# taz.de -- Visa-Erteilung in Deutschland: Zankapfel der Diplomatie
       
       > Das Ausland und die Wirtschaft drängen auf eine Lockerung der
       > Visa-Bestimmungen. Der CSU-Innenminister und andere Innenpolitiker halten
       > dagegen.
       
 (IMG) Bild: Nur mit gültigen Papieren kommt man bis hierher: deutsch-polnische Grenze in Görlitz.
       
       BERLIN taz | Wann immer Angela Merkel mit den Regierungschefs der Türkei,
       Chinas oder Russlands zusammentrifft, kommt das Thema auf den Tisch. Denn
       wenn sie sich über die deutsche Visapolitik beschweren, dann wissen
       Wladimir Putin, Tayyip Erdogan und Chinas Machthaber ihre Bürger hinter
       sich.
       
       „Wir müssen hier vielleicht ein bisschen flexibler werden“, räumte Angela
       Merkel im April 2011 am Rande der Computermesse Cebit ein, bei der die
       Türkei Partnerland war. Viele türkische Firmen hatten zuvor – wieder einmal
       – über die strikte Visapolitik geklagt. Auch gegenüber Russland kündigte
       Merkel für 2011 Visaerleichterungen an. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“,
       sagte sie. Doch passiert ist seitdem fast nichts.
       
       Dabei weiß Merkel, wie sehr ihre restriktiven Einreisebestimmungen der
       größten Volkswirtschaft in Europa schaden. Der Ostausschuss der deutschen
       Wirtschaft fordert deshalb schon lange ein Ende der strengen deutschen
       Visabestimmungen. „Wir kennen die sicherheitspolitischen Bedenken“, sagte
       der Geschäftsführer Rainer Lindner. „Aber biometrische Pässe könnten längst
       besser für Sicherheit sorgen, als das überkommene Visaverfahren.“
       
       Das Außenministerium sieht die Sache ähnlich. Doch der CSU-Innenminister
       und Innenpolitiker anderer Parteien halten dagegen. Sie glauben, mit den
       Restriktionen bei der Visaerteilung ließen sich illegale Einwanderer und
       Kriminelle fernhalten.
       
       ## Visapflicht für Türken europarechtswidrig?
       
       Auch die Visa-Affäre, die Joschka Fischer fast das Amt des Außenministers
       gekostet hätte, ist vielen noch vor Augen. Im Jahr 2000 hatte Fischer
       angeordnet, bei der Visavergabe unbürokratischer vorzugehen. Später musste
       er sich deshalb vor einem Ausschuss verantworten, der Menschenschmuggel und
       Missbrauch von Papieren untersuchte, die von der Botschaft in Kiew
       ausgestellt wurden.
       
       Die Türkei hält die Visapflicht für ihre Staatsbürger gar für
       europarechtswidrig. Denn nach dem aus den 1980ern stammenden
       Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschft und
       der Türkei hätte es keine rechtliche Verschlechterung in den Beziehungen
       geben dürfen – die Visapflicht wurde aber erst später eingeführt. Einige
       Gerichte haben in Einzelfällen entschieden, dass Türken auch ohne Visum in
       die EU einreisen dürfen.
       
       Seit Juni verhandelt die Türkei mit der EU nun über die Visafreiheit.
       Brüssel will die stockenden Beitrittsverhandlungen wieder in Schwung
       bringen und fordert, dass die Türkei ein Rücknahmeabkommen unterschreibt.
       Dann müsste sie alle Flüchtlinge wieder aufnehmen, die über türkisches
       Territorium in die EU einreisen. Außenminister Davutoglu sprach gleichwohl
       von einem „historischen Schritt“ – und drückte die Hoffnung aus, dass die
       Visapflicht bis 2015 entfallen könnte.
       
       18 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
       
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