# taz.de -- Juncker und Barroso machen Druck: Euro-Rettung im Eiltempo
       
       > Nicht nur Eurogruppenchef Juncker hat es eilig. Der ESM soll möglichst
       > schnell kommen. Aber Rettungsschirm und Fiskalpakt sind nur kleine
       > Puzzleteile.
       
 (IMG) Bild: Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker reißt den Mund auf.
       
       BRÜSSEL taz | „Es war auch Zeit.“ EU-Kommissionschef José Manuel Barroso
       brachte die Stimmung in Brüssel auf den Punkt. Voller Ungeduld hatten die
       meisten EU-Politiker auf das Urteil aus Karlsruhe gewartet, nun war die
       Erleichterung groß.
       
       Im Europaparlament in Straßburg brach langanhaltender Beifall aus, als die
       Entscheidung bekannt wurde. Dies sei „ein guter Tag für Europa“, freute
       sich Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).
       
       Schulz und seine 753 Abgeordnetenkollegen haben bei der Eurorettung zwar
       bisher nicht viel zu melden, ESM und Fiskalpakt wurden am Europaparlament
       vorbei konzipiert. Doch die EU-Parlamentarier hoffen, künftig stärker
       beteiligt zu werden. Die Reformauflagen müssten in Straßburg diskutiert und
       kontrolliert werden.
       
       Bisher fallen alle wichtigen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen in
       der Eurogruppe. Deren Nochpräsident Jean-Claude Juncker will daran so
       schnell auch nichts ändern. Vielmehr preschte er gestern vor und setzte
       schon für den 8. Oktober die erste Sitzung des ESM-Gouverneurrats an. Zwar
       ist noch nicht klar, ob Deutschland den ESM-Vertrag bis dahin ratifiziert
       haben wird. Erst müssen die Auflagen aus Karlsruhe umgesetzt werden, und
       das kann noch einige Wochen dauern.
       
       Doch Juncker und die anderen Euroretter haben es eilig. Sie wollen den ESM
       einsetzen, und zwar so schnell und so flexibel wie möglich. Aus dem
       Eurorettungsfonds soll nicht nur das Geld für die bereits beschlossene
       Stützung spanischer Banken kommen.
       
       ## Den Spekulanten die Stirn bieten
       
       Der ESM soll bald auch Staatsanleihen kaufen - und dann gemeinsam mit der
       Europäischen Zentralbank den Spekulanten an den Finanzmärkten die Stirn
       bieten. Außerdem soll der ESM künftig angeschlagenen Banken unter die Arme
       greifen - sobald die neue Bankenunion steht, die die EU-Kommission gestern
       vorgeschlagen hat, soll es losgehen.
       
       Dass Deutschland seine Haftung auf 190 Milliarden Euro begrenzen will,
       könnte bei diesen hochfliegenden Plänen hinderlich sein. Auch dass das
       Bundesverfassungsgericht in der noch ausstehenden Hauptverhandlung die
       Rolle der EZB beleuchten will, dürfte manchen Euroretter stören.
       
       Aus Brüsseler Sicht sind ESM und Fiskalpakt längst nicht mehr die zentralen
       Grundsteine einer neuen „Stabilitätsunion“, als die sie Kanzlerin Angela
       Merkel noch im Frühjahr gepriesen hat. Sie sind nur noch kleine
       Puzzlestücke in einem viel größeren Bauwerk.
       
       ## „Föderation der Nationalstaaten“
       
       Wohin die Reise gehen soll, hat Kommissionschef Barroso am Mittwoch in
       einer Grundsatzrede vor dem Europaparlament umrissen: Er will die EU zu
       einer „Föderation der Nationalstaaten“ umbauen und dazu die EU-Verträge
       ändern.
       
