# taz.de -- Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann
       
       > … geht gern ins Kino. Denn die Berlinale hat wie kein anderes der großen
       > internationalen Festivals viele Filme mit schwul-lesbischem Inhalt im
       > Programm.
       
       Zwar verleiht Venedig inzwischen auch seinen „Queer Lion“ und Cannes die
       „Queer Palm“, der Berliner „Teddy Award“ gilt aber weiterhin als die
       bedeutendste Auszeichnung des Queer Cinema. So herausragend die Bedeutung
       der Berlinale für diese Filme der besonderen Art ist, so wenig spielt
       dieser Umstand eine Rolle in der Berichterstattung der Mainstream-Medien.
       
       Dabei ist seit Vergabe des ersten Teddy Award im Jahr 1987 viel passiert,
       seitdem stellen sich schwul-lesbische Filme dem Publikum und der Kritik und
       haben die Etappen des Amateur-, Agitations- oder Undergroundfilms
       verlassen. Nicht mehr die hehren Ziele der Emanzipation, die Schmerzen des
       Coming-out und die Behauptungen in einer feindlichen Umwelt stehen im
       Mittelpunkt, Homosexuelle und ihre Geschichten kommen in der filmischen
       Darstellung inzwischen weitaus selbstbewusster und vielfältiger daher.
       
       Ein Beispiel für diese Entwicklung ist „Lose your head“, der am vergangenen
       Freitag seine Premiere in der Sektion „Panorama“ hatte. Der Film von Stefan
       Westerwelle nach einem Drehbuch von Patrick Schuckmann erzählt die
       Geschichte des jungen Spaniers Luis, der zu einem Partywochenende nach
       Berlin entflieht. Hier lernt er den geheimnisvollen Victor kennen, dem er
       sich bedingungslos hingibt.
       
       Bei seinem Treiben durch die Clubszene begegnen Luis die Helden der Nacht –
       und wir Zuschauer haben ein kurzes Wiedersehen mit so großartigen Leuten
       wie Dieter Rita Scholl, Kaspar Kamäleon und Pedro Sobisch. Luis lernt auch
       die Griechin Elena kennen, die mit ihrem Cousin auf der Suche nach ihrem
       vermissten Bruder ist. Der Bruder, der so aussieht wie Luis und der auch
       zusammen war mit Victor, bevor er verschwand.
       
       Aus dem Szene-Rausch wird ein Albtraum, gewalttätig und paranoid,
       angesiedelt in diesem überschaubaren Berliner Partykosmos. „Lose your head“
       entwickelt sich zu einem veritablen Thriller, wobei die Homosexualität
       seiner Protagonisten nicht eingesetzt wird als bloßes Reizmoment, aber auch
       kaum taugt als Erklärmuster. „Das Thema Homosexualität taucht auf“, sagt
       Westerwelle dazu auf „tagesschau24“, „so wie es in der Gesellschaft
       auftaucht. Aber es wird nicht problematisiert, es ist einfach da.“
       
       Stefan Westerwelle, dessen gemeinsam mit Jan Rothstein verfasstes Porträt
       des Schwulenaktivisten Detlef Stoffel bereits im vergangenen Jahr bei der
       Berlinale erfolgreich war, will sich aber nicht mit dem Label
       „Schwulenfilm“ anfreunden. „In ’Lose your head‘ geht es um Gefühle, egal ob
       homo, hetero oder transgender“, erklärt der 32-Jährige.
       
       Trotz aller Weiterentwicklungen im Genre zeigt sich auch hier wieder das
       Dilemma schwuler Kulturschaffender: Um den Zugang zu einem größtmöglichen
       Publikum nicht zu verlieren, wird lieber auf eine durchaus mögliche
       Etikettierung verzichtet.
       
       12 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elmar Kraushaar
       
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