# taz.de -- Reformen in Griechenland: Griechisches Grauen
       
       > Immer mehr Politiker in Athens Regierungskoalition lehnen die Reformen
       > ab. Premier Samaras könnte das Sparpaket notfalls auch allein
       > durchsetzen.
       
 (IMG) Bild: Hilflosigkeit: In Athen demonstrieren SchülerInnen gegen die Sparvorgaben der Troika.
       
       ATHEN taz | Steuererhöhungen, Gehaltskürzungen, Arbeitsmarktreformen –
       spätestens nächste Woche muss der Katalog der griechischen Grausamkeiten im
       Parlament verabschiedet werden. Die aus EU, EZB und IWF bestehende Troika
       ließ das in Athen verlauten.
       
       Inmitten widersprüchlicher Berichte über eine Einigung zwischen Troika und
       griechischer Regierung sowie einer angeblichen Zusage, dass die Regierung
       Samaras für die Umsetzung der Maßnahmen bis zum Jahr 2016 Zeit bekommen
       soll statt wie bisher festgelegt 2014, gerät in den Hintergrund, dass sich
       selbst innerhalb der Regierungskoalition Widerstand gegen das Paket als
       solches formiert.
       
       Den Anfang machte am Wochenende der konservative Abgeordnete Nikos
       Stavrogiannis: Er sei nicht in der Lage, für die Sparmaßnahmen zu stimmen,
       denn sie seien ungerecht und ineffektiv, erklärte der Hinterbänkler aus der
       zentralgriechischen Region Fthiotida. Der konservative Ministerpräsident
       Antonis Samaras fackelte nicht lange und ließ ihn sofort aus der Fraktion
       ausschließen.
       
       Im konservativen Lager wurde es seitdem etwas ruhiger, doch umso lauter
       melden sich nun Spargegner bei den Koalitionspartnern. Jannis
       Michelogiannakis, Abgeordnete der mitregierenden Demokratischen Linken,
       bezeichnete das neue Sparpaket als „Grabstein für die griechische
       Gesellschaft“ und erklärte seinen Austritt aus der Fraktion.
       
       Der ohnehin zu überspitzten Formulierungen neigende Anwalt aus Kreta war
       Ende September landesweit bekannt geworden, als er am Rande eines
       Generalstreiks erklärte, die Griechen würden nicht nur mit Schrei-Parolen
       auf die Straße gehen, sondern das nächste Mal vielleicht sogar mit
       Kalaschnikows.
       
       ## Faschisten legen in Umfragen zu
       
       Zu den Skeptikern bei der Demokratischen Linken gesellte sich auch
       Parteichef Fotis Kouvelis: Er würde nicht für die Arbeitsmarktreformen
       stimmen, warnte er.
       
       Einem Hexenkessel gleicht auch die einst allmächtige mitregierende
       sozialistische Partei Pasok, die in allen Meinungsumfragen auf historische
       Tiefstwerte von 5 bis 6 Prozent gefallen ist. „Ich werde nicht für diese
       Sparmaßnahmen stimmen“, erklärte Michalis Kassis, Pasok-Abgeordneter aus
       Epirus, einer der ärmsten Regionen des Landes. Sein nordgriechischer
       Fraktionskollege Theodoros Parastatidis bezeichnete gar die Aussage von
       Finanzminister Jannis Stournaras, Griechenland müsse verhungern, wenn die
       Sparmaßnahmen nicht zügig verabschiedet würden, als „Erpressung“.
       
       Pasok-Parteichef Evangelos Venizelos reitet auf der Welle der Empörung:
       Griechenland sei kein Protektorat, sagte Venizelos in Anspielung auf den
       deutschen Vorschlag für ein griechisches Sperrkonto zur Schuldentilgung.
       „Über ein solches Konto werden wir nicht einmal reden“, kommentierte
       Regierungssprecher Simos Kedikoglou.
       
       Um die Lage zu beruhigen, rief Premier Samaras am Dienstagabend eine
       Dringlichkeitssitzung der Koalitionsspitzen ein. Noch hat er eine breite
       Mehrheit im griechischen Parlament und kann das neue Sparpaket im Notfall
       auch ohne die Stimmen der mitregierenden Demokratischen Linken durchsetzen.
       Sollten jedoch auch die Sozialisten zurückrudern, dann hätte Samaras ein
       großes Problem.
       
       Vom Volkszorn profitiert die führende Oppositionspartei Radikale Linke und
       vor allem die rechtsradikale Goldene Morgenröte. Die Schlägertruppe ist
       laut Umfragen die derzeit drittstärkste Partei.
       
       24 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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