# taz.de -- Frauenrechte in Marokko: Ein rechtloses Wesen
       
       > Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in Marokko verbreitet. Abtreibungen sind
       > anders als in Tunesien und Algerien fast komplett verboten.
       
 (IMG) Bild: Trauer am Grab von Amina al-Filali: Die 16-Jährige war zuvor zur Ehe mit ihrem Vergewaltiger gezwungen worden und hatte sich das Leben genommen.
       
       MADRID taz | Marokko ist das restriktivste Land in Nordafrika, wenn es um
       das Recht auf Abtreibung geht. Nur wenn das Leben der Frau gefährdet ist,
       darf eine Schwangerschaft unterbrochen werden. In allen anderen Fällen
       droht der Frau eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zwei Jahren und
       denen, die den Eingriff vornehmen, bis zu zehn Jahre Haft – im Falle des
       Todes der Frau bis zu 20 Jahre. Selbst nach einer Vergewaltigung ist eine
       Abtreibung illegal.
       
       Im benachbarten Algerien ist die Strafen für einen außergesetzlichen
       Schwangerschaftsabbruch ähnlich hoch. Doch ein Schwangerschaftsabbruch ist
       erlaubt, wenn die Frau andernfalls psychisch schweren Schaden nehmen
       könnte. Außerdem ist eine Abtreibung legal, wenn der Fötus schwere
       Missbildungen aufweist.
       
       Anders als in Marokko gibt es auch für Vergewaltigungsopfer eine Regelung.
       In diesem Falle ist die Abtreibung allerdings nur dann erlaubt, wenn der
       sexuelle Übergriff im Rahmen eines terroristischen Gewaltaktes stattfand.
       Diese Bestimmung wurde 2004 eingeführt und kam damit für viele Opfer des
       islamistischen Terrors in den 1990er Jahren zu spät.
       
       Am liberalsten ist Tunesien, und das nicht erst seit der Revolution von
       Januar 2011. Bereits 1973 wurde die Abtreibung im kleinsten der drei
       nordafrikanischen Länder freigegeben. Damit ist Tunesien die große Ausnahme
       in Afrika und in der arabischen Welt. Ein breites Spektrum von
       medizinischen, sozialen und ökonomischen Indikationen erlaubt den
       Schwangerschaftsabbruch eigentlich immer. Dieser wird dann in einer
       Fachklinik vorgenommen.
       
       ## Eine andere soziale Realität
       
       „Die Frauen in Marokko haben keinerlei Rechte“, beschwert sich die
       Sprecherin der Alternativen Bewegung für Individuelle Freiheiten, Betti
       Lachgar, auf deren Einladung Women on Waves nach Marokko reiste. Trotz der
       Reform des Familiengesetzes in Marokko vor acht Jahren, die Frauen mehr
       Rechte einräumte, ist die soziale Realität eine andere.
       
       6 Millionen Marokkanerinnen – mehr als ein Drittel – werden nach Angaben
       des Familienministeriums regelmäßig Opfer von Gewalt. 55 Prozent dieser
       Übergriffe werden von den Ehemännern verübt. Ein Gesetz, das häusliche
       Gewalt unter Strafe stellt, liegt dem Parlament seit zwei Jahren vor.
       Abgestimmt wurde darüber bis heute nicht.
       
       In Marokko geht ein Vergewaltiger dann straffrei aus, wenn er sein Opfer
       heiratet. Nach dem Selbstmord einer jungen Frau, die zu einer solchen Ehe
       gezwungen wurde, kam es im Frühjahr überall im Land zu Demonstrationen.
       
       6 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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