# taz.de -- Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       > … muss noch 39-mal schlafen, dann ist Bescherung. Am 18. Mai beginnt um
       > 21 Uhr das große Finale des diesjährigen Eurovision Song Contest.
       
       … muss noch 39-mal schlafen, dann ist Bescherung. Am 18. Mai beginnt um 21
       Uhr das große Finale des diesjährigen Eurovision Song Contest, von
       deutschen Puristen weiterhin standhaft „Grand Prix“ genannt. Das Trash- und
       Glamour-Event steht wie kein zweites für schwule Kultur und Tradition und
       lebt von homosexuellen Männern, als Sänger und Tänzer, als Journalisten und
       Fans, als Moderatoren und Produzenten.
       
       Die homophobe Rede von der „Homintern“, der schwulen Weltverschwörung, hier
       trifft sie zu. „The gayest event in the world“, urteilt das indische
       Homo-Magazin Pink Pages.
       
       Einer der ersten schwulen Sänger vor einem ESC-Mikro war Bob Benny, der
       1959 und 1961 für Belgien antrat. Im gleichen Jahr, 1961, siegte der
       Franzose Jean-Claude Pascal für Luxemburg, und sein Lied „Nous, les
       amoureux“ wird heute als erste schwule ESC-Hymne interpretiert. Textzeilen
       wie „Les imbéciles et les méchants / Nous font du mal, / nous jouent des
       tours“ („Die Dummköpfe und die Bösewichte / tun uns weh / und wollen uns
       eins auswischen“) werden gelesen wie ein Bericht zur Lage schwuler Männer
       seinerzeit.
       
       Auf Benny und Pascal folgten so prominente Gerüchte-Homos wie Raphael
       (Spanien, 1966 und 1967) und Cliff Richard (England, 1968 und 1973),
       abgelöst von weniger Ängstlichen wie Patrick Juvet (Schweiz, 1973), Jürgen
       Marcus (Luxemburg, 1976), Gerard Joling (Niederlande, 1988), Christer
       Björkman (Schweden, 1992) und Alex Panayi (Zypern, 1995 und 2000).
       
       Und dann passierte es: Am 3. Mai 1997 gegen 22:38 Uhr räkelte sich im
       Dubliner Point Theatr der schwule Isländer Paul Oscar lasziv in schwarzem
       Lack auf weißem Sofa und sang vom letzen Tanz einer Diva, „Minn hinsti
       dans“ – das war das Coming-out des ESC. Danach ging es Schlag auf Schlag:
       Die Transsexuelle Dana International siegte 1998 für Israel, 2002 gingen
       Daphne, Emperatrizz und Marlenna – kurz Sestre – für Slowenien in
       originaler Tunten-Ästhetik ins Rennen, und 2007 mühte sich eine „Drama
       Queen“ für Dänemark mit altbackener Travestie.
       
       Unter so viel Farbe fielen weniger glamouröse Schwule schon gar nicht mehr
       auf: Haldor Lægrid (Norwegen, 2001), Jari Sillanpää (Finnland, 2004), Tomas
       Thordarson (Dänemark, 2004), Michael von der Heide (Schweiz, 2011), Glen
       Vella (Malta, 2011) oder Tooji (Norwegen, 2012). Und der Israeli Harel
       Skaat nutzte 2011 die ESC-Prominenz, um anschließend der Nation in einem
       TV-Porträt von seiner Homosexualität zu erzählen.
       
       Natürlich wird auch jetzt im Vorfeld zum 18. Mai wieder heftig spekuliert:
       Wer gehört zur Gemeinde? Vielleicht Cezar, der Countertenor aus Rumänien?
       Oder der Ire Ryan Dolan, der schon in Dublins größter Homo-Disco
       aufgetreten ist? Favorit in den einschlägigen Internetforen ist Marco
       Mengoni aus Italien, über den bereits in der italienischen Presse gemunkelt
       wird.
       
       Auch mit Blick auf Malmö weiß der diesjährige San-Remo-Sieger, dass er
       alles in der Schwebe lassen sollte, und antwortet auf jede Gay-Frage gerne
       zweideutig: „Ich und schwul? Ich kümmere mich um meine Karriere.“
       
       9 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elmar Kraushaar
       
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