# taz.de -- Kommentar Eurorettung: Was ist „alles“?
       
       > EZB-Chef Draghi erklärt, wie der Euro geschützt werden soll. Es wird noch
       > ein paar Wochen dauern, bis die Details stehen. Wichtig ist, dass
       > überhaupt ein durchdachter Plan existiert.
       
       Jetzt ist klar, wie der Euro gerettet werden soll. Eine Woche lang hatte
       ein ganzer Kontinent gerätselt, was der kryptische Satz bedeuten sollte,
       man werde „alles“ tun, um den Euro zu schützen. Diesen Satz hatten
       Kanzlerin Merkel, Italiens Premier Monti, der französische Präsident
       Hollande und EZB-Chef Draghi übereinstimmend wiederholt. Aber was ist
       „alles“? Das hat Draghi nun erläutert und klare Richtlinien mitgeliefert.
       
       Und man muss zugeben: Der Plan ist gut. Allerdings kann es sein, dass die
       Investoren dies noch gar nicht begriffen haben. Denn kaum hatte Draghis
       Pressekonferenz begonnen, da rauschte der DAX in die Tiefe.
       
       Vielleicht liegt dies an der Marotte aller Zentralbanker, sich stets in
       Andeutungen zu ergehen, statt klar zum Punkt zu kommen. Aber im Kern hat
       Draghi vier Orientierungspunkte formuliert. Erstens: Spanien und Italien
       müssen einen Antrag bei den Rettungsschirmen EFSF und ESM stellen, bevor
       die Europäische Zentralbank eingreifen kann. Denn die EZB will
       sicherstellen, dass es eine politische Kontrolle gibt, dass die
       Krisenstaaten die nötigen Reformen umsetzen.
       
       Zweitens: Sobald die EZB aktiv wird, wird sie so lange Staatsanleihen
       aufkaufen, bis die kurzfristigen Zinsen für Italien und Spanien sinken.
       Drittens: Anders als früher werden diese Aufkäufe nicht mehr im Verborgenen
       stattfinden. Stattdessen wird die EZB auf volle Transparenz setzen. Sie
       wird bekannt geben, welche Staatsanleihen sie kauft – und wie viel davon.
       Dies ist wichtig für die Anleger, denn damit wird die EZB zum verlässlichen
       Partner.
       
       Viertens: Die EZB besteht auf ihrer geldpolitischen Hoheit. Sie wird dem
       Rettungsschirm ESM keine Banklizenz erteilen. Dieser wird also nur maximal
       500 Milliarden Euro ausleihen können, was niemals reicht, um Italien und
       Spanien zu stützen. So ist klar, dass der ESM vor allem eine
       Aufsichtsbehörde sein wird, nicht mehr. Damit hat Draghi erstmals
       skizziert, wie die Aufgaben bei der Eurorettung verteilt werden sollen. Die
       Rettungsschirme sind vor allem für die politische Kontrolle da – während
       die EZB das Zinsniveau auf den Märkten steuert. Ein solcher
       institutioneller Rahmen hat gefehlt, bisher wurde nur gewurschtelt.
       
       Es wird noch ein paar Wochen dauern, bis die Details stehen. Aber diese
       Zeit kann sich die Eurozone leisten. Wichtig ist, dass überhaupt ein
       durchdachter Plan existiert. Denn das ist neu.
       
       2 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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