# taz.de -- Arbeitskampf in China: Chinesische Arbeiter lassen Boss frei
       
       > Mitarbeiter einer Fabrik in Peking haben ihren Boss eine Woche lang
       > festgehalten, um ihre Löhne zu erstreiten. Nun haben sie eine Lösung
       > gefunden.
       
 (IMG) Bild: Inzwischen nicht mehr in der Hand seiner chinesischen Arbeiter: Der US-Manager Chip Starnes.
       
       PEKING taz | Arbeitnehmer in China haben es im Konfliktfall mit dem
       Arbeitgeber schwer. Zwar unterscheiden sich die gesetzlichen
       Arbeitnehmerrechte in der Volksrepublik auf dem Papier gar nicht mehr so
       sehr von denen in westlichen Ländern. Doch es hapert an der Umsetzung. Aus
       diesem Grund greift die Belegschaft immer wieder zur Selbstjustiz.
       
       Eine Woche lang hatten chinesische Arbeiter im Norden Pekings ihren
       Arbeitgeber, den US-amerikanischen Manager Chip Starnes, in seinem Büro auf
       dem Fabrikgelände festgehalten und eingesperrt. Der Grund: Starnes’
       Unternehmen, die Specialty Medical Supplies, hat Teile der Pekinger Fabrik
       aus Kostengründen nach Indien verlegt und bereits 30 Mitarbeiter entlassen.
       
       Den noch verbliebenen 100 Arbeitern schuldete das Unternehmen der
       Belegschaft zufolge noch zwei Monatslöhne. Sie befürchteten, Starnes könnte
       den Standort ganz schließen und sich als Ausländer absetzen. Sie hätten
       dann ohne Entschädigung dagestanden. Am Donnerstag haben sich Firmenleitung
       und Belegschaft aber geeinigt, Details wurden nicht bekannt. Starnes sei
       erschöpft und nun in einem Hotel untergekommen.
       
       ## Behörden tatenlos
       
       Es habe sich um keine Geiselnahme gehandelt, beteuerte einer der Arbeiter.
       Sie hätten lediglich mit ihm verhandelt. Und regelmäßig Essen gab es für
       ihn auch. Während Starnes’ Arrestierung gab er zu, dass es bei der
       Lohnauszahlung zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. „Ja, sie wurden nicht
       alle zur gleichen Zeit bezahlt“, sagte er. Das sei in China aber üblich.
       Die einen würden zu Monatsbeginn ihren Lohn erhalten, die anderen zur
       Monatsmitte. Den restlichen Mitarbeitern unterstellte er, sie wollten
       entlassen werden, um eine Abfindung zu kassieren.
       
       Die chinesischen Behörden waren bei diesem Arbeitskonflikt nicht
       eingeschritten. Mit der Begründung: Arbeitskonflikte dieser Art gebe es
       immer wieder. Tatsächlich häufen sich in China derzeit spontan organisierte
       Arbeitsauseinandersetzungen. Das hängt damit zusammen, dass unabhängige
       Gewerkschaften, die glaubhaft die Interessen der Arbeitnehmer vertreten,
       nicht zugelassen sind. Und die Vertreter der Einheitsgewerkschaften stehen
       häufig auf Seiten der Arbeitgeber.
       
       Hinzu kommt, dass angesichts schwächelnder Wirtschaftsentwicklung
       landesweit derzeit viele Unternehmen ihre Fabriken schließen. Vor allem am
       Perlflussdelta im Süden der Volksrepublik haben seit Jahresbeginn über
       20.000 Fabriken ihre Pforten dichtgemacht. Auch das erhöht die Bereitschaft
       der Belegschaft zu selbstorganisierten Arbeitskämpfen.
       
       27 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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