# taz.de -- Hurricane Sandy und das Klima: Entscheidende Zentimeter
       
       > Hat die Klima-Apokalypse begonnen? Forscher gehen davon aus, dass erst
       > der Klimawandel den Sturm „Sandy“ zur Katastrophe machte.
       
 (IMG) Bild: Hohe Wellen an der US-Atlantikküste. Ist der Klimawandel schuld?
       
       BERLIN taz | In Al Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“ sorgte das Szenario
       noch für Entsetzen: Bei einem Anstieg des Meeresspiegels um sechs Meter
       simulierte der Film, wie der gesamte Küstenstreifen von Manhattan im Wasser
       versank.
       
       Gore wurde für die Sequenz scharf kritisiert, denn sie prognostiziert den
       Anstieg der Fluten, wenn Grönland abschmilzt – was einige Jahrhunderte
       dauern dürfte. Doch zumindest für kurze Zeit steht das Wasser nun hoch in
       der Wall Street und den tiefliegenden Straßen von New York City. Ist das
       nun der Beginn der Klima-Apokalypse, gerade rechtzeitig zu den
       Präsidentschaftswahlen im Land der Klimawandel-Leugner?
       
       Das sagt niemand. Aber Klimawissenschaftler zählen Hinweise auf, dass auch
       der Klimawandel „Sandy“ von einem normalen Sturm zu einer Katastrophe
       gemacht hat: ungewöhnlich warmes Wasser im Atlantik vor der US-Ostküste,
       der allgemeine Anstieg des Meeresspiegels und ein ungewöhnliches
       Hochdruckgebiet südwestlich von Grönland, das seine Ursache in der extremen
       Eisschmelze dieses Sommers haben könnte.
       
       „Die natürlichen Wetterschwankungen, verstärkt durch den Klimawandel, haben
       vielleicht die idealen Bedingungen für einen Hurrikan geschaffen, der sich
       in einen Riesensturm außerhalb der Tropen entwickelt“, schreibt Kevin
       Trenberth, einer der führenden US-Klimawissenschaftler, in einem Blog.
       
       Der UN-Klimarat IPCC hat im letzten Jahr den Stand der Wissenschaft zu
       diesem Thema zusammengefasst: Demnach werden die Stürme vor den USA mit
       „ziemlicher Sicherheit“ stärkeren Wind und heftigeren Niederschlag bringen.
       Die Forscher sehen allerdings voraus, dass es nicht mehr, sondern gleich
       viel oder weniger Hurrikans geben wird. Auf jeden Fall aber werde der
       Anstieg des Meeresspiegels den Schaden durch Stürme vergrößern.
       
       ## Tropische Luft und eisige Winde
       
       Für Stu Ostro, Metereologe des US-„Weather Channel“, ist vor allem die
       Kombination von Ausnahmen bei „Sandy“ bemerkenswert: ein sehr starker
       Sturm, die Verbindung von warmer tropischer Luft mit eisigen Winden aus dem
       Norden und vor allem der Kurs der Sturms. „Sandy“ war nämlich schon auf dem
       Weg nach Osten auf den offenen Atlantik, als er plötzlich nach Westen
       drehte und auf die US-Küste zuraste.
       
       Der Grund dafür, so vermuten Klimawissenschaftler, könnte ein
       Hochdruckgebiet südlich von Grönland sein, das den Abzug des Sturms
       blockiert habe. Dieses Hochdruckgebiet wiederum soll in Verbindung stehen
       mit der Rekordschmelze von arktischem Eis in diesem Sommer: Denn je weniger
       Wasser am Nordpol von Eispanzern bedeckt ist, desto mehr heizt das Nordmeer
       sich auf und verändert das regionale Klima.
       
       Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben bereits
       in der Vergangenheit Hinweise gefunden, dass deshalb höhere Temperaturen am
       Nordpol zu kälteren Wintern in Europa führen können. Auf jeden Fall aber,
       so der PIK-Ozeanexperte Stefan Rahmstorf, verschlimmere der Anstieg der
       Meeresspiegel die Sturmflut in New York.
       
       In den letzten hundert Jahren sei der Pegel um 20 Zentimeter gestiegen,
       besonders schnell an der US-Ostküste. Nicht viel, wenn man die Höhe der
       Sturmflut bedenkt, aber „es können entscheidende Zentimeter sein, wenn es
       darum geht, ob etwa die New Yorker Subway geflutet wird“, schreibt
       Rahmstorf.
       
       30 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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