       Die EU-Kommission würde dabei natürlich eine zentrale Rolle einnehmen. Auch
       die EZB würde mehr Macht bekommen, da sie die Bankenunion überwachen soll.
       Und was wird aus dem ESM? Er könnte zu einem Europäischen Währungsfonds
       mutieren - wenn Karlsruhe weiter mitspielt.
       
       12 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eurokrise und Rettungsschirm: Unbeliebter Retter kann loslegen
       
       Der Euro-Rettungsfonds ESM steht nach dreimonatiger Verzögerung endlich.
       Doch der Rettungsschirm ist bei den zu „rettenden“ Ländern durchaus
       unbeliebt.
       
 (DIR) Rettungsfond ESM hängt in der Luft: Der Vertrag ist plötzlich irrelevant
       
       Der Rettungsfonds soll im Oktober gegründet werden, obwohl die Erlaubnis in
       den EU-Verträgen erst im Januar in Kraft tritt – sofern der EuGH zustimmt.
       
 (DIR) Berlin bremst Bankenunion: Konflikt um Zentralbank
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte zu, doch ihr Finanzminister Schäuble
       hat plötzlich Bedenken – auch gegen eine größere Rolle der Europäischen
       Zentralbank.
       
 (DIR) Krise in Griechenland: Die Euro-Retter haben es eilig
       
       Forderungen des Verfassungsgerichts zum ESM sollen schnell umgesetzt
       werden. Für Athen zeichnet sich beim Sparen ein Aufschub ab.
       
 (DIR) Euro-Finanzminister auf Zypern: Mehr Zeit für Griechenland
       
       Die Finanzminister der EU wollen Griechenland mehr Zeit für die Umsetzung
       der Sparauflagen geben – und Wolfgang Schäuble erklärt sein Vertrauen zur
       EZB.
       
 (DIR) Was kostet die Währungskrise?: 300 Milliarden Euro
       
       Wer bekommt und wer zahlt wieviel in der Eurokrise? Die Bewältigung der
       Krisensituation ist jedenfalls billiger als die Wiedervereinigung.
       
 (DIR) Kommentar ESM-Urteil: Karlsruhe bleibt im Spiel
       
       Das Bundesverfassungsgericht ist ein ständiger Unruheherd in der
       Eurorettung. Jetzt beginnt ein Streit über die Politik der EZB.
       
 (DIR) Europarechtliches Mandat geprüft: EZB soll vors Verfassungsgericht
       
       Nach der Klage ist vor der Klage. Das Bundesverfassungsgericht will nun
       klären, ob sich die EZB an ihr europarechtliches Mandat hält.
       
 (DIR) Demokratische Bedenken zum ESM: Lob der Streithansel
       
       Es ist zweifelhaft, ob ein Gericht über das Niveau einer Bundestagsdebatte
       zu befinden hat. Doch im Falle des ESM-Urteils war das gut so.
       
 (DIR) Reaktionen auf Karlsruher Entscheidung: Friede, Freude, ESM
       
       Regierung, Opposition, Kläger, Beklagte – irgendwie scheinen mit der
       Entscheidung zum ESM in Berlin alle zufrieden zu sein. Selbst die Kritik im
       Bundestag bleibt zahnlos.
       
 (DIR) Kommentar ESM-Urteil: Ein alternativloses Urteil
       
       Die Karlsruher Richter hatten keine andere Wahl, als dem ESM zuzustimmen.
       Allein in Deutschland hätte der Schaden weit über eine Billion Euro
       betragen.
       
 (DIR) ESM-Urteil am Bundesverfassungsgericht: Karlsruhe genehmigt ESM
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden. Der Euro-Rettungschirm ESM
       kann in Kraft treten – unter Auflagen. Die meisten Politiker freuen sich.
       
 (DIR) Klage gegen Eurokrisen-Management: Einspruch lohnt sich
       
       Rund 37.000 Bürger unterstützen den Gang des Vereins „Mehr Demokratie“ vor
       das Verfassungsgericht. Egal wie das Urteil ausfällt: Die Organisation
       profitiert.