# taz.de -- Häftlingsprotest in Israel: Palästinenser im Hungerstreik
       
       > Fünf palästinensische Gefangene kämpfen für bessere Haftbedingungen. Drei
       > von ihnen sind in einem lebensbedrohlichen Zustand.
       
 (IMG) Bild: Kundgebung in Nablus mit den Fotos in Israel inhaftierter Palästinenser.
       
       JERUSALEM taz | Die jüngste Verhaftungswelle im Westjordanland dauert an.
       Israelische Soldaten nahmen am Mittwoch erneut acht Palästinenser fest,
       darunter mindestens zwei Minderjährige. Nach Auskunft einer
       Armee-Sprecherin handelt es sich um „Routinemaßnahmen“. Bereits am Montag
       waren 25 Männer verhaftet worden, darunter drei Parlamentarier.
       
       PLO-Funktionärin Hannan Aschrawi bewertete die jüngsten Verhaftungen als
       einen Versuch Israels, „sich in interne palästinensische Angelegenheiten
       einzumischen und die Anstrengungen für eine nationale Versöhnung zu
       unterlaufen“. Einer der Verhafteten war, nach Auskunft der Hamas,
       verantwortlich für die Verhandlungen mit der Fatah.
       
       Aus Protest gegen die Praxis der Administrativhaft befinden sich derzeit
       fünf Häftlinge im Hungerstreik. Drei seien, nach Angaben der Organisation
       Addameer, die sich für die Rechte der inhaftierten Palästinenser einsetzt,
       „in unmittelbarer Lebensgefahr“. Seit 191 Tagen verweigert Samer al-Issawi
       die Aufnahme von Nahrung. Außer Wasser nimmt er nur Mineralien,
       Traubenzucker und Vitamine zu sich.
       
       ## Die Aktion richtet sich gegen die Administrativhaft ohne Anklage
       
       Al-Issawi profitierte von einem Gefangenenaustausch im Herbst 2011, als
       Israel im Gegenzug für den entführten Soldaten Gilad Schalit über Tausend
       Palästinenser aus der Haft entließ. Knapp ein Jahr später wurde er erneut
       verhaftet und sitzt seither hinter Gitter, ohne dass Anklage gegen ihn
       erhoben wurde.
       
       Nach Auskunft von Addameer ist al-Issawi inzwischen auf 48 Kilo abgemagert
       und auf einen Rollstuhl angewiesen. Ein Arzt des Internationalen Roten
       Kreuzes, der den Häftling vor gut einer Woche untersuchte, bestätigte, dass
       sich al-Issawi in unmittelbarer Lebensgefahr befinde. In lebensbedrohlichem
       Zustand sind offenbar noch zwei weitere Häftlinge, die vor 65 Tagen in den
       Hungerstreik traten.
       
       Im vergangenen Mai erreichten palästinensische Häftlinge mit einem
       Hungerstreik, an dem acht Wochen lang 1.500 Gefängnisinsassen teilnahmen,
       deutliche Verbesserungen ihrer Haftbedingungen. Mit ägyptischer Vermittlung
       willigte Israel ein, die Isolationshaft weitgehend abzuschaffen und
       Besucher aus dem Gazastreifen zuzulassen. Außerdem sollten
       Administrativhäftlinge nach sechs Monaten entweder entlassen oder vor
       Gericht gestellt werden, was jedoch nicht geschieht. Der gegenwärtige
       Hungerstreik richtet sich gegen die fortgesetzte Praxis der
       Administrativhaft. Alle fünf Palästinenser fordern ihre umgehende
       Entlassung aus dem Gefängnis. „Entweder Freiheit oder Märtyrertum“, zitiert
       Addameer die Männer.
       
       ## 15 palästinensische Abgeordnete in Haft
       
       Laut Informationen der Häftlingsorganisation befinden sich 178 der
       insgesamt derzeit 4.743 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, ohne
       dass Anklage gegen sie erhoben wurde. Mit der Verhaftungswelle diese Woche
       steigt die Zahl der inhaftierten palästinensischen Parlamentarier auf 15.
       Der populärste der Politiker ist Marwan Barghouti, Chef der Fatah-Jugend im
       Westjordanland, der im Juni 2004 zu fünfmal lebenslänglicher Haft plus 40
       Jahre verurteilt wurde. Das Bezirksgericht in Tel Aviv hatte ihn zuvor der
       Verwicklung an einer Reihe von tödlichen Terroranschlägen schuldig
       gesprochen.
       
       Barghouti machte sich von seiner Zelle aus wiederholt für die Versöhnung
       der beiden großen Fraktionen stark. Bereits im Sommer 2006 entwickelte er
       zusammen mit einer Gruppe von Mithäftlingen mehrerer Fraktionen das
       sogenannte Häftlingspapier, ein 18 Punkte umfassender Plan zur „Erhaltung
       der nationalen palästinensischen Einheit“.
       
       Vor wenigen Wochen rief Barghouti „das palästinensische Volk und die
       Jugend“ dazu auf, Massendemonstrationen abzuhalten, um die Führungen im
       Westjordanland und im Gazastreifen zur Einsicht zu bewegen. Barghouti
       kritisierte die Parteiführung, die es versäumt habe, interne Wahlen und
       Reformen voranzutreiben. Den Friedensprozess mit Israel betrachtet er als
       gescheitert, stattdessen müsse der Widerstand fortgesetzt werden. „Es sind
       Opfer nötig“, meint er.
       
       ## Bericht über Versöhnungsgespräche
       
       Barghoutis Appell wurde während einer Kundgebung der Fatah in Gaza Anfang
       Januar. Es war die erste öffentliche Fatah-Veranstaltung seit den blutigen
       Auseinandersetzungen beider Fraktionen im Sommer 2007, als die Hamas die
       Kontrolle über den Gazastreifen an sich riss.
       
       Nach Angaben des britischen Rundfunksenders BBC gab Hamas-Chef Khaled
       Meschaal am Donnerstag bekannt, dass er Gespräche mit
       Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas über die Bildung einer Regierung der
       Nationalen Einheit führe. Meschaal fügte hinzu, es seien auch
       Vorbereitungen für Präaisentschafts- und Parlamentswahlen im Gange. Im Mai
       2011 hatten beide Fraktionen ein Versöhnungsabkommen geschlossen, das aber
       nicht umgesetzt wurde.
       
       7 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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