# taz.de -- Neuer Versuch für ein NPD-Verbot: Gegen das System, für das Reich
       
       > Die Bundesländer versuchen, die NPD zu verbieten. Sie meinen, die
       > Verfassungsfeindlichkeit der Neonazis belegen zu können. Hält das vor
       > Gericht?
       
 (IMG) Bild: Für NPD-Funktionäre gilt vielleicht bald das Gegenteil.
       
       BERLIN taz | Es kann ganz friedlich klingen, was die NPD manchmal so über
       Twitter verkündet. „Einen schönen Adventssonntag“ wünschte etwa der
       baden-württembergische Landesverband vor wenigen Tagen seinen Unterstützern
       per Kurzmitteilung.
       
       Intern schicken sich die Rechtsextremen zu Weihnachten schon mal etwas
       eindeutigere Botschaften. In einer Sammlung von E-Mails aus dem Inneren der
       Partei, die der taz 2011 zugespielt worden war, findet sich ein Video über
       die Adventszeit in Nazideutschland – samt Gebäck in Hakenkreuzform und
       Weihnachtskugeln mit NS-Symbolen. In einem „vorweihnachtlichen Gebet“ heißt
       es: „Hände falten, Köpfchen senken und an Adolf Hitler denken.“
       
       Auf solches Material werden die Länder in ihrem Verbotsverfahren gegen die
       rechtsextreme NPD freilich verzichten müssen. Ein in den letzten Monaten
       von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erstelltes, mehr als 1.000 Seiten
       starkes Dossier besteht nur aus offen zugänglichen Belegen. Vor allem das,
       was die Geheimdienste durch die vom Staat bezahlten V-Leute gesammelt
       haben, soll angeblich strikt außen vor gelassen worden sein – damit das
       Verfahren nicht wieder wie vor zehn Jahren schon im Ansatz in Karlsruhe
       scheitert.
       
       Zumindest die Länder halten aber auch das „offene“ Material immer noch für
       stichhaltig genug, um die Partei verbieten zu lassen. Einen entsprechenden
       Beschluss hat der Bundesrat an diesem Freitag gefällt, nur das Land Hessen
       hat sich enthalten.
       
       Tatsächlich lassen viele der in dem Dossier zusammengetragenen Belege an
       Eindeutigkeit wenig vermissen. Der taz liegt die noch unter Verschluss
       gehaltenen Materialsammlung in wesentlichen Auszügen vor. Neben
       antisemitischen, fremdenfeindlichen und den Nationalsozialismus
       verherrlichenden Parolen finden sich darin eine Reihe von Äußerungen
       führender Politiker der rechtsextremen Partei, in denen dieser mitunter
       offen [1][den Umsturz propagieren]. 
       
       ## Kinderfeste und Schulhof-CDs
       
       Breiten Raum nimmt in dem Dossier die Beschreibung der „Graswurzelpolitik“
       der NPD ein. Deren Ziel ist nach Ansicht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein
       „schleichendes Infiltrieren der Gesellschaft“. Als Beispiele werden Aufrufe
       von Parteikadern genannt, sich als Schöffe bei Gericht zu melden („im Sinne
       des deutschen Volkes“) oder die Bildung sogenannter Bürgerwehren, die
       mancherorts unter Beteiligung der NPD nachts Patrouille liefen.
       
       Mehr als 15 Kinderfeste habe allein die NPD in Mecklenburg-Vorpommern
       zwischen 2008 und 2011 veranstaltet. Bei einem der Feste soll ein
       NPD-Stadtrat ein braunes T-Shirt mit einem verbotenen Liedtext der
       Hitlerjugend getragen haben. Ein anderer Teilnehmer hatte „Adolf Hitler“
       auf dem Hemd stehen.
       
       Harter Stoff findet sich auch auf den Schulhof-CDs, die von der NPD seit
       Jahren an Jugendliche verteilt werden. „Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
       wollte keine Moscheen, der wollte keine Teppiche und auch kein Kopftuch
       sehen“, heißt es auf einer Scheibe von 2011. „Jagt das dreiste Pack, ab,
       ein für allemal nach Haus.“
       
       Als bedeutsam werten die Experten, die für das Verbotsverfahren die
       Vorarbeit leisteten, auch die Verbindungen der NPD zu rechtsextremen
       Kameradschaften und anderen „freien Nationalisten“. Im Detail wird in dem
       Dossier aufgelistet, wie viele der Funktionäre in den Vorständen einen
       „neonazistischen Vorlauf“ haben in inzwischen teils verbotenen Gruppen wie
       den Skinheads Sächsische Schweiz, der Wiking-Jugend oder dem „Thüringer
       Heimatschutz“, in dem sich auch die späteren Mörder der Terrorzelle NSU in
       den 90er-Jahren tummelten.
       
       ## „Das Land der weißen Rasse“
       
       Militant sind auch so manche Äußerungen führender NPD-Funktionäre. „Europa
       ist das Land der weißen Rasse und es soll es auch bleiben“, wetterte der
       heutige Bundesvize Udo Pastörs im März 2011 im bayerischen Günzburg. „Dann
       haben wir auch ein Recht darauf, das notfalls mit militärischer Gewalt
       sicherzustellen.“
       
       Aber ist all das eindeutig genug, um der Gesamtpartei eine „aktiv
       kämpferische, aggressive Haltung“ nachzuweisen und die hohen Hürden des
       Verfassungsgerichts in Karlsruhe und des Europäischen Gerichtshofs für
       Menschenrechte in Straßburg zu überwinden? Seit Tagen äußern sich Juristen
       und Politiker widersprüchlich. So viel Streit war lange nicht unter
       Demokraten.
       
       Die Skeptiker verweisen unter anderem darauf, dass die NPD doch ohnehin auf
       dem absteigenden Ast sei: finanziell angeschlagen, sinkende
       Mitgliederzahlen, bei bundesweiten Wahlen völlig erfolglos. Gibt es dann
       überhaupt ein „dringendes soziales Bedürfnis“, die Partei zu verbieten, wie
       es der Menschenrechtsgerichtshof verlangt?
       
       Tatsächlich hat die NPD selbst nach der Fusion mit dem rechtsextremen
       Konkurrenten DVU weniger als 6.000 Mitglieder, wovon nur etwa die Hälfte
       den aktiven Kern ausmacht. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren hatte die NPD
       noch 7.200 Mitglieder und die DVU 7.000.
       
       ## Provokationen im Parlament
       
       Bedeutungslos ist die Partei deshalb aber noch lange nicht. Auf rund 330
       kommunale Mandate kommt die NPD derzeit. In zwei ostdeutschen Ländern sitzt
       sie seit Jahren im Landtag: Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
       
       Immer wieder nutzt die Partei die Parlamente für Provokationen, zuletzt bei
       einem Gedenken an die NSU-Opfer im Schweriner Landtag. An einem anderen Tag
       schwadroniert der dortige NPD-Fraktionschef Udo Pastörs von
       „Verhaftungswellen“ gegen „kriminelle Bankmanager“ und „Politkriminelle“,
       die „als Volksschädlinge ebenso hinter Gitter gehören“.
       
       Werden solche Auftritte bald ein Ende haben? Oder muss eine Demokratie das
       ertragen?
       
       14 Dec 2012
       
       ## LINKS
       
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