# taz.de -- Kommentar Acta im EU-Parlament: Und es lebt doch
       
       > Die Acta-Abstimmung im EU-Parlament hat vor allem eines gezeigt: Dass es
       > sich lohnt, die Abgeordneten daran zu erinnern, dass sie den Wählern
       > verpflichtet sind.
       
       Beim Bundesverfassungsgericht sind mehrere Klagen gegen die verschiedenen
       europäischen Rettungsschirme und den Fiskalpakt eingegangen.
       
       Die Kläger beanstanden, dass das gesamte Management der europäischen
       Finanzkrise ohne Mitsprache der Bürger und teilweise auch an den nationalen
       Parlamenten vorbei entschieden wird. Wieder einmal erscheint die
       Europäische Union als ein großes undemokratische Monster, das ohne jede
       Kontrolle vor sich hin reguliert.
       
       Die Entscheidung des EU-Parlaments zu Acta zeigt, dass es auch anders geht:
       Nicht zuletzt wegen der massiven Proteste in mehreren europäischen Ländern
       wollen die EU-Abgeordneten das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ablehnen
       und es damit endgültig begraben. Seit dem Vertrag von Lissabon müssen die
       EU-Abgeordneten allen internationalen Abkommen der EU zustimmen. Sonst
       treten diese nicht in Kraft.
       
       Ein Einsatz bei dem bisher als so schwach verschrienen Parlament kann sich
       also durchaus lohnen. Der Streit über Acta hat eine europäische
       Öffentlichkeit geschaffen, die bisher praktisch undenkbar war. Kritiker aus
       mehreren Staaten haben sich zu Aktionen zusammengeschlossen. Sie haben
       nicht nur vor dem Europäischen Parlament in Straßburg demonstriert.
       
       Sie haben auch Hunderte E-Mails an EU-Abgeordnete geschickt und diese so
       für das Thema sensibilisiert. Acta stand plötzlich im Zentrum des
       öffentlichen Interesses und damit ganz oben auf der politischen Agenda.
       
       Das Europäische Parlament ist die einzige EU-Institution, die direkt von
       den Bürgern gewählt wird, und diesen Auftrag scheint die Mehrheit der
       Abgeordneten diesmal tatsächlich ernst zu nehmen. Auch beim Streit über die
       Grenzkontrollen im Schengen-Raum haben die Entsandten der
       EU-Mitgliedstaaten kürzlich einen Strich durch die Rechnung gemacht und
       ihre Zustimmung zu willkürlichen, allein national entschiedenen
       Grenzschließungen vorerst verweigert.
       
       Da, wo das EU-Parlament etwas zu sagen hat – und dies sind nicht wenige
       Politikfelder –, ist es also effektiv, die Abgeordneten an ihre
       Verantwortung den Wählern gegenüber zu erinnern. Ausgerechnet bei der
       Finanzpolitik hat dies allerdings nicht viel Sinn. Denn hier haben die
       Abgeordneten noch immer keine Mitsprache. Die EU-Regierungen können – so
       steht es bislang geschrieben – weitgehend allein entscheiden.
       
       3 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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