# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Großangriff droht jeder Zeit
       
       > Ein desertierter syrischer General fordert die Bildung einer
       > Übergangsregierung. In Aleppo werden heftige Kämpfe erwartet. Zwei
       > entführte europäische Journalisten sind wieder frei.
       
 (IMG) Bild: Seit Tagen ist Aleppo schwer umkämpft.
       
       GENF dapd/afp/dpa | Der Kampf um Aleppo steuert offenbar auf einen blutigen
       Höhepunkt zu: Syrische Truppen haben sich nach Angaben von Aktivisten für
       eine Großoffensive auf das Wirtschaftszentrum des Landes formiert. Die
       Vereinten Nationen zeigten sich über die Berichte alarmiert.
       
       Eine Gewalteskalation zwischen Regierungstruppen und Rebellen stehe nun
       kurz bevor, sagte UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. Derweil zog
       sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) teilweise aus dem
       Land zurück.
       
       Am Freitag, dem siebten Tag der Kämpfe um die zweitgrößte syrische Stadt
       Aleppo, hätten Kampfhubschrauber mit Maschinengewehren von Rebellen
       gehaltene Gebiete im Osten und Westen der Stadt unter Beschuss genommen,
       meldete der Aktivist Mohammed Said.
       
       Am Vortag sei Verstärkung angerückt, ein Großangriff drohe jederzeit. Nach
       Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle
       nahmen Regierungstruppen zudem das Viertel Fardus unter Feuer. Mindestens
       vier Menschen seien dabei ums Leben gekommen.
       
       ## Desertierter General fpórdert Übergangsregierung
       
       Ein zur Opposition übergelaufener syrischer Ex-General hat eine
       allumfasssende Übergangsregierung für seine Heimat gefordert. „Der Weg aus
       der derzeitigen Krise ist die Bildung einer Interimsregierung, die alle
       ethnischen Gruppen in Syrien einschließt und mit dem Militärrat
       zusammenarbeitet“, sagte der Brigadegeneral Fajes Amr am Freitag
       telefonisch.
       
       Der so genannte Militärrat besteht aus desertierten syrischen
       Armee-Angehörigen, die in dem türkischen Flüchtlingslager Apaydin an einem
       Plan zum Sturz von Präsident Baschar al-Assad arbeiten.
       
       Amr bemängelte zugleich die Zersplitterung der syrischen Opposition. Er
       könne keine „Einigkeit“ unter den einzelnen Gruppierungen erkennen. Auch
       innerhalb der oppositionellen Freien Syrischen Armee und dem Syrischen
       Nationalrat gebe es „keine Einigkeit“. Der Nationalrat gilt zwar im Ausland
       als Ansprechpartner der Opposition, hat es bisher noch nicht geschafft, die
       dutzenden Splittergruppen der Rebellen zusammen zu bringen. Amr kritisierte
       zudem eine mangelnde Unterstützung des Militärrats durch den Nationalrat.
       
       Der Ex-General äußerte sich zurückhaltend zu einem möglichen Erfolg der
       Aufständischen in der nordwestsyrischen Wirtschaftsmetropole [1][Aleppo].
       Die Rebellen seien zwar vorgerückt. „Aber wir sollten nicht vergessen, wie
       gnadenlos das Regime ist und welche schweren Waffen es besitzt“, mahnte
       Amr, der nach türkischen Angaben mit 26 weiteren desertierten Generälen
       derzeit im Flüchtlingslager von Apaydin Unterschlupf gefunden hat. Obwohl
       die Aufständischen in jüngster Zeit bereits 70 Prozent von Aleppo unter
       ihre Kontrolle gebracht hätten, gebe es in anderen Städten weiterhin
       „Massaker“.
       
       ## Rote Kreuz zieht Mitarbeiter ab
       
       Angesichts der schweren Kämpfe in Syrien zieht das Internationale Komitee
       vom Roten Kreuz (IKRK) Teile seines Teams aus der Hauptstadt Damaskus ab.
       Die ausländischen Mitarbeiter sollten in den kommenden zwei Tagen nach
       Beirut verlegt werden, erklärte das IKRK am Freitag in Genf. Genaue Angaben
       zur Zahl der betroffenen Mitarbeiter machte es nicht. Nach dem Abzug würden
       noch rund 50 ausländische und einheimische Mitarbeiter für die Organisation
       in Damaskus sein, hieß es weiter.
       
       Polen hat nun auch seine Botschaft in Damaskus geschlossen. Die Geschäfte
       der polnischen Vertretung seien am Freitag bis auf Weiteres eingestellt
       worden, teilte das Außenministerium in Warschau mit. Damit wurde den
       Angaben zufolge auch die Abteilung geschlossen, die seit der Schließung der
       US-Botschaft im Februar die Interessen der USA in Syrien vertreten hatte.
       
       Als Begründung gab das polnische Außenministerium die dramatische
       Verschlechterung der Lage in Syrien an. Den Diplomaten sei es unmöglich
       geworden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Sie haben das Land demnach bereits
       verlassen.
       
       ## Entführte Journalisten wieder frei
       
       Zwei in Syrien entführte Journalisten aus den Niederlanden und
       Großbritannien sind wieder frei. Der niederländische Fotoreporter sei
       verletzt, aber in guter Verfassung, berichtete die niederländische
       Nachrichtenagentur ANP unter Berufung auf das Außenministerium in Den Haag
       in der Nacht zum Freitag.
       
       Die Entführer seien „ziemlich religiöse Fanatiker“, sagte der
       niederländische Fotograf dem niederländischen Nachrichtensender BNR. „Ich
       glaube, dass sie radikale Dschihad-Kämpfer waren, Muslime, die glauben,
       dass der Kampf in Syrien ein Kampf zwischen schiitischen und sunnitischen
       Muslimen ist“. Die Geiselnehmer hätten behauptet, dass „Gefangene nach dem
       Islam gut behandelt werden müssen“. Sein Kollege und er seien mit
       ausreichend Wasser und Essen versorgt worden.
       
       Die Männer waren vor einer Woche in Nordsyrien nahe der türkischen Grenze
       entführt worden und am Donnerstag freigekommen. Auf Wunsch der Angehörigen
       hatte das Außenministerium die Öffentlichkeit zunächst nicht informiert.
       Nach Aussage des Fotografen hatten englischsprachige Männer die
       Journalisten aus ihrem Zelt geholt und mit dem Auto in Sicherheit gebracht.
       
       27 Jul 2012
       
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