# taz.de -- Religiöse Gewalt in Birma weitet sich aus: Wohnhäuser brennen
       
       > Es begann mit einem Streit zwischen einem muslimischen Schmuckhändler und
       > zwei Kunden. Mittlerweile wurden bei den religiösen Unruhen in Birma
       > mehrere Menschen getötet.
       
 (IMG) Bild: 21.3.2013 in Meiktila.
       
       Die Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen in Birma weitet sich aus: Die
       Behörden in der zentralbirmesischen Stadt Meiktila haben nach tödlichen
       Zusammenstößen eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.
       
       In der Stadt unweit von Mandalay war es am Donnerstag am zweiten Tag in
       Folge zu schweren Ausschreitungen gekommen, bei denen mehrere Menschen
       getötet worden sind. Es sind die schwersten religiösen Unruhen, seit im
       vergangenen Jahr bei Pogromen gegen muslimische Rohingya im Westen des
       Landes etwa 180 Menschen getötet und mehr als 100.000 vertrieben wurden.
       
       Die Auseinandersetzungen in Meiktila begannen am Mittwoch offenbar mit
       einem Streit zwischen einem muslimischen Schmuckhändler und zwei Kunden. Es
       folgte eine Prügelei. Kurz darauf habe ein Mob das Juweliergeschäft
       angegriffen und niedergebrannt, berichten lokale Medien. Es folgten
       Straßenschlachten, bei denen Geschäfte, Wohnhäuser und mindestens drei
       Moscheen niedergebrannt wurden.
       
       Am Donnerstag flammte die Gewalt erneut auf. Win Htein, Abgeordneter der
       Nationalen Liga für Demokratie (NLD) der Oppositionsführerin Aung San Suu
       Kyi, sagte einer Nachrichtenagentur, mindestens zehn Menschen seien getötet
       worden. Auch ein buddhistischer Mönch soll unter den Toten sein, was den
       Anlass für eine Ausweitung der Gewalt bieten könnte.
       
       ## Verschlechtertes Verhältnis
       
       Die Zusammenstöße weisen darauf hin, wie sehr sich das Verhältnis zwischen
       buddhistischer Mehrheit und muslimischer Minderheit verschlechtert hat. Die
       Gewalt im letzten Jahr hatte sich nach dem Mord an einer buddhistischen
       Frau anfangs gegen nur eine Ethnie gerichtet, deren Mitglieder größtenteils
       Muslime sind. Bald darauf wurden auch Muslime, die anderen Ethnien
       angehören, attackiert. Im Februar griff in der Metropole Rangun ein
       buddhistischer Mob ein Gebäude an, bei dem es sich angeblich um eine
       illegale Moschee gehandelt haben soll.
       
       In mehreren Städten des Landes protestierten vergangenes Jahr Tausende
       Mönche gegen Pläne der zwischenstaatlichen Organisation Islamischer
       Zusammenarbeit (OIC), in Rangun ein Verbindungsbüro zu eröffnen. Das sollte
       Hilfslieferungen an vertriebene Rohingya organisieren, die immer noch zu
       Zigtausenden unter miserablen Bedingungen in Flüchtlingslagern hausen.
       Präsident Thein Sein untersagte nach den Mönchsprotesten die Eröffnung des
       Büros.
       
       Schon seit Jahrzehnten werden die Rohingya in Birma systematisch verfolgt.
       Immer gab es schwere Ausschreitungen, die häufig das Militär anführte. Ein
       fragwürdiges Gesetz erklärt pauschal, dass Rohingya keine Staatsbürger des
       Landes seien. Sie seien keine eigenständige Ethnie, sondern illegale
       Einwanderer aus Bangladesch, lautet die offizielle Position.
       
       ## Aung San Suu Kyi enttäuscht
       
       Die Friedesnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat mit ihrer Zurückhaltung
       in der Rohingya-Frage viele Beobachter enttäuscht. Offenbar wollte sie sich
       angesichts der offensichtlich Rohingya-feindlichen Haltung innerhalb der
       buddhistischen Mehrheitsbevölkerung nicht unbeliebt machen und vermied das
       Thema seit Ausbruch der Gewalt im vergangenen Jahr.
       
       Inzwischen scheint sich die NLD zu einer Haltung durchgerungen zu haben. Im
       Parteihauptquartier in Ranguns Bahan-Viertel sitzt in einem kleinen Büro
       der NLD-Vizevorsitzende Tin Oo, nach Suu Kyi der zweite Mann. Er ist schon
       85 Jahre alt, sprüht aber vor Energie. Zur Gewalt gegen die Rohingya sagt
       er: „Früher haben diese Menschen dort friedlich miteinander gelebt“, doch
       während Birmas Militärdiktatur seien die Grenzen zu Bangladesch nicht
       gründlich kontrolliert worden.
       
       Ein Gesetz aus dem Jahr 1948 regele eindeutig, so Tin Oo, dass die Rohingya
       Staatsbürger Birmas seien. Die Nachkommen dieser Menschen, erklärt er dann,
       seien deshalb auch zweifelsfrei Staatsbürger des Landes. Doch für jene, die
       nach 1948 gekommen seien, gelte dieses Recht nicht. „Wir müssen bei
       denjenigen, die hier leben, prüfen, ob sie wirklich schon lange hier sind
       und ob deren Vorfahren schon lange hier gelebt haben. Falls ja, haben sie
       ein Recht, hier zu leben und sind auch birmesische Staatsbürger.“ Für alle
       anderen gelte das „Menschenrecht, in Frieden zu leben.“
       
       21 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Zastiral
       
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