# taz.de -- Katrin Göring-Eckardt zu Strompreisen: „Die CDU schürt Ängste“
       
       > Stromkonzerne verdienen kräftig an der EEG-Umlage. Die Grüne
       > Spitzenkandidatin will deshalb Spartarife für stromsparende Haushalte.
       
 (IMG) Bild: Zwei Symbole der Umweltbewegung und der Energiewende: Sonnenblume und -kollektor
       
       taz: Frau Göring-Eckardt, ist die Energiewende der Grünen unsozial? 
       
       Katrin Göring-Eckardt: Das ist Unfug.
       
       Das Klischee lautet: Die Grünen kümmern sich um die Bio-Boheme, die sich
       Solarzellen aufs Hausdach baut. Aber nicht um die hohe Stromrechnung des
       Harz IV-Empfängers. 
       
       Unsere Vorschläge für eine konsequente Energiewende berücksichtigen sehr
       wohl soziale Aspekte. Und sie lagen übrigens schon lange auf dem Tisch,
       bevor Peter Altmaier seine Ideen präsentierte.
       
       Der CDU-Umweltminister möchte hohe Strompreise senken und hat das Thema
       besetzt. Ärgert Sie das? 
       
       Da bleibe ich ganz gelassen. Altmaier gibt sich zwar einen sozialen
       Anstrich, aber er zielt lediglich auf Überschriften. Ihm geht es nicht um
       echte Veränderungen. Überall, wo Konkretes wichtig wäre, flüchtet er sich
       in schwammige Formulierungen.
       
       Er möchte Privilegien für energieintensive Firmen streichen. Das wollen Sie
       auch, oder? 
       
       In Altmaiers Papier findet sich dazu nur ein einziger allgemeiner Satz.
       Seine Koalition beschloss das Gegenteil: 2009 änderte Schwarz-Gelb das von
       Rot-Grün eingeführte Gesetz, seitdem dürfen deutlich mehr Firmen
       Ermäßigungen beanspruchen als zuvor. Würde die Koalition allein diese
       Änderung rückgängig machen, sänken die Strompreise sofort um 1 Cent pro
       Kilowattstunde. Sie wird es aber nicht tun.
       
       Altmaier zielt auf einen absurden Effekt. Wenn die Preise an der Strombörse
       durch viel Ökostrom fallen, steigt eine Umlage, die auf alle Endverbraucher
       verteilt wird und die Preise erhöht. 
       
       Das Problem ist, dass seine Vorschläge untauglich sind. Altmaier plant
       etwa, neuen Windkraftanlagen die Ökostrom-Vergütung erst mit Verzögerung zu
       gewähren. Welcher Investor baut angesichts einer unsicheren Rechtslage
       noch? Solche Ankündigungen sind nicht sozial, sondern sie gefährden
       Arbeitsplätze. Etwa in Ostdeutschland, wo inzwischen ganze Branchen samt
       Zulieferern von erneuerbaren Energien abhängig sind. Richtig wäre, wenn die
       Energiekonzerne die niedrigen Börsenpreise an die Verbraucher weitergeben
       würden.
       
       Wie das? Unternehmen sind frei in ihrer Preisgestaltung. 
       
       In jeder anderen Branche werden Produkte günstiger, wenn der Rohstoffpreis
       sinkt – nur auf dem Strommarkt nicht. Die Großversorger entziehen sich also
       dem Wettbewerb. Es braucht ein neues Konzept für die Umlage im
       Erneuerbaren-Energien-Gesetz, welches die Unternehmen zur Weitergabe
       günstiger Einkaufspreise zwingt.
       
       Die SPD möchte lieber die Stromsteuer senken, um arme Menschen zu
       entlasten. 
       
       Eine Befreiung von der Stromsteuer werden die Firmen nicht an ihre Kunden
       weitergeben. Sondern sie werden damit lieber ihre Gewinnmargen erhöhen.
       Außerdem diffamiert eine Senkung der Stromsteuer arme Menschen.
       Hartz-IV-Empfänger müssten sich ja zum Beispiel bei den Stadtwerken als
       Leistungsbezieher outen.
       
       Was ist Ihr Gegenvorschlag? 
       
       Die Grünen schlagen intelligent abgestimmte Spartarife vor. Haushalte und
       kleine Mittelständler, die wenig Strom verbrauchen, zahlen einen
       niedrigeren Tarif. Haushalte und Konzerne, die mehr Strom verbrauchen,
       zahlen einen höheren.
       
       Nutzt das armen Leuten? Sie wohnen oft in schlecht isolierten
       Mietswohnungen mit altmodischen Herden. 
       
       Man muss Energie- und Stromverbrauch auseinanderhalten. Menschen mit
       niedrigen Einkommen sparen sehr bewusst Strom, gerade weil sie Furcht vor
       der nächsten Rechnung haben. Der Spruch, dass bei Hartz-IV-Empfängern
       ständig der Fernseher laufe, stimmt nicht.
       
       Und die schlecht isolierte Wohnung? 
       
       Die ist ein echtes Problem. Wenn man alle Energiearten zusammenzählt, also
       etwa die Heizung dazurechnet, dann gilt: Arme Menschen verbrauchen oft mehr
       Energie. Die Heizung ist teurer als Strom, weil die im Zweifel mit Erdöl
       läuft. Die Grünen plädieren für einen Energiesparfonds, aus dem Kommunen
       Mittel für die energetische Sanierung bekommen können. Und wir wollen das
       Wohngeld zu einem Klimawohngeld weiterentwickeln.
       
       Der Strompreis-Streit geht also am Kern des Problems vorbei? 
       
       Ja. Die Leute leiden nicht unter dem Stromverbrauch, sondern unter dem
       Energieverbrauch. Die CDU vermengt beides. Sie schürt Ängste bei armen
       Menschen, bietet aber keinerlei Lösungen für die drängenden Probleme an.
       Das ist das Infame an der Debatte.
       
       13 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
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