# taz.de -- Hilfsaktion für Bombenopfer in Beirut: Klopapier und Lebensmittelpakete
       
       > Die Aufklärung des Bombenanschlags auf einen Geheimdienstler im Libanon
       > kommt nicht voran. Jugendliche mobilisieren für Geschädigte.
       
 (IMG) Bild: Beiruter Studenten und Studentinnen protestieren gegen Bombenanschläge und Terror.
       
       BEIRUT taz | „Das sind unsere Helden“, sagt Tarek und begrüßt eine Gruppe
       von Pfadfinderinnen im Teenageralter. Einige der Mädchen in weinroten
       Uniformen schnüren Essenspakete. Kleine und große, je nach Bedarf. Mit
       dicken Filzstiften schreiben sie „food“ darauf, um sie von den
       Hygienepaketen zu unterscheiden.
       
       Der Autobombenanschlag auf den Geheimdienstler Wissam al-Hassan im Beiruter
       Christenviertel Aschrafijeh vor knapp vier Wochen hat eine politische Krise
       im Libanon ausgelöst. In der Folge des Anschlags war es zu
       Auseinandersetzungen zwischen oppositionellen Demonstranten und staatlichen
       Sicherheitskräften gekommen.
       
       International riefen die Ereignisse die Sorge hervor, der syrische
       Bürgerkrieg greife auf den Libanon über. Wer hinter dem Anschlag steht, ist
       bis heute unklar, die Opposition macht Syrien und die an der libanesischen
       Regierung beteiligte Schiitenpartei Hizbollah verantwortlich.
       
       Für die bewegte Beiruter Jugend war all dies Anlass, eine spontane
       Hilfsaktion ins Leben zu rufen. „Freiwillige aller Altersgruppen kommen und
       helfen“, erzählt Tarek hektisch. „Studenten, Arbeiter und natürlich die
       Pfadfinder.“
       
       Der Mittzwanziger sitzt mit zwei Smartphones und einem Laptop auf dem Schoß
       in einem freigeräumten Café im ebenfalls christlichen Stadtteil Mar
       Michael. Seit drei Wochen sammeln die Aktivisten hier Hilfsgüter und
       organisieren die Verteilung an die Bedürftigen.
       
       Im Café türmen sich Kisten, Klopapierrollen und Kleidung. „Aschrafijeh 4
       all“ haben sie ihre Gruppe genannt, die auf Facebook bereits über 11.000
       Unterstützer hat.
       
       ## Mehrere Tote und über hundert Verletzte
       
       Neben Geheimdienstler al-Hassan waren bei dem Anschlag zwei weitere
       Menschen getötet und über hundert verletzt worden. „Außerdem mussten 112
       Personen ihre Wohnungen verlassen“, erzählt Tarek. Teils mussten sie für
       die Ermittlungen Platz machen, sagt er; teils zerstörte die Autobombe die
       Häuser.
       
       Die kleine Wohnstraße, in der der Sprengsatz hochging, liegt zwanzig
       Autominuten von dem Café entfernt. Obwohl eine NGO bereits mit dem
       Wiederaufbau begonnen hat, gleicht sie noch immer einem Trümmerfeld. Von
       den Hauswänden hängen zerfetzte Balkone. Unter Plastikplanen gucken die
       verkohlten Reste von Fahrzeugen hervor. Soldaten versperren die Straße.
       
       Am Rande des Trümmerfelds wohnt Siad in einer kleinen Hausmeisterwohnung.
       Mit zwei Wagen sind die Freiwilligen von „Aschrafijeh 4 all“ gekommen. In
       seinem bescheidenen Wohnzimmer stehen nun kistenweise Essen, Klopapier und
       Seife. „Hygiene with love“ steht in blumiger Jugendschrift auf einer Kiste.
       
       ## 1.000 Dollar Entschädigung
       
       1.000 Dollar hätten ihn die Reparaturen gekostet, schätzt Siad und zeigt
       auf neue Fensterscheiben und eine frisch gestrichene Tür. Dahinter liegen
       Betonbrocken, Kabel, Wohnzimmermöbel. Genau 1.000 Dollar hat die staatliche
       Wohlfahrtsorganisation den Geschädigten nach dem Anschlag gezahlt.
       
       In der vergangenen Woche legte die Beiruter Stadtverwaltung mit weiteren
       Entschädigungszahlungen nach. Siad ging leer aus. Er besitzt die
       Staatsbürgerschaft nicht, er ist Einwanderer aus Syrien.
       
       Eigentlich, sagt er, habe er Glück gehabt. Als die Bomben explodierten,
       waren seine Frau und der vierjährige Sohn in der Küche. Sie blieben
       unversehrt.
       
       Ihn selbst trafen die Glassplitter seiner Wohnzimmerfenster an der Schulter
       und am Fuß. An seiner linken Hand trennten sie ihm die Sehne des
       Zeigefingers durch.
       
       Wer dafür verantwortlich ist? Siad winkt ab. Das überlasse er den
       Politikern.
       
       14 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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