# taz.de -- Umfeld des Neonazitrios: Die Hundertschaft des NSU
       
       > Laut einer geheimen Liste rechnen die Sicherheitsbehörden inzwischen
       > genau 100 Menschen zum Umfeld des Zwickauer Terrortrios – darunter fünf
       > langjährige V-Leute.
       
 (IMG) Bild: Man kennt sich. Uwe Mundlos, Ralf Wohlleben, Andre K. und Uwe Böhnhardt (von ganz rechts nach immer noch rechts) bei einem Prozess 1996.
       
       BERLIN taz | Elf Monate nach Auffliegen des „Nationalsozialistischen
       Untergrunds“ (NSU) rechnen das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für
       Verfassungsschutz 100 Personen dem „engeren und weiteren Umfeld“ des
       Zwickauer Terrortrios zu.
       
       Auf einer entsprechenden Liste stehen nach taz-Informationen neben Uwe
       Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe die 12 in dem Verfahren von der
       Karlsruher Bundesanwaltschaft beschuldigten mutmaßlichen Helfer sowie 85
       weitere angebliche Kontaktpersonen des Neonazitrios oder von dessen engsten
       Unterstützern. Bisher war die Zahl der „relevanten Personen“ im NSU-Umfeld
       auf rund 40 beziffert worden.
       
       Auf der geheim gehaltenen 100er-Liste tauchen ehemalige Weggefährten des
       Neonazitrios aus dem Kameradschaftszusammenschluss „Thüringer Heimatschutz“
       (THS) und dem militanten Blood-and-Honour-Netzwerk auf, zudem mehrere
       ehemalige und aktuelle Funktionäre der rechtsextremen NPD.
       
       ## NPD-Kader auf der Liste
       
       Darunter sind neben dem in Untersuchungshaft sitzenden ehemaligen Thüringer
       NPD-Landesvize Ralf Wohlleben auch die aktuellen Parteipräsidiumsmitglieder
       Frank Schwerdt und Patrick Wieschke. Beide bestritten in ihren
       Zeugenvernehmungen allerdings, nach dem Abtauchen der drei 1998 noch
       Kontakt zu diesen gehabt zu haben.
       
       Aufgeführt sind auch der mecklenburg-vorpommersche NPD-Landtagsabgeordnete
       David Petereit, bei dem im Mai bei einer Durchsuchung ein Brief des NSU an
       potenzielle Unterstützer gefunden wurde, und der ehemalige Bundesvize Hans
       Günter Eisenecker, der schon seit 2003 tot ist.
       
       Brisant ist, dass auf der Liste der relevanten Personen im NSU-Umfeld
       gleich fünf langjährige V-Leute von Polizei und Verfassungsschutz
       aufgeführt sind, darunter neben dem ehemaligen Chef des Thüringer
       Heimatschutzes, Tino Brandt, und dem Ex-Blood-and-Honour-Aktivisten Thomas
       S. auch der einflussreiche Neonaziaktivist Thomas R. aus Sachsen-Anhalt.
       
       Unter dem Decknamen „Corelli“ lieferte dieser von mindestens 1997 bis 2007
       dem Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen, unter anderem aus einem
       deutschen Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klans. Das Interesse der
       NSU-Ermittler weckte der Neonazi, weil sein Name auf einer schon
       unmittelbar nach dem Untertauchen des Trios gefundenen, aber damals
       ignorierten Adressliste von Uwe Mundlos stand.
       
       Am 4. November 2011 wurden die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt tot in
       einem Wohnmobil in Eisenach aufgefunden, wenige Tage später stellte sich
       die 13 Jahre lang mit den beiden im Untergrund lebende Rechtextremistin
       Beate Zschäpe der Polizei. Die Bundesanwaltschaft hatte im August in
       Aussicht gestellt, spätestens bis zum 15. November Anklage gegen die
       einzige noch lebende mutmaßliche NSU-Terroristin Zschäpe zu erheben. Als
       Gericht ist das Münchner Oberlandesgericht im Gespräch. Der Prozessbeginn
       wird fürs Frühjahr 2013 erwartet.
       
       9 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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