# taz.de -- Widerstand gegen Flüchtlinge: Deeskalation nach Katalog
       
       > Ein Strategiewechsel bei der Suche nach Standorten für
       > Flüchtlingsunterkünfte soll fremdenfeindliche Ausfälle in den Beiräten
       > künftig verhindern.
       
 (IMG) Bild: Am Rande dieser Siedlung in Obervieland könnte eine mobile Unterkunft entstehen.
       
       Es mutet wie ein Friedensangebot an: Die Sozialbehörde stellt eine Liste
       mit sämtlichen für Flüchtlingsunterkünfte geeigneten Grundstücken und
       Gebäuden der Stadt zusammen und händigt sie allen Beiräten aus – und im
       Gegenzug bemühen sich die Beiräte um Mitarbeit und darum, Gegenargumente an
       einem „Kriterienkatalog“ festzumachen. „Ich möchte zukünftig keine Einwände
       mehr hören, in denen es heißt, wir haben schon genug Ausländer hier“, so
       die deutlichen Worte von Staatsrat Horst Frehe (Die Grünen) auf der
       öffentlichen Beirätekonferenz am vergangenen Donnerstag.
       
       Damit reagierte er auf die Häufung fremdenfeindlicher Ausbrüche bei
       Diskussionen um Standorte für Flüchtlingsunterkünfte: Er könne sich doch
       bei den ganzen Flüchtlingen nicht mehr auf die Straße trauen, hatte
       beispielsweise ein Bürger auf einer Beiratssitzung in Bremen-Mitte gesagt.
       In Vegesack fragte ein anderer, ob denn keiner an die deutschen Kinder
       denke. Der Stadtteil sei schon „belastet“ genug. Und in Obervieland hat
       jüngst eine Bürgerinitiative Unterschriften gegen die geplante Errichtung
       eines mobilen Flüchtlingsheims gesammelt: zu nah stünde es am angrenzenden
       Neubaugebiet. Dort, an der Brenningstraße, steht ein Schild mit der
       Aufschrift: „Keine Container auf der Wiese“ und dem Hinweis auf die nächste
       Beiratssitzