# taz.de -- Gewerkschaften in Italien: Vereint gegen Montis Sparpolitik
       
       > Erstmals fanden die chronisch zertrittenen Bünde zu einer Aktion
       > zusammen: Rund 200.000 Demonstranten fordern eine Abkehr von der
       > einseitigen Haushaltspolitik des Landes.
       
 (IMG) Bild: Die Demonstranten in Rom protestierten auch gegen die schlagartige Erhöhung des Renteneintrittsalters.
       
       ROM taz | Mit einer Großdemonstration protestierten am Samstag die drei
       größten Gewerkschaftsbünde Italiens in Rom gegen den Sparkurs der Regierung
       unter Mario Monti. Nach Angaben der Veranstalter kamen 200.000 Menschen
       zusammen, um einen Kurswechsel weg von der einseitigen Sparpolitik zu
       fordern.
       
       Zum ersten Mal seit Jahren fanden die chronisch zerstrittenen Bünde CGIL,
       CISL und UIL zu einer Protestaktion zusammen. Ihre Hauptvorwürfe gegen
       Monti: Seine Sparpolitik belaste einseitig die Arbeitnehmer, die mit
       Steuererhöhungen massiv zur Kasse gebeten wurden. Dagegen habe die
       Regierung es versäumt, die Wohlhabenden in die Pflicht zu nehmen.
       
       Besonderen Ärger hatte unter den Gewerkschaften die schlagartige Erhöhung
       des Renteneintrittsalters ausgelöst. Denn im letzten und im laufenden Jahr
       sind in Italien fast 400.000 Arbeitnehmer mit Übergangsregelungen aus ihren
       Betrieben ausgeschieden. Die neue Rentenregelung führt bei ihnen dazu, dass
       sie nun plötzlich mehrere Jahre vor sich haben, in denen sie keinerlei
       Einkommen beziehen werden.
       
       Für Monti sind Demonstrationen wie die vom Samstag nicht wirklich
       bedrohlich. Mehr Sorgen muss er sich um seinen parlamentarischen Rückhalt
       machen. Vor allem auf der Berlusconi-Rechten wächst die Versuchung, mit
       einer populistischen Anti-Euro-Wende verlorenes Terrain wieder gutzumachen.
       Silvio Berlusconis Partei Popolo della Libertà, die bei den Wahlen von 2008
       noch 37 Prozent erreichte, ist in den letzten Umfragen auf 15 Prozent
       zurückgefallen. Vorne liegt aktuell der gemäßigt linke Partito Democratico
       mit 25 Prozent, dicht gefolgt von der neuen Protestliste „Movimento 5
       Stelle“ des Komikers Beppe Grillo, die in den Umfragen auf mittlerweile 21
       Prozent angestiegen ist.
       
       Der Corriere della Sera berichtete vor diesem Hintergrund, Berlusconi
       erwäge einen radikalen Kurswechsel: Er wolle sich an die Spitze einer
       Kampagne für das Ausscheiden Italiens aus dem Euro und die Rückkehr zur
       Lira setzen. In diesem Falle wären die Tage der Regierung Monti gezählt, da
       sie ohne die Berlusconi-Abgeordneten keine Mehrheit im Parlament hat;
       Neuwahlen noch im Herbst 2012 statt zum regulären Termin im April 2013
       wären die unausweichliche Folge.
       
       17 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Populisten in Italien: Nutten, Rotwein, Milchlammbraten
       
       Italiens Kommunen leiden in Zeiten nach Berlusconi. Ein Neuling in der
       Politik und ein alter Hase – beide wollen alles anders machen. Beide setzen
       auf bewährte Polemik.
       
 (DIR) Altersarmut in Italien: Äußerst magere Jahre
       
       Sie erhalten keinen Lohn, kein Übergangsgeld, kein Arbeitslosengeld und
       keine Rente. Das ist eine Reform mit staatlich verordneter Armut.
       
 (DIR) Verhandlungen zur Eurokrise: Merkel gegen den Rest Europas
       
       In der Eurokrise wirkt die Bundesregierung isoliert. Die Gespräche um eine
       Finanztransaktionssteuer sind gescheitert – nun könnte sie von einer
       „Koalition der Willigen“ realisiert werden.
       
 (DIR) Eurokrise: Immer mehr Gegner für Merkel
       
       Details einer neuen EU-Finanzarchitektur sickern durch, sie stehen im
       Widerspruch zur Politik der Bundesregierung. Die Appelle an Merkel, ihre
       Position zu ändern, häufen sich.
       
 (DIR) Eurokrise und kein Ende: Märkte hetzen Italien
       
       Das südeuropäische Land gerät ins Visier von Spekulanten, die
       Wirtschaftsdaten sind alarmierend. Die Regierung hofft währenddessen auf
       Frankreich.
       
 (DIR) Kommentar Krise in Italien: Alle Wege führen nach Berlin
       
       Auf den ersten Blick ist Mario Montis Löschtrupp gescheitert: Sieben Monate
       nach der Wahl brennt die Hütte lichterloh. Doch gelöst werden muss die
       Krise in Berlin.