# taz.de -- Verhandlungen zur Eurokrise: Merkel gegen den Rest Europas
       
       > In der Eurokrise wirkt die Bundesregierung isoliert. Die Gespräche um
       > eine Finanztransaktionssteuer sind gescheitert – nun könnte sie von einer
       > „Koalition der Willigen“ realisiert werden.
       
 (IMG) Bild: Können sich nicht einig werden: Bundeskanzlerin Merkel und Italiens Ministerpräsident Monti.
       
       BRÜSSEL taz | Die Eurokrise offenbart immer größere Risse in Europa. Am
       Freitag kam es gleich zu zwei großen Brüchen: Bei einem Treffen der
       Finanzminister in Luxemburg scheiterten die Diskussionen um eine
       Finanztransaktionsteuer – nun wollen Deutschland und acht weitere
       Euroländer ohne Rücksicht auf die Zögerer voranpreschen. Und bei einem
       Vierertreffen mit Kanzlerin Angela Merkel in Rom gab es offenen Streit.
       
       Für den Zusammenhalt Europas in der Krise bedeuten beide Meldungen nichts
       Gutes. Immerhin: In Luxemburg zeichnete sich ab, dass eine „Koalition der
       Willigen“ für eine Finanzsteuer zustande kommt – genau so, wie es Merkel am
       Donnerstag mit SPD und Grünen vereinbart hatte. Neben Deutschland wollen
       auch Frankreich und Österreich mitmachen, insgesamt werden neun Länder
       gebraucht.
       
       Das Streitthema Finanztransaktionsteuer wandert nun wohl auf den EU-Gipfel
       Ende nächster Woche in Brüssel – wie wohl die meisten anderen Reizthemen
       zur Eurokrise. Beim Vorbereitungstreffen gestern in Rom zeichnete sich
       keine Einigung ab, im Gegenteil: Merkel war mit ihrer harten Haltung völlig
       isoliert.
       
       Gastgeber Mario Monti, Frankreichs Präsident François Hollande und Spaniens
       Regierungschef Mariano Rajoy drängten sie, mehr gegen die Spekulation auf
       den Finanzmärkten zu tun und einen weiteren Anstieg der spanischen und
       italienischen Zinsen zu verhindern. Europa drohe eine „Spekulationswelle“,
       warnte Monti. Zuvor hatte die US-Ratingagentur Moody’s 15 große Banken
       herabgestuft, darunter auch die Deutsche Bank.
       
       Merkel lehnt bisher alles ab, was nach Intervention auf den wild gewordenen
       Finanzmärkten aussieht. Sie wehrt sich auch dagegen, die Märkte durch
       gemeinsame Anleihen, sogenannte Eurobonds, zu überlisten. Selbst bisher
       unumstrittene Pläne für eine Bankenunion gehen ihr offenbar zu weit.
       
       ## Aufschub für Sparpläne gefordert
       
       Streit gibt es auch über die derzeit größten Sorgenkinder der Eurozone,
       Griechenland und Spanien. Die neue Regierung in Athen hat einen Aufschub
       von zwei Jahren zur Erfüllung des „Plansolls“ an Reformen gefordert. Vor
       einer Entscheidung soll jedoch erst die internationale Troika nach Athen
       reisen, um die Lage zu analysieren. Danach könnten die Europäer den
       Griechen entgegenkommen – doch Berlin stellt sich quer.
       
       Hilfe brauchen auch die Spanier. Die Eurogruppe hatte Madrid bereits vor
       zwei Wochen Notkredite bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt, um das
       Bankensystem zu sanieren. Am Donnerstag kamen zwei Gutachten zu dem
       Schluss, dass „nur“ 62 Milliarden benötigt würden. Dennoch spekulieren
       Anleger darauf, dass am Ende auch der spanische Staat Hilfe brauchen könnte
       – und treiben so die Kreditkosten immer weiter in die Höhe.
       
       Madrid will umgehend einen Hilfsantrag an die Eurogruppe stellen, kündigte
       der spanische Finanzminister an. Sein Land wäre dann nach Griechenland,
       Irland und Portugal bereits der vierte Eurostaat, der zumindest teilweise
       unter den Eurorettungsschirm flüchtet. Mit dem offiziellen Antrag des
       fünften Kandidaten, Zypern, wird nächste Woche gerechnet.
       
       22 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ratingagentur sieht Deutschland „negativ“: Moody's Prophezeihungen
       
       Die Ratingagentur Moody's senkt für drei europäische Länder den Ausblick
       auf „negativ“, darunter auch Deutschland. Das Berliner Finanzministerium
       fühlt sich ungerecht behandelt.
       
