# taz.de -- Atommüll for ever: Genehmigung futsch, Müll bleibt
       
       > Nach dem Urteil über das Zwischenlager in Brunsbüttel wird in
       > Schleswig-Holstein und Niedersachsen über die Folgen diskutiert.
       > Atom-Kritiker sehen Sicherheit der Zwischenlager nicht gewährleistet.
       > Kurzfristig bleibt der Müll aber erst mal, wo er ist.
       
 (IMG) Bild: Nicht sicher, wenn ein Airbus A380 drauffällt: das Zwischenlager am Atomkraftwerk Brunsbüttel
       
       BRUNSBÜTTEL taz | "Wo soll der Müll denn hin, wir können ihn doch nicht auf
       die Straße stellen“, sagte Torsten Albig (SPD) am gestrigen Donnerstag auf
       die Frage, was das Land denn nun mache, nachdem das Oberverwaltungsgericht
       in Schleswig dem Atommüllzwischenlager in Brunsbüttel die Genehmigung
       entzogen hatte.
       
       Mit der pragmatischen Haltung stand Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
       nicht allein: Mit einem schnellen Abtransport der Castoren ist nicht zu
       rechnen, das ergab auch die Landtagsdebatte. Umwelt- und Energieminister
       Robert Habeck (Grüne) rettete sich auf die Position, das Urteil sei ja noch
       nicht rechtskräftig.
       
       Die Atomaufsichtsbehörde, die zum Umweltministerium gehört, beteuerte:
       „Sicherheit hat für die schleswig-holsteinische Landesregierung oberste
       Priorität.“ Es gebe „keine Erkenntnisse, dass die Sicherheit des
       Zwischenlagers beeinträchtigt ist“. Darüber, so die Behörde spitzfindig,
       habe das Gericht nicht geurteilt, zudem habe das Bundesamt für
       Strahlenschutz (BfS) in der Verhandlung „dargestellt, dass die Sicherheit
       auch hinsichtlich der Punkte Terrorschutz und panzerbrechende Waffen
       gegeben ist“.
       
       Das stimmt nur teilweise: Zwar urteilte das Gericht tatsächlich nur über
       die formale Frage, ob es Verfahrensfehler bei der Genehmigung gab, aber
       dafür bewertete der Verwaltungssenat das Vorgehen des BfS, und was der
       Vorsitzende Dierk Habermann aufzählte, war eine harte Ohrfeige für die
       Behörde: Messmethoden „erscheinen zweifelhaft“, Fakten und technische
       Entwicklungen wurden „nicht berücksichtigt“. Unter anderem kritisierte
       Habermann ein Verfahren, bei dem nur 80 Prozent der Daten einbezogen
       wurden, wobei ausgerechnet die heikelsten Werte außen vor blieben.
       
       Die Betriebserlaubnis aller Zwischenlager in Deutschland basieren auf den
       identischen Daten – man habe, so erklärte es ein BfS-Experte dem Gericht,
       Katastrophenszenarien nicht für alle konkreten Anlagen, sondern nur für
       Gebäudetypen durchgerechnet.
       
       Aber das Urteil von Schleswig bedeutet nicht automatisch das Aus für andere
       Zwischenlager. Aus rechtlicher Sicht besteht ein großer Unterschied
       zwischen Brunsbüttel, das wegen der seit 2003 laufenden Klage nie eine
       gültige Genehmigung erhielt, und den anderen Standorten, die genehmigt
       sind. Dagegen juristisch vorzugehen sei schwierig, sagt Fachanwalt Ulrich
       Wollenteit der taz.
       
       In der politischen Debatte geht es vor allem um den Kompromiss zum
       Endlagersuchgesetz, auf das sich Bund und Länder einigten, nachdem
       Schleswig-Holstein Brunsbüttel als Zwischenlager angeboten hatte.
       Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte, er sehe keine
       unmittelbare Konsequenzen des Schleswiger Urteils, das gelte auch für die
       Zustimmung Niedersachsens zum Suchgesetz im Bundesrat. Es stelle sich
       „unverändert die Aufgabe einer rationalen Suche nach einem Endlager“, sagte
       Weil. Es bestehe „Einvernehmen darüber, dass keine weiteren Castoren nach
       Gorleben gehen“.
       
       Wohin sie aber gehen, wenn Brunsbüttel nicht zur Verfügung steht, ist
       vorerst unklar. Weil sieht Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in der
       Pflicht. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) stellte die
       Frage, welche Konsequenzen das Urteil auf den Entsorgungsnachweis anderer
       Atomkraftwerke habe.
       
       Anti-Atom-Initiativen erwarten weitreichende Folgen des Urteils: „Ich bin
       erstaunt über Energiewendeminister Habeck – es geht doch nicht um den
       rechtlichen Status, sondern um die Sicherheit der Bevölkerung“, sagt Dirk
       Seifert von Robin Wood der taz. Der Prozess habe gezeigt, dass es einen
       „Serienfehler“ bei der Berechnung von Risiken wie Flugzeugabstürzen oder
       terroristischen Angriffen auf Atomanlagen gebe. „Die Sicherheit ist nicht
       gewährleistet“, sagt Seifert. Jochen Stay von der Initiative „ausgestrahlt“
       sieht es ähnlich. Aber auf die Frage, was nun mit dem Müll zu tun sei, sagt
       er: „Kurzfristig kann man nichts machen, als die Castoren dort zu lassen."
       
       20 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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