# taz.de -- Sicherheitsabkommen gefährdet: Karsai sagt Gespräche mit USA ab
       
       > Afghanistans Präsident Karsai hat Verhandlungen über eine
       > Sicherheitspartnerschaft mit den USA ausgesetzt. Schuld sind angekündigte
       > US-Gespräche mit den Taliban.
       
 (IMG) Bild: Verschlossen: Hamid Karsai.
       
       BERLIN taz | Die USA wollen noch in dieser Woche in Doha Gespräche mit den
       afghanischen Taliban aufnehmen. Die Taliban hatten dort am Dienstagabend
       feierlich ein Büro eröffnet. Dabei erklärte ihr Sprecher, dies sei der
       „Beginn des Dialogs zwischen den Taliban und der Welt“. Nach Angaben des
       State Departments in Washington ist der US-Sonderbeauftragte für
       Afghanistan und Pakistan, James Dobbins, bereits unterwegs nach Katar. Doch
       gibt es Streit mit der afghanischen Regierung.
       
       US-Präsident Barack Obama soll die Teilnehmer des G-8-Gipfels in Nordirland
       bereits über die geplanten Gespräche unterrichtet haben. Kurz vor seinem
       Flug nach Berlin sagte er Journalisten, die Gespräche seien ein „wichtiger
       erster Schritt“. Doch rechne er mit einem langen und schwierigen Prozess.
       „Ein von den Afghanen geführter und bestimmter Friedensprozess ist der
       beste Weg zu einem Ende der Gewalt und zur Sicherstellung von dauerhafter
       Stabilität in Afghanistan und der Region“, so der US-Präsident.
       
       Genau über die Einbeziehung der Regierung in Kabul gibt es mit dieser
       Streit. Der afghanische Präsident Hamid Karsai besteht darauf, dass seine
       Regierung der entscheidende Verhandlungspartner der Taliban sein muss und
       deshalb die Gespräche möglichst bald am Hindukusch stattfinden müssen.
       Damit hat Karsai den von ihm geschaffenen Hohen Friedensrat beauftragt.
       
       Die Taliban wollten bisher gar nicht mit Vertretern Karsais reden, weil sie
       ihn für eine Marionette der USA halten. Während Gespräche mit den USA die
       Taliban aufwerten, stellten sie am Dienstag erstmals „unter Umständen“ auch
       Gespräche mit der afghanischen Regierung in Aussicht. Den USA ist es
       wichtig, überhaupt einen Gesprächsprozess anzuschieben, weshalb sie auf
       Karsai nur begrenzt Rücksicht nahmen.
       
       ## Einschränkung der Souveränität befürchtet
       
       Am Mittwoch kündigte deshalb Karsais Sprecher in der afghanischen
       Hauptstadt an, Kabul setze ab sofort die bilateralen Verhandlungen mit den
       USA über ein Sicherheitsabkommen – und damit über deren militärischen
       Verbleib in Afghanistan nach 2014 – aus. Die USA wollen am Hindukusch auch
       nach Abzug ihrer meisten Kampftruppen Stützpunkte behalten, denn diese
       könnten bei möglichen Konflikten mit Iran, China oder in Zentralasien
       nützlich sein. Die Afghanen befürchten eine Einschränkung ihrer
       Souveränität, sind aber auf US-Hilfe angewiesen. 
       
       „Es gibt einen Widerspruch zwischen dem, was die US-Regierung sagt und dem,
       was sie im Hinblick auf die Friedensgespräche macht“, sagte Karsais
       Sprecher Aimal Faizi. Auch lehne Karsais Regierung die Bezeichnung
       „Vertretung des Emirats Afghanistan“ für das Taliban-Büro ab, weil es ein
       solches Emirat nicht gäbe. Doch die USA hätten die afghanischen Einwände
       ignoriert. Im ungünstigsten Fall könnte Karsais Schritt die angekündigten
       Gespräche zum Scheitern bringen, bevor sie überhaupt begonnen haben. Von
       den USA gab es zu Karsais Schritt bisher keine Reaktion. 
       
       Die Taliban-Vertretung in Doha hätte eigentlich schon 2011 eröffnet werden
       sollen. Doch konnten sich damals auch die USA nicht mit den Taliban
       einigen. Die Taliban bestanden auf der Freilassung von ihren im Lager
       Guantánamo einsitzenden Gefangenen. Dies blockierte jedoch der US-Kongress.
       Die USA wiederum bestanden darauf, dass die Taliban sich vom Terrornetzwerk
       al-Qaida lossagen und die afghanische Verfassung anerkennen.
       
       ## Kein Frieden in Sicht
       
       Weil sich beide Seiten bewegten, die Taliban nicht mehr auf der Freilassung
       bestanden und die USA sich mit einer Distanzierung von al-Qaida zufrieden
       gaben, konnte die Taliban-Vertretung eröffnet werden. Das Büro soll sowohl
       im Namen des Taliban-Führers Mullah Omar und seiner Quetta Shura sprechen
       als auch für das Haqqani-Netzwerk. 
       
       Mit dem bevorstehenden Gesprächsbeginn ist noch kein Frieden ist Sicht.
       Dies wurde auch in der Nacht zu Mittwoch deutlich, als beim US-Stützpunkt
       Bagram nördlich von Kabul ein US-Fahrzeug von einer Rakete getroffen wurde.
       Dabei starben vier US-Soldaten. Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff.
       Am Vortag hatte die afghanische Armee erstmals die Sicherheitsverantwortung
       für das ganze Land übernommen.
       
       19 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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