# taz.de -- 1. Mai-Demo in Berlin: Revolutionäre erreichen ihr Ziel
       
       > Die abendliche 1. Mai-Demo zieht erstmals bis ins Regierungsviertel. Es
       > bleibt meist friedlich. Innensenator zieht positive Zwischenbilanz.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei bleibt cool, die Demonstranten auch - und so endet die Revolutionäre-1.-Mai-Demo im Jahr 2013 erstmals am erstrebten Ziel: dem Berliner Regierungsviertel.
       
       Am Ende läuft die Demo tatsächlich auf das Brandenburger Tor zu, in die
       Abenddämmerung. Niemand hätte das gedacht: Die Revolutionäre 1.
       Mai-Demonstration erreicht ohne größere Zwischenfälle das Ziel. Am Pariser
       Platz ruft der Mann vom Lautsprecherwagen: "Verfluchte Scheiße, wir haben
       ihn wirklich erreicht!" Die Leute schwenken rote Fahnen. Es wird "Bella
       Ciao" gespielt, einige tanzen.
       
       Los geht es um 18 Uhr am Lausitzer Platz. Tausende sammeln sich. Die erste
       Überraschung: Ganz vorne steht diesmal nicht der Schwarze Block, sondern
       eine Delegation griechischer Oppositionspolitiker. "Gegen Faschismus",
       steht auf ihrem schwarzen Banner. "Solidarität ist eine Waffe", rufen sie.
       Beides auf Griechisch - natürlich. Mit nur einer Stunde Verspätung setzt
       sich der Demozug um 19 Uhr in Bewegung.
       
       Die Griechen vorne laufen ungewohnt gemächlich. Die Menge, nach taz-Zählung
       rund 10.000 Demonstranten, zieht die Eisenbahnstraße entlang und biegt auf
       die Köpenicker Straße. Die Autonomen versuchen zu überholen - ohne Erfolg.
       Am U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße wird es kurz brenzlig: Eine Gruppe von
       Vermummten bricht links aus - und wird sofort von der Polizei
       zurückgedrängt. Einer wirft eine pinke Rauchbombe. Ein Carsharing-Auto wird
       umgekippt. Bei einer Sparkasse werden die Scheiben eingeschlagen. Nachdem
       vereinzelte Flaschen und Steine auf die Polizei fliegen, stößt diese nun in
       die Demo vor. Vom Lauti tönt es: "Bildet Ketten!" Inzwischen wird die
       Spitze von Polizeiketten flankiert und zieht weiter auf das
       Axel-Springer-Hochhaus zu. Einige Steine treffen Polizeiautos an der
       Shell-Tankstelle.
       
       Der Schwarze Block würdigt die Springer-Konzernzentrale beim Passieren
       keines Blickes oder Steinwurfes. Das Gebäude an der Ecke zur
       Rudi-Dutschke-Straße wird von der Polizei aufwändig gesichert mit zwei
       Wasserwerfern, einem Räumpanzer, dutzenden Polizeimannschaftswagen und
       Absperrgittern.
       
       Kurz bevor die Demo ihr endgültiges Ziel am Brandenburger Tor erreicht,
       treten Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt zu
       einer Zwischenbilanz vor die Presse. Henkel ist rot im Gesicht, das liege
       an der vielen Sonne, die er an diesem Tag abbekommen habe, wie er sagt. Die
       Polizei konnte zeigen, dass sie die Lage im Griff hat, so Henkel. Er ist
       guter Dinge und glaubt, es werde weiterhin gelingen, die Demo so zu
       begleiten, dass sich Gewaltausbrüche in Grenzen halten.
       
       Tatsächlich bleibt die Demo friedlich. "Wir werden heute realistischerweise
       die Revolution nicht mehr schaffen. Die verschieben wir aufs nächste Jahr",
       so die Durchsage vom Lautsprecherwagen. Selbst am Ende halten die
       Demonstranten brav vor den Polizeigittern Unter den Linden - mit Blick auf
       das beleuchtete Brandenburger Tor. Um kurz vor halb zehn Uhr wird die
       Veranstaltung offiziell aufgelöst.
       
       Aus dem Umfeld des Schwarzen Blocks heißt es, das Polizeispalier sei eng
       gewesen, jede Aktion wäre sofort mit Festnahmen beantwortet worden. "Wir
       hatten keinen Spielraum", sagt einer.
       
       Die Menge feiert freudig, tatsächlich das Ziel erreicht zu haben. Ein
       Grieche ist der letzte Redner auf der Abschlusskundgebung. "Nächstes Jahr
       stehen wir vor dem Kanzleramt", ruft er ins Mikrofon. Der Autonome auf dem
       Lautsprecherwagen ergänzt: "Und übernächstes Jahr im Kanzleramt."
       
       1 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
 (DIR) Sebastian Erb
       
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