# taz.de -- Streit um Comic-Ausstellung in Essen: Die zerschnittenen Blutspuren
       
       > Während einer Austellung über Graphic Novels hängt eine muslimische
       > Studentin zwei Exponate ab – eins zerstört sie sogar. Ihr Motiv scheint
       > antiisraelisch zu sein.
       
 (IMG) Bild: Ort der Meinungsfreiheit? StudentInnen an der Universität Duisburg-Essen.
       
       KÖLN taz | An der Universität Duisburg-Essen tobt ein Karikaturenstreit.
       Weil sie zwei Poster in einer Ausstellung über aktuelle Graphic Novels für
       anstößig hielt, schritt eine muslimische Studentin zur Selbsthilfe und
       hängte die umstrittenen Exponate ab. Und nicht nur das: Offenkundig aus
       antiisraelischen Motiven heraus zerstörte sie eines der beiden Plakate.
       Daraufhin wurde die Comic-Ausstellung in der Universitätsbibliothek
       vorzeitig beendet – aus Protest gegen die erfolgte Zensur.
       
       Jetzt wird an der Hochschule über Wissenschafts- und Meinungsfreiheit
       diskutiert. Steine des Anstoßes sind zwei Plakate in der Ausstellung
       „[1][What Comics can do! – Recent Trends in Graphic Fiction]”, die seit dem
       23. Mai im Foyer der Uni-Bibliothek auf dem Campus Essen gezeigt wurde.
       Ausgestellt wurden studentische Poster aus der Anglistik, in denen die
       Erzähltechniken und Inhalte von zwölf Graphic Novels erläutert wurden.
       
       Darunter befanden sich auch eine Collage mit verschiedenen Szenen aus dem
       Orient-Comic „[2][Habibi]“ des US-Comickünstlers Craig Thompsons sowie ein
       Plakat, das sich mit dem Buch „Blutspuren” der israelischen Zeichnerin und
       Illustratorin Rutu Modan befasst. Zunächst hatten sich Mitte Juni einige
       muslimische Studierende lautstark darüber mokiert, dass neben einer
       gewalttätigen Sexszene aus Thompsons „Habibi“ das Wort „Allah“ in
       arabischer Kalligrafie montiert war. Dies verletzte ihre religiösen
       Gefühle, beklagten sie und forderten die Entfernung des Bildes.
       
       Während die Bibliotheksleitung noch überlegte, wie sie mit dem Protest
       umgehen will, schritt eine Studentin zu Tat. Zuerst hängte sie am 17. Juni
       auf eigene Faust die Thompson-Collage ab. Doch dabei beließ es die
       angehende Gesellschaftswissenschaftlerin nicht. Anders als von mehreren
       Zeitungen wie der [3][WAZ] oder der Welt berichtet, die sich offenkundig
       auf eine entsprechende Veröffentlichung in der AStA-Publikation „ak[due]ll
       bezogen, ging es der jungen muslimischen Frau nicht nur um Thompsons
       „Habibi“ und die vermeintliche Verletzung ihrer religiöser Gefühle. Denn
       ein zweites Plakat erregte bei ihr noch größeren Unmut.
       
       ## Als anstößig empfundene Bildinhalte
       
       Am 24. Juni ging sie nach Informationen der taz gegen eine Collage mit
       Motiven aus [4][Rutu Modans Werk „Blutspuren]” vor. Mit einer Schere
       schnitt die Studentin von ihr als anstößig empfundene Bildinhalte aus dem
       Plakat heraus und übergab den Torso der Bibliotheksleitung. Daraufhin wurde
       die Ausstellung vorzeitig abgebrochen.
       
       „Eine teilzensierte Ausstellung hätte als Eingeständnis einer Schuld
       gewertet werden können, was auf jeden Fall vermieden werden sollte“,
       begründet der geschäftsführende Direktor des Instituts für Anglophone
       Studien, Christoph Heyl, die Entscheidung. Auf der zerstörten Collage stand
       weder das Wort „Allah“, noch zeigte sie eine Sexszene. Stattdessen ist
       darauf eine Friedensdemonstration in Israel zu sehen, bei der auf einem
       Transparent die Aufschrift „Shalom“ zu lesen ist.
       
       Auch wenn die Hochschule selbst angibt, derzeit noch über die Motive der
       Studentin zu rätseln: Es liegt mehr als nahe, dass ihrer Aktion ein
       handfestes antiisraelisches, wenn nicht antisemitisches Motiv zugrunde lag.
       Rutu Modans mehrfach preisgekrönte Graphic Novel „Exit Wounds“, die 2008
       unter dem Titel „Blutspuren“ auch auf deutsch erschien, spielt vor dem
       Hintergrund des Nahostkonflikts und der Bedrohungssituation der in Israel
       lebenden Menschen durch palästinensische Selbstmordattentäter.
       
       Es handele sich um eine „glänzend erzählte Geschichte“, urteilte seinerzeit
       die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Mit kühlem Understatement im Stil der
       franko-belgischen Tradition ist die Geschichte gezeichnet, zurückhaltend
       und klar konturiert coloriert“, schrieb die taz in einer Rezension. Die in
       Tel Aviv lebende Mitgründerin des israelischen Künstlerkollektivs Actus
       Tragicus zeige in ihrem Buch „die Konsequenzen eines Lebens mit einer
       ständig latent im Alltag vorhandenen Bedrohung“.
       
       ## Eindringliches Gespräch
       
       Die Hochschulleitung hat nun angekündigt, mit der Studentin ein
       eindringliches Gespräch zu führen. „Weitergehende juristische Schritte
       behalten wir uns vor“, betonte Uni-Rektor Ulrich Radtke. Ihr eigenmächtiges
       Verhalten sei in keiner Weise zu rechtfertigen. „An einer Universität darf
       es keine Denkverbote geben“, betonte Radtke. Schließlich sei die
       Universität ein Ort der Toleranz und Wissenschaftsfreiheit.
       
       „Es entspricht dem Wesen des wissenschaftlichen Diskurses, auch
       gegensätzliche Standpunkte auszuhalten“, sagte der Professor. Deswegen will
       die Hochschule jetzt ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema
       „Hochschule und Meinungsfreiheit“ organisieren.
       
       4 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.uni-due.de/~hy0555/weblog/inhalt/ausstellung-what-comics-can-do-recent-trends-graphic-fiction
 (DIR) [2] /!83441/
 (DIR) [3] http://www.derwesten.de/staedte/essen/comic-ausstellung-an-uni-duisburg-essen-sorgt-fuer-eklat-id8123031.html
 (DIR) [4] /1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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