# taz.de -- Prozess gegen türkische Militärs: Offiziere müssen hinter Gitter
       
       > Im ersten Prozess gegen türkische Militärs werden 326 von ihnen wegen
       > Putschversuch verurteilt. Das Urteil löst sehr unterschiedliche
       > Reaktionen aus.
       
 (IMG) Bild: Das säkulare Lager ist empört: Proteste in Ankara gegen das Urteil.
       
       ISTANBUL taz | In der Türkei hat ein Gericht 326 Offiziere wegen eines
       Putschversuchs gegen die Regierung von Tayyip Erdogan teils hohe Haftstrafe
       verurteilt. Drei Personen wurden als Anführer zu lebenslänglicher Haft
       verurteilt, die Strafe jedoch auf zwanzig Jahre Gefängnis reduziert.
       Lediglich 34 Personen wurden freigesprochen. Der Prozess war der erste
       einer ganzen Reihe von Verfahren in der gleichen Sache.
       
       Der Plan der Militärs sollte die Türkei ins Chaos stürzen. Die größte
       Istanbuler Moschee, die Fatih Camii, sollte während des Freitagsgebets von
       einem Bombenanschlag getroffen werden, das Militärmuseum sollte ebenfalls
       in die Luft fliegen, Vertreter der christlichen Minderheit ermordet und zu
       guter Letzt noch ein türkischer Militärjet abgeschossen werden, um den
       Vorfall den Griechen in die Schuhe zu schieben.
       
       Dies soll in groben Zügen das Szenario einer Gruppe von Putschisten
       innerhalb der türkischen Streitkräfte gewesen sein. Damit wollten die
       Putschisten ein solches Chaos schaffen, dass sich die oberste
       Militärführung zum Einschreiten gezwungen sieht.
       
       ## Koffer voll belastender Dokumente
       
       Entstanden sein soll dieser Plan um 2004 herum, ein Jahr, nachdem die
       islamische AKP die Regierung in Ankara übernommen hatte. Oberster
       Putschplaner war dem Gericht zufolge der damalige Chef der wichtigsten
       türkischen Heeresgruppe, der in Istanbul stationierten 1. Armee, Cetin
       Dogan. Mit von der Partie war demnach der damalige Marinechef Özden Örnek
       und Luftwaffengeneral Ibrahim Firtina.
       
       Es war die Zeitung Taraf, die den Putschplan aufgedeckt hatte. Ganze Koffer
       voller Dokumente waren ihr von unbekannter Seite zugetragen worden. Aus den
       Dokumenten, die die Zeitung anschließend veröffentlichte, ergab sich das
       Bild einer Verschwörung, in die weite Teile der Armee verstrickt waren.
       Doch stimmt dieses Bild auch?
       
       Die Beschuldigten bestritten jegliche Verstrickung in die Vorbereitung
       eines Putsches vehement. Teile der Dokumente sollen aus Planspielen der
       Kriegsakademie stammen und aus dem Zusammenhang gerissen sein, andere
       Dokumente, so die Verteidigung, seinen schlicht gefälscht. Das Gericht
       schmetterte allerdings sämtliche Einwendungen der Verteidigung ab, so dass
       ein großer Teil der Anwälte in den letzten Monaten den Prozess
       boykottierte.
       
       ## Schock im säkularen Lager
       
       In der Türkei wurde das Urteil sehr unterschiedlich aufgenommen. Während
       die Medien des Regierungslagers von einem großen Sieg der Demokratie
       sprachen, zeigten sich die Zeitungen des säkularen Lagers schockiert. In
       Anspielung auf den angeblichen Decknahmen des Putsches – „Balyoz“, zu
       Deutsch: Vorschlaghammer – sprach Hürriyet von einem „hammerharten“ Urteil.
       
       Mit dem Urteil sind nun auch die Maßstäbe gesetzt worden für die anderen,
       noch anhängigen Verfahren, in denen weitere hunderte Militärs,
       Geschäftsleute und Bürokraten, aber auch Journalisten angeklagt sind, sie
       hätten die verfassungsmäßige Ordnung des Landes stürzen wollen. Das
       Wichtigste davon ist das sogenannte Ergenekon-Verfahren, das sich seit
       Jahren hinzieht.
       
       Erdogan gab sich nach dem Urteilsspruch eher versöhnlich und sprach davon,
       dass mit dem Urteil von Freitag das Ende noch nicht erreicht sei und in den
       Berufungsverfahren, die nun kommen sollen, auch mildere Strafen möglich
       seien.
       
       23 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ergenekon
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
       
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