# taz.de -- Musical „The Black Rider“: Der Teufel steckt im Whiskeyglas
       
       > Friederike Heller und die Band Kante inszenieren „The Black Rider“ in der
       > Schaubühne Berlin. Das Musical gerät etwas zu nostalgisch, hat aber
       > Suchtpotenzial.
       
 (IMG) Bild: „Anfänger in der Liebe und im Leben“: Szene aus „The Black Rider“.
       
       Willkommen, ihr Müden und Erschöpften. Lasst euch fallen, die Musik will
       euch tragen. Durch Nacht und Rausch, Traum und Wahn. Vielleicht auch durch
       die Erinnerung an eine Zeit, als Ausbruch und Aufbruch noch nicht vom
       Absturz überschattet waren – aber waren sie das nicht schon immer?
       
       Sie sind es zumindest in dem Musical „The Black Rider“, von Robert Wilson
       1990 in einer legendären Aufführung im Hamburger Thalia-Theater
       herausgebracht, mit der Musik von Tom Waits und einem Text von William
       Burroughs. Jetzt hat die Regisseurin Friederike Heller zusammen mit der
       Band Kante und Schauspielern der Schaubühne in Berlin das Stück inszeniert.
       
       Bei ihr wird eine Frau zur Hauptfigur und Erzählerin, die schon zum ersten
       taumelnden Walzer leicht schwankend auf die Bühne kommt, vom Teufel mit
       Whiskey bedient wird und wehmütig das Scheitern der nächsten Generation
       kommentiert. Jule Böwe spielt und singt sie, wunderbar in ihren
       verlangsamten und begehrenden Gesten, einsam und von der Sucht gebrochen
       und mit einer Stimme, in der Verzagtheit ebenso vibrieren kann wie
       ungeahnte Kraft. Dass sie weiß, wie die Geschichte ausgehen wird, nutzt ihr
       nichts.
       
       Es ist die dritte Produktion, die Heller zusammen mit der Band Kante macht;
       aber diesmal sind die Musiker nicht, wie in ihrer sehr gewitzten Fassung
       von „Antigone“, ins Spiel involviert, sondern thronen auf sechs
       gestaffelten Podesten, von roten Vorhängen verkleidet, über der
       Schauspielebene. Das ist ein Setting, das den Charakter alter Revuen
       wachruft, und tatsächlich hat die Inszenierung etwas von einer
       Nummernfolge, melancholisch und unterhaltend, aber auch eine Spur zu
       nostalgisch. Die Musik, mit Bläsern und Banjo, Harmonium und Theremin,
       schimmert weich und ist voller Reminiszenzen an Blues und Swing, Free Jazz
       und Balladen.
       
       ## Die Musik fängt das auf
       
       Denn die Musik erschafft auch den Wald, durch den Wilhelm, der junge
       Protagonist des „Black Rider“, läuft. Er ist ein Anfänger in der Liebe und
       im Leben – das spielt Franz Hartwig sehr überzeugend –, der über den
       eigenen Schatten erst mit Hilfe des Teufels springen kann. Diese
       romantische Figur wird in der Interpretation von Burroughs und Waits zum
       Drogendealer, denn Drogen verhelfen zu einem größeren Entwurf des eigenen
       Selbst. Tilmann Strauss ist dieser Teufel und Entertainer, mit lasziven
       Understatement, angenehm unspektakulär, und doch ist er sich seiner Macht
       gewiss.
       
       Tom Waits’ bekannte Songs erhalten in der Interpretation der Schauspieler
       neue Nuancen, ihr Sinn verschiebt sich durch die unterschiedlichen
       Charaktere der Performer. Das ist sicher ein Grund, warum „The Black Rider“
       so beliebt ist auf deutschen Bühnen, auch in Basel, Kiel, Essen und Bonn
       läuft das Stück in diesem Winter.
       
       Die Berliner Fassung hat Suchtpotenzial, schon allein weil die Hamburger
       Band Kante Waits’ Kompositionen spielt, als hätte sie nie etwas anderes
       gewollt. Da macht es nicht viel, dass einige erzählerische Elemente, die
       Parallelen zwischen Wilhelms Verirrung und dem Leben von William Burroughs
       einfangen wollen, etwas unvermittelt wirken. Die Musik fängt das auf.
       
       28 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
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