# taz.de -- Eurokrise und Rettungsschirm: Unbeliebter Retter kann loslegen
       
       > Der Euro-Rettungsfonds ESM steht nach dreimonatiger Verzögerung endlich.
       > Doch der Rettungsschirm ist bei den zu „rettenden“ Ländern durchaus
       > unbeliebt.
       
 (IMG) Bild: Gegner von Rettungspaketen für Euroländer: Demonstranten in Spanien.
       
       BRÜSSEL taz | Mit drei Monaten Verspätung setzen die 17 Finanzminister der
       Währungsunion auf der Gründungssitzung am Montag in Luxemburg den
       Eurorettungsschirm ESM in Kraft. Vor allem die Klagen vor dem deutschen
       Bundesverfassungsgericht hatten den Start verzögert. Doch was einst als
       allmächtige Bazooka – eine US-Panzerfaust – gegen die Schuldenkrise gedacht
       war, erweist sich nun als schon wieder veraltete Waffe mit massiven
       Ladehemmungen.
       
       Zum Feiern war den Eurofinanzminister nicht zumute, als sie sich gestern in
       Luxemburg trafen. Zwar hatten viele sehnsüchtig auf die Gründungssitzung
       des European Stability Mechanism (ESM) gewartet. „Dies ist ein guter Tag
       für Europa“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Europa
       verfüge nun über ein „sehr wichtiges Instrument, das nur mit dem
       Internationalen Währungsfonds vergleichbar ist“, freute sich
       EU-Kommissionschef José Manuel Barroso in Brüssel. „Vor einigen Jahren wäre
       es undenkbar gewesen, einen Schutzmechanismus von solcher Größe zu
       erwägen“, fügte er stolz hinzu.
       
       Mit bis zu 500 Milliarden Euro soll der ESM die Krisenstaaten vor einer
       Pleite schützen. Doch diese auf den ersten Blick gewaltige Summe, an der
       Deutschland mit maximal 190 Milliarden Euro Haftung beteiligt ist, steht
       zum Start nicht einmal ansatzweise zur Verfügung.
       
       Wenn alles gut geht, werden bis Ende Oktober gerade einmal 32 Milliarden
       Euro in den Büchern des deutschen ESM-Chefs Klaus Regling stehen. Erst 2014
       wird die Bazooka vollständig geladen sein. Doch selbst dann kann sie nicht
       mit voller Kraft feuern, denn das meiste Kapital ist schon durch die
       bisherigen „Programmländer“ Griechenland, Irland, Portugal und Spanien
       gebunden.
       
       ## Heiße Debatte
       
       Für Zypern und ein weiteres kleines Hilfsprogramm wäre wohl noch genug Geld
       da. Doch wenn große Länder wie Spanien oder Italien vollständig unter den
       Rettungsschirm flüchten müssten, wäre der ESM schon überfordert. Hinter den
       Kulissen läuft denn auch bereits eine Debatte darüber, wie man die
       Kapazität mit Finanzhebeln auf bis zu 2 Billionen Euro vergrößern kann.
       
       Ein weiteres Problem ist, dass der Rettungsschirm bei den zu „rettenden“
       Ländern überaus unbeliebt ist. Portugal musste regelrecht gedrängt werden,
       Hilfe aus dem ESM-Vorgänger EFSF zu beantragen. Und die aktuellen
       Kandidaten zögern, sich den drastischen Bedingungen für die ESM-Hilfe zu
       unterwerfen. Zypern feilscht schon seit Wochen mit der Eurogruppe um die
       Konditionen. Und Spanien weigert sich, einen Antrag zu stellen, solange
       nicht klar ist, welche Gegenleistungen die „Retter“ fordern.
       
       Der Streit kreist ausgerechnet um die derzeit wichtigste „Baustelle“ der
       Eurogruppe: die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank EZB. Die EZB hat
       sich bereit erklärt, unbegrenzt spanische Staatsanleihen auf dem
       Sekundärmarkt (also an der Börse, nicht direkt in Madrid) zu kaufen, um die
       Spekulation gegen Spanien und den Euro zu beenden. Allerdings will sie dies
       nur tun, wenn die Regierung in Madrid einen Hilfsantrag an den ESM stellt –
       und die damit verbundenen Konditionen akzeptiert.
       
       Aus spanischer Sicht steht damit die Welt kopf: Statt dem Land rasch zu
       helfen und unabhängig von der Politik zu agieren, macht sich die EZB vom
       ESM abhängig. Dessen Vorgänger, die EFSF, wiederum stellte bisher
       Bedingungen, die die Krise nicht gelöst, sondern sogar noch verschärft
       haben – siehe Griechenland. Spanien möchte jedoch um jeden Preis
       verhindern, ein zweites Griechenland zu werden. Außerdem hofft Madrid auf
       Direkthilfen des ESM für angeschlagene spanische Banken – doch das will
       Berlin verhindern.
       
       So wird der Start der neuen „Wunderwaffe“ von Streit überschattet. Ob und
       wann der ESM zum Einsatz kommt, dürfte sich erst in einigen Wochen klären.
       Die Finanzminister können nur den Startknopf drücken, das letzte Wort haben
       die Staats- und Regierungschefs, also auch und vor allem Bundeskanzlerin
       Angela Merkel – wie in Griechenland.
       
       8 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) Euro
       
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