# taz.de -- Ideenwettbewerb für den Schlossplatz: Mit dem Rücken zum Schloss
       
       > Studierende liefern Ideen für die Umgebung des Humboldt-Forums. Doch
       > verspielte Entwürfe haben keine Chance.
       
 (IMG) Bild: Wasserbecken und schön viel Platz zum Flanieren: der Entwurf von Franziska Leis.
       
       Liebhaber schwerer Baumaschinen werden in Mitte noch lange ihre Freude
       haben. Gerade besetzen Kräne und Betonsilos vom Bau der U5 den Platz, der
       wieder Schlossplatz werden soll. Den Wunsch zur Rekonstruktion des
       Gewesenen bezeugen Modellfassaden für das Schloss und Schinkels
       Bauakademie. Zwischen den Bauzäunen wirbt die Humboldtbox für das Konzept
       des Humboldt-Forums.
       
       Zwischen diese Zukunfts-Puzzleteilchen schickte der Kulturkreis der
       deutschen Wirtschaft im April Studenten der Architektur und Stadtplanung
       aus Darmstadt, Dresden, Hamburg, Hannover und Karlsruhe – und lobte einen
       Ideenwettbewerb für den Schlossplatz aus. In der Bertelsmannstiftung wurden
       die Entwürfe am Mittwoch prämiert, ab 19. September sind sie in der
       Humboldt-Box zu sehen.
       
       Von jungen Menschen erwartet man Mut zur Utopie – und tatsächlich lassen
       einige Entwürfe mutige Positionen sehen. „Auf Augenhöhe“ nennt Jakob
       Gerlach sein Konzept, das Schloss mit einer aufsteigenden Rampe zu umgeben,
       die dem Flaneur Blicke in alle Richtungen ermöglicht, den Koloss immer im
       Rücken. Dem Schloss die kalte Schulter zeigen auch die schrägen
       Rasenflächen, mit denen Florian Depenbrock die barocken Fassaden und ihre
       monumentale zeitgenössische Fortschreibung umgibt: Sie werden von
       spiegelnden Wänden getragen, die teils den Blick auf das Schlossblick
       verstellen, den auf dem Rasen Liegenden aber mit einem Spreeblick
       verwöhnen.
       
       Solche verspielten Ideen zeugen nicht gerade von Schloss-Euphorie. Auch sie
       wurden, wie Jury-Mitglied Michael Braum, Präsident der Bundesstiftung
       Baukultur, versicherte, ernsthaft diskutiert – prämiert wurden aber nicht
       sie, sondern vier Entwürfe, die das Schloss nicht als Solitär, sondern als
       Teil der Stadtlandschaft begreifen. Wie der von Alberto Brezigia (24), der
       die Verbindungen zwischen Museumsinsel und Schlossplatz betont, etwa als
       Promenade am Wasser unter der Schlossbrücke hindurch, aber auch auf anderen
       Raumebenen. Er hat in seine Zeichnungen alte Fotografien eincollagiert, die
       aus dem Platz einen melancholischen, sehnsuchtsvollen Ort machen, weniger
       klar definiert als vielmehr noch immer Fläche für Projektionen.
       
       ## Spuren zum Skaten
       
       Für sein Konzept „Zeitabdrücke“ erhielt Patrick Kruse einen Sonderpreis. Er
       hat die Bebauungsschichten vom Mittelalter bis zum Palast der Republik
       grafisch übereinandergeschichtet. Dort, wo sich die Linien überschneiden,
       zeichnet er die entstehenden Flächen als Kanten und Vertiefungen auf dem
       Platz ein: Das heißt, jede Linie auf dem Platz ist Abdruck einer
       historischen Spur und zugleich Kante eines Wegs, einer Sitz-Mauer, eines
       Betonbands zum Skaten.
       
       Offen, ohne Pathos und funktional, aber unter den prämierten Entwürfen auch
       am bravsten ist der Entwurf von Franziska Leis, die wie Brezigia einen 1.
       Preis (4.000 Euro) erhielt: Sie rahmt das Schloss mit Wasserbecken und
       Bäumen. Trotzdem tat es gut, bei der Preisverleihung zu sehen, wie sich die
       Anzugträger von Jury und Auslobern über die gepiercte Studentin freuten.
       
       Zu den Juroren gehörte auch Schlossaktivist Wilhelm von Boddien. Auch er
       lobte die Frische der Entwürfe, ihren Mut, das von vielen Ideologien
       besetzte Gelände anzugehen. So steht der Wettbewerb auch für den Wunsch der
       Schlossfans, das Projekt aus ideologischen Debatten loszueisen und einen
       unvoreingenommen Blick zu gewinnen. Versuchen kann man es ja mal.
       
       15 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schinkel
 (DIR) Schaubühne
       
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