# taz.de -- Führungswechsel in Palästina: Ein Linguist als Regierungschef
       
       > Rami Hamdallah wird neuer Premier in Ramallah. Die Hamas, die den
       > Gazastreifen kontrolliert, fühlt sich bei der Ernnenung des
       > Fajad-Nachfolgers übergangen.
       
 (IMG) Bild: Rami Hamdallah, der neue palästinensische Regierungschef
       
       JERUSALEM taz | Kaum wird er zum neuen Chef der palästinensischen Regierung
       nominiert, schon gibt es Ärger. Der Linguist und Professor Rami Hamdallah,
       Direktor der Universität An-Nadschah in Nablus, wird anstelle des
       scheidenden Salam Fajad künftig Ministerpräsident im Westjordanland.
       
       Präsident Mahmud Abbas nominierte den der Fatah nahestehenden
       Intellektuellen am Sonntagabend ohne vorherige Absprache mit der Hamas. Die
       Nominierung Hamdallahs sei „illegal“ und stelle die geplante Bildung einer
       Regierung der Nationalen Einheit in Frage, kritisierte die Führung im
       Gazastreifen.
       
       Vorläufig bleibt Hamdallah ungerührt. Bis Mitte August werde die
       Einheitsregierung stehen, gab er sich gegenüber Journalisten
       zuversichtlich. Noch ist die Kluft zwischen Fatah und Hamas tief. Längst
       hätte man sich auf eine Interimsregierung einigen müssen, die bis zu den
       überfälligen Wahlen die Amtsgeschäfte in Palästina regeln würde.
       
       ## Hamdallah will die Politik seines Vorgängers fortsetzen
       
       Hamdallah, der als moderat und pragmatisch gilt, will der Agenda seines
       Vorgängers folgen. Fajad machte sich in den sechs Jahren seiner Amtszeit
       für den Aufbau staatlicher Institutionen stark und für mehr Transparenz des
       öffentlichen Haushalts. Hamdallah, der über die Grenzen seiner Stadt kaum
       bekannt ist, wird sich zunächst das Vertrauen der Geberstaaten verdienen
       müssen, die mit regelmäßigen Finanzspritzen den palästinensischen Haushalt
       stützen.
       
       Der 54-jährige Wissenschaftler wurde in Tulkarem geboren. Er galt seit dem
       Rücktritt Fajads vor zwei Monaten als einer der aussichtsreichsten
       Kandidaten für das Amt des Premiers. Zum Direktor der
       An-Nadschah-Universität wurde er 1998 berufen.
       
       Fünf Jahre später verlor er seine Frau und drei Töchter bei einem
       Autounfall. Hamdallah promovierte in England und ist Mitglied der PLO. In
       der Vergangenheit hielt er temporär den Posten des Vorstandsvorsitzenden
       der Zentralen Wahlkommission. Seit zwei Jahren ist der Mitglied in der
       Jassir-Arafat-Stiftung und in der Grundrechtekommission.
       
       ## Seine größte Herausforderung ist das Haushaltsdefizit
       
       In Israel kommentierten Analysten die Nominierung Hamdallahs unaufgeregt.
       Das mag mit daran liegen, dass der palästinensische Ministerpräsident in
       erster Linie für die Innenpolitik zuständig ist, während der
       Friedensprozess in den Händen der PLO liegt.
       
       US-Außenminister John Kerry begrüßte die Ernennung Hamdallahs zu diesem
       „Zeitpunkt der Herausforderung“. Kerry, der derzeit per intensiver
       Pendeldiplomatie versucht, Israel und die PLO an den Verhandlungstisch zu
       bewegen, wird Ende der Woche erneut in der Region erwartet.
       
       Hamdallahs erste Aufgabe in den kommenden Tagen ist es, das neue Kabinett
       zusammenzustellen, wobei er selbst schon ankündigte, von größeren
       Verschiebungen abzusehen. Deutlich größere Herausforderungen dürften für
       ihn das Haushaltsdefizit und die marode Wirtschaftslage der Palästinenser
       sein. Immerhin stellte Kerry vor wenigen Wochen den Transfer von 4
       Milliarden US-Dollar für die Entwicklung des privaten Wirtschaftssektors in
       Aussicht.
       
       ##
       
       3 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
 (DIR) Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rami Hamdallah
 (DIR) Palästinenser
 (DIR) Hamas
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Gaza
 (DIR) Mahmud Abbas
 (DIR) Arafat
 (DIR) Jassir Arafat
 (DIR) Palästina
 (DIR) Rami Hamdallah
 (DIR) Israel
 (DIR) Palästinenser
 (DIR) John Kerry
 (DIR) Hamas
 (DIR) Jassir Arafat
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Palästinenser glauben an Mordkomplott: „Natürlich wurde Arafat ermordet“
       
       Ein Besuch in Ramallah zeigt: Neun Jahre nach Arafats Tod machen viele
       Palästinenser Israel dafür verantwortlich. Die Obduktion-Ergebnisse werden
       ignoriert.
       
 (DIR) Kommentar Arafats Tod: Das Rätselraten bleibt
       
       Die Wahrheit über die Todesursache des früheren Palästinenserführers wird
       wohl nie richtig bewiesen werden. Damit muss sich die Welt abfinden.
       
 (DIR) TV-Show für Jungpolitiker: Präsidentencasting in Palästina
       
       Die letzten Wahlen in den palästinensischen Gebieten fanden 2006 statt.
       Eine neue Wahl ist nicht in Sicht. Jetzt kann die Bevölkerung in einer
       TV-Show abstimmen.
       
 (DIR) Palästina wieder ohne Regierungschef: Hamdallah wirft hin
       
       Wegen Kompetenzgerangels mit Präsident Abbas reicht Rami Hamdallah nach
       zwei Wochen seinen Rücktritt ein. Das gefährdet John Kerrys
       Verhandlungspläne.
       
 (DIR) Kommentar Siedlungspolitik Israel: Zu tief gesteckte Ziele
       
       Sollte Israel die Siedlungsneubauten auf Eis legen, könnte es zu
       Friedensverhandlungen kommen. Spannend wird, was dann kommt.
       
 (DIR) Hungerstreik in Israel: Hartnäckiger Gefangener
       
       Der Palästinenser Samir Issawi verweigert seit August 2012 jede feste
       Nahrung. Er kämpft für seine Freilassung aus dem Gefängnis
       
 (DIR) Nahostreise von US-Außenminister Kerry: Ein paar Zuckerstücke im Gepäck
       
       US-Außenminister John Kerry bringt einige neue Ideen ins Spiel, um
       Palästinenser und Israelis zu echten Gesprächen zu verpflichten.
       
 (DIR) Chaled Maschal bleibt Hamas-Chef: Gemäßigt und ambitioniert
       
       Versöhnung ist seine Mission: Der islamistische Exilpolitiker Chaled
       Maschal bleibt Chef des Politbüros der palästinensischen Hamas.
       
 (DIR) Schweizer Untersuchungsbericht: Doch Polonium in Arafats Körper
       
       Mord nicht ausgeschlossen: Radiophysiker haben im Leichnam des ehemaligen
       Palästinenserführers eine hohe Dosis des tödlichen Polonium 210 gefunden.