# taz.de -- Holzrodung in Madagaskar: Ein Paradies wird geplündert
       
       > Skrupellose Geschäftemacher mit politischen Connections plündern
       > Madagaskars Tier- und Pflanzenwelt. Die verarmte Bevölkerung macht mit.
       
 (IMG) Bild: Da ist die Tier- und Pflanzenwelt noch in Ordnung: „Madagascar“, 1. Teil.
       
       ANTANANARIVO taz | Im Juli ging der madegassischen Polizei in dicker Fisch
       ins Netz. Auf dem internationalen Flughafen Ivato, zugleich Militärbasis,
       griffen sie einen Chinesen mit falschen Ausfuhrbriefen auf. Er gehörte
       einem Schmugglerring an, der Rosenholz aus Madagaskar nach Asien
       verschifft: China, Hongkong, Singapur, sagten die Zollbehörden. Zwei seiner
       sieben Container konnten aus Malaysia zurückgebracht werden.
       
       Der Export von Rosenholz aus Madagaskar ist verboten, es steht auf der
       Cites-Liste gefährdeter Pflanzenarten. Das seltene und kostbare Tropenholz,
       doppelt so teuer wie Mahagoni und zum Beispiel in der Herstellung teurer
       Streichinstrumente und edler Möbel beliebt, ist jedoch eines der
       lukrativsten Exportgüter des Inselstaates vor der Küste Ostafrikas, der ein
       weltweit einzigartiges Ökosystem darstellt.
       
       Doch allein im vergangenen Juni wurden aus Madagaskar 79 Container
       Rosenholz nach China verschifft, im Wert von 16 Millionen US-Dollar. Im
       gesamten Jahr 2009, dem Jahr des Militärputsches, der Madagaskars
       amtierenden Staatschef Andry Rajeolina an die Macht brachte, wurden aus dem
       Hafen Vohemar Rosenholzbestände im Wert von 130 Millionen Dollar
       ausgeführt. Die nahen Nationalparks von Masoala und Mananara im Nordosten
       Madagaskars werden regelrecht ausgeplündert.
       
       Als Umweltminister Joseph Randriamiharisoa im April diesen Schmuggel
       öffentlich kritisierte und den mit Präsident Rajoelina befreundeten
       Geschäftsmann Mamy Ravotomanga dafür mitverantwortlich machte, wurde er
       gefeuert. Rosenholz ist nicht die einzige Ware aus Madagaskars
       Tropenwäldern. So ziemlich alles wird zu Geld gemacht.
       
       ## Brandrodung für Ackerland
       
       Der im April entlassene Umweltminister kritisierte damals unter anderem,
       dass 73.000 der 90.000 Hektar Wald im Staatsforst Fanaramanga illegal
       gerodet worden seien. Es geht dabei nicht nur um Ausplünderung zugunsten
       von Asien. Auch die Madegassen selbst vernichten ihre Wälder – was für die
       Elite erlaubt ist, kann dem Volk ja nicht verwehrt werden.
       
       Entlang der ganzen Straße von der Hauptstadt Antananarivo zur Hafenstadt
       Tamatave ist der Wald verwüstet, ein Verkaufsstand für Holzkohle reiht sich
       an den nächsten. Holzkohle ist die wichtigste Energiequelle der armen
       Landbevölkerung. Die illegalen Edelholzfäller ermöglichen durch ihre
       Stichstraßen in den Wald Zugang zu bisher unzugänglichen Gebieten, und wie
       in Brasilien werden weite Landesflächen per Brandrodung in Ackerland
       verwandelt.
       
       Madegassischen Umweltschützern zufolge hat der Inselstaat in den letzten
       zehn Jahren 524.000 Hektar geschützten Urwald verloren – 5.240
       Quadratkilometer. In zehn Jahren, fürchten sie, könnte Madagaskar den
       Großteil seiner Waldfläche verloren haben und ökologisch ähnlich verwüstet
       sein wie Haiti – aber zwanzigmal größer.
       
       Die Entwaldung erstreckt sich auch auf die Mangrovenwälder im Süden des
       Landes, eines der letzten unberührten Ökosysteme der Erde, wohin sich
       unzählige Fisch- und Krebsarten zurückziehen. Im Dorf Beheloka, 250
       Kilometer südlich von Tulear, ist ein Waldgebiet, das 67 Vogelarten barg,
       komplett verschwunden. Jetzt ist die Küste bereits um 200 Meter inland
       gewandert. Die australische Bergbaufirma Rio Tinto betreibt in der
       Mangrovenregion um Taolanaro (Fort Dauphin) eine Titaneisenerzmine.
       
       ## Drei Schiffe zur Kontrolle
       
       Zwar hat Rio Tinto ein 620 Hektar großes Naturschutzgebiet ausgewiesen,
       aber dafür darf es 6.000 Hektar Küstenwald fällen, kritisiert die
       Ethnologin Caroline Seagle. Rio Tinto sagt dazu, die Bewohner würden den
       Wald sowieso roden. Vor der Küste sieht es nicht besser aus.
       
       Madagaskar hat 5.600 Kilometer Meeresküste, die von gerade mal drei
       Schiffen und zehn Motorbooten überwacht werden; die Marine des Landes hat
       weder Flugzeuge noch Hubschrauber. Chinesische und taiwanesische Fischer
       können somit ungerührt plündern.
       
       17 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) François Misser
       
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