# taz.de -- Asyl in Deutschland: Abschiebung in die Fremde
       
       > Emine Harb floh vor 23 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland. Jetzt
       > soll sie in die Türkei abgeschoben werden. Türkisch spricht sie nicht.
       
 (IMG) Bild: Verschlafen sieht Rhede aus. Am Dienstag soll es für Emine Harb damit vorbei sein.
       
       KÖLN taz | „Das Lächeln im Münsterland“: so preist sich die Stadt Rhede im
       Kreis Borken an. Auch Emine Harb lebt hier gerne. Nach ihrer Flucht aus dem
       Libanon vor 23 Jahren wurde Rhede zu ihrer neuen Heimat. An diesem Dienstag
       soll es damit vorbei sein. Um 7.15 Uhr werde sie abgeholt, hat ihr die
       Abteilung für Sicherheit und Ordnung des Kreises mitgeteilt. Wenn nicht
       noch ein Wunder geschieht, wird sie in die Türkei abgeschoben.
       
       „Sie ist reisefähig“, sagt ein Sprecher des Kreises Borken. Das habe eine
       amtsärztliche Untersuchung bestätigt. Außerdem habe das Verwaltungsgericht
       Münster entschieden, dass die angekündigte Abschiebung rechtmäßig sei.
       Damit ist der Fall für den Kreis erledigt.
       
       Rechtsanwalt Ali Durmus hält das für einen Skandal. „Die Behörde setzt das
       Leben meiner Mandantin aufs Spiel“, sagt er und legt die Bescheinigung
       eines Kardiologen vor. „Es besteht eine erhebliche Herzschwäche nach einem
       großen Herzinfarkt“, heißt es darin. Daher sieht der Arzt „bei seelischem
       und körperlichem Stress eine erhebliche Gefährdung“.
       
       Emine Harb lebte bislang mit ihrem staatenlosen Mann und ihren beiden
       Töchtern „geduldet“ in der Bundesrepublik. Ihre Asylanträge wurden
       abgelehnt. Nun soll die 53-Jährige von ihrer Familie getrennt werden. Zwar
       habe der Staat laut Grundgesetz die Familie zu schützen und zu fördern,
       argumentiert der Kreis Borken.
       
       ## Sie hat die türkische Staatsangehörigkeit
       
       Aber bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen seien nur die
       familiären Bindungen von Personen relevant, „die sich berechtigterweise im
       Bundesgebiet aufhalten“. Im Falle der Harbs sei jedoch „die gesamte Familie
       vollziehbar ausreisepflichtig, ohne dass ihnen ein Anspruch auf
       Aufenthaltslegalisierung zusteht“.
       
       Auch wenn sie formal als türkische Staatsangehörige gilt, ist die Türkei
       für Emine Harb ein Land, das sie nicht kennt und deren Sprache sie nicht
       spricht. Die Analphabetin gehört zur arabischsprachigen Volksgruppe der
       Mhallami, die ursprünglich aus der südostanatolischen Provinz Mardin an der
       Grenze zu Syrien stammen.
       
       In der Hoffnung auf bessere Lebensverhältnisse wanderten zahlreiche
       Mhallami seit den zwanziger Jahren in den Libanon aus. So kam auch Emine
       Harb als kleines Kind mit ihren Eltern in die Mittelmeerrepublik. 1981 und
       1987 kamen ihre Kinder Leila und Hasna im Libanon zur Welt. 1990 floh die
       Familie nach Deutschland.
       
       Die Abschiebung von Emine Harb sei „menschlich nicht zu verantworten“, sagt
       Elisabeth Olbing vom Borkener Flüchtlingsrat. „Wie kann die Frau allein in
       einem Land, das ihr unbekannt ist, zurechtkommen?“ Sie hofft auf eine
       „humanitäre Lösung“.
       
       Doch die Chancen stehen schlecht. Immerhin können Emine Harbs inzwischen
       erwachsenen Töchter darauf hoffen, nicht auch noch abgeschoben zu werden.
       Vergangene Woche empfahl der Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen
       Landtags, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
       
       Update 15.05.2013: Abschiebung gescheitert 
       
       Die Abschiebung von Emine Harb in die Türkei ist am Dienstag vorläufig
       gescheitert. Vertreter der Ausländerbehörde des Kreises Borken trafen die
       herzkranke 53-Jährige, die vor 23 Jahren mit ihrer Familie aus dem Libanon
       nach Deutschland geflohen war, nicht in ihrer Wohnung in Rhede an. Die
       Ausländerbehörde will Haftbefehl beantragen. Der Borkener Flüchtlingsrat
       kritisierte die Abschiebung der Analphabetin als „menschlich nicht zu
       verantworten“ und hofft auf eine humanitäre Lösung. (pab)
       
       13 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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