# taz.de -- NSU-Ermittlungen: Opferanwälte wollen mehr Akten
       
       > Die Anwälte der Opfer der NSU-Mordserie beklagen eingeschränkte
       > Akteneinsicht. Zu viele Papiere seien als vertraulich gekennzeichnet und
       > damit unzugugänglich.
       
 (IMG) Bild: Die Opferanwälte würden auch gern in den Akten blättern wie hier Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht.
       
       BERLIN dpa | Nach der Anklageerhebung im NSU-Terrorkomplex beklagen Anwälte
       der Opfer Intransparenz in dem Verfahren. Aus unersichtlichen Gründen seien
       große Teile der Anklage als vertraulich eingestuft, würden also unter
       Verschluss gehalten, sagte der Berliner Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler der
       Nachrichtenagentur dpa.
       
       „Diese Art von Geheimhaltung habe ich in meiner bisherigen Praxis noch
       nicht erlebt.“ Ähnlich äußerte sich der Opfer-Anwalt Detlef Kolloge, der
       ein Beschwerdefax an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe und das
       Oberlandesgericht München sandte.
       
       Daimagüler und Kolloge vertreten die Angehörigen von drei türkischen
       Männern, die von der Neonazi-Terrorzelle NSU ermordet worden sein sollen.
       Der Gruppe werden zehn Morde sowie mehrere Anschläge und Banküberfälle zur
       Last gelegt. Anfang November erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die
       mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche
       Unterstützer. Die Hauptverhandlung soll im Frühjahr vor dem
       Oberlandesgericht in München beginnen.
       
       ## Nur für den Dienstgebrauch
       
       Laut Kolloge enthalten fast alle Akten der Anklage - insgesamt umfasse
       diese knapp 600 Ordner – den Vermerk „VS – nur für den Dienstgebrauch“,
       sind also vertraulich zu behandeln. „Für mich ist unklar, was das bedeuten
       soll“, sagte Kolloge.
       
       Der Jurist Daimagüler sprach von einem „merkwürdigen Geheimhaltungssystem“.
       Dass gewisse Inhalte der Anklage – etwa Fotos von den Tatorten –
       zurückgehalten würden, sei verständlich. „Aber der Tatkomplex als solcher
       sollte öffentlich behandelt werden“, sagte Daimagüler. Ansonsten verfestige
       sich bei den Bürgern der Eindruck, im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie
       werde nur „gemauschelt“ und nicht Teile der Sicherheitsbehörden, sondern
       der Rechtsstaat insgesamt habe versagt. „Und schließlich hat
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Trauerfeier für die NSU-Opfer
       höchstpersönlich eine lückenlose Aufklärung versprochen“, sagte Daimagüler.
       
       Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wies die Kritik der
       Anwälte zurück. „Das Verfahren steht in vollständigem Einklang mit den
       Regeln der Strafprozessordnung. Alle Verfahrensbeteiligten haben umfassende
       Akteneinsicht erhalten“, sagte er.
       
       Nach der Strafprozessordnung würden das staatsanwaltliche Ermittlungs- und
       das gerichtliche Zwischenverfahren nicht öffentlich geführt. „Dem
       berechtigten Interesse der Öffentlichkeit trägt die Strafprozessordnung
       dadurch Rechnung, dass das Kernstück eines Strafprozesses, nämlich die
       gerichtliche Hauptverhandlung, öffentlich geführt wird.“
       
       1 Dec 2012
       
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