 (DIR) Deutsch-französische Freundschaft II: „Symbiose? Schlecht für Europa“
       
       Warum „Merkozy“ nicht gut war und was der Vorteil des neuen Duos bei der
       Krisen-Bewältigung ist, sagt die Chefin des Berlinbüros des European
       Council on Foreign Relations.
       
 (DIR) Deutsch-französisches Verhältnis: Hollande macht's nicht allein mit Merkel
       
       Deutschland und Frankreich gemeinsam und der Rest Europa folgt? So stellt
       sich Frankreichs Präsident Hollande das nicht vor. Er will seine Arbeit
       lieber in den Dienst von ganz Europa stellen.
       
 (DIR) Kommentar Regierungserklärung Frankreich: Sparen ohne Tränen
       
       Die Regierung will Wachstum und Sparen verbinden. Sie will die Reichen
       stärker belasten und Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen. Doch ihr
       Spielraum ist gering.
       
 (DIR) Vermögensberater über Eurokrise: „Raus aus den Geldwerten“
       
       Aktien, Immobilien und Gold empfiehlt Max Otte in der Krise. Der
       Vermögensberater verrät, warum ein Tipp in der taz keinen Markt bewegen
       kann und er zu wenig Steuern zahlt.
       
 (DIR) Krise in Italien: Euro-Kritiker heben ab
       
       Die Folgen der Finanzkrise sind in Italien bereits zu spüren. Wegen des
       harten deutschen Kurses denkt die Opposition laut über eine Rückkehr zur
       Lira nach.
       
 (DIR) Reaktionen auf Satz der Bundeskanzlerin: Bond jagt Dr. Merkel
       
       Eine flapsige Bemerkung der Kanzlerin zieht ihre Kreise. Die Opposition
       hält die Ablehnung der Eurobonds „solange ich am Leben bin“ für völlig
       unangemessen.
       
 (DIR) Finanzkrise in Spanien und Zypern: 28 Banken und eine Insel
       
       Die Ratingagentur Moody's hat 28 spanische Banken herabgestuft. Derweil
       sucht Zypern als fünftes Land Schutz unter dem europäischen Rettungsschirm.
       
 (DIR) Auswirkungen der Finanzkrise: Zypern noch kleiner
       
       Wegen der engen Verflechtung mit der griechischen Wirtschaft wird die
       Kreditwürdigkeit Zyperns herabgestuft. Ein Antrag auf Notkredite wird damit
       immer wahrscheinlicher.
       
 (DIR) Debatte Eurokrise: In die Rezession getrieben
       
       Mit der Einführung des Euro ging der naive Glauben einher, die
       Volkswirtschaften würden sich einander angleichen. Das Gegenteil geschieht.
       
 (DIR) Abstimmung für Euro-Rettungsschirm: Zwei Drittel sollen retten
       
       Die schwarz-gelbe Koalition will auch den Euro-Rettungsschirm ESM mit einer
       Zweidrittelmehrheit beschließen. So soll verfassungsrechtlichen Bedenken
       vorgebeugt werden.
       
 (DIR) Sparpakt für Griechenland: Koalition will weitreichende Änderungen
       
       Zwei Jahre für die Erfüllung der Sparauflagen. Keine neuen Steuern, keine
       weiteren Entlassungen. Das will die neue griechische Regierung.
       
 (DIR) Jürgen Trittin über den Fiskalpakt: „War das unverantwortlich?“
       
       Der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin verteidigt sein Ja zum Fiskalpakt
       in Europa gegenüber Kritikern in der eigenen Partei. Und äußert den Wunsch
       nach Neuwahlen.
       
 (DIR) Einigung von Koalition und Opposition: Fiskalpakt kann kommen
       
       Regierung und Opposition haben sich im Streit um den Fiskalpakt geeinigt.
       Zusätzlich soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden – notfalls
       auch nur in einem Teil der EU-Staaten.
       
 (DIR) Gewerkschaften in Italien: Vereint gegen Montis Sparpolitik
       
       Erstmals fanden die chronisch zertrittenen Bünde zu einer Aktion zusammen:
       Rund 200.000 Demonstranten fordern eine Abkehr von der einseitigen
       Haushaltspolitik des Landes.
       
 (DIR) Einigung bei Finanztransaktionssteuer naht: „Attac wird trotzdem noch gebraucht“
       
       Attac-Gründer Peter Wahl über die Annäherung von Regierung und Opposition
       bei der Finanztransaktionssteuer, angedeutete Ausnahmen und taktische
       Schlaumschlägereien.