich der hohe Favorit, aber wenn es uns gelingt, die
       erste Halbzeit ohne Gegentor zu überstehen, könnten sie auch nervös werden.
       Irgendwann verzweifeln alle an uns. Dann machen sie Fehler, wie Polens
       Torhüter Szczesny im ersten Spiel oder die russische Abwehr im letzten.
       
       Braucht es Fehler der Deutschen oder könnte es auch Theofanis Gekas mit
       seinen Konterqualitäten richten? 
       
       Theofanis lauert immer an der Abseitsfalle. Sollte ein Ball kommen, hat der
       Stürmer, der in der Vorwärtsbewegung ist, immer Vorteile gegenüber den
       Abwehrspielern. Er hat es in der Bundesliga oft gezeigt.
       
       Was kann die Mannschaft falsch machen? 
       
       Wenn man ihnen offen begegnet und mitspielen will, wird es für die
       Deutschen leicht. Wenn sie unsere Abwehr früh knacken, kann es eine
       Klatsche geben.
       
       Wie kann das Fehlen des Kapitäns Georgios Karagounis kompensiert werden? 
       
       Ich sehe das entspannt. Seine Sperre ist die Möglichkeit für einen jungen
       Spieler, sich zu beweisen. Grigoris Makos von AEK Athen wäre ein guter
       Kandidat.
       
       Mit der Konzentration auf die Defensive setzt Trainer Fernando Santos die
       Maxime von Otto Rehhagel fort. Sehen Sie auch Unterschiede? 
       
       Nein, es gibt keine Unterschiede. Die Taktik wird durch die Qualität der
       Mannschaft bestimmt. Jeder Trainer muss sich danach richten. Die
       Spielanlage und individuelle Klasse reicht nicht aus für eine andere
       Spielweise. Es ist auch völlig egal, in welcher taktischen Formation der
       Trainer spielen lässt, es läuft immer darauf hinaus, dass wir uns aufs
       Verteidigen konzentrieren. Denn das können wir.
       
       Schön ist das aber nicht. 
       
       Nein, Griechenland kann keinen schönen Fußball spielen. Dafür spielen wir
       effizient. Russland hat es gegen uns andersherum gemacht. Ihre
       Schönspielerei hat ihnen gar nichts genutzt.
       
       Sie haben inzwischen ein eigenen Modelabel. Was ist Ihnen in modischer
       Hinsicht bei der EM aufgefallen? 
       
       Ich schaue beim Fußball nicht auf die Trikots. Aber beim kroatischen
       Trainer Slaven Bilic, der zu seinem Anzug eine Wollmütze trug, ist mir noch
       etwas aufgefallen: Er hat immer eine Krawatte um, die er sich aber nicht
       zubindet. Das verstehe ich nicht. Entweder macht man es richtig oder man
       lässt es.
       
       22 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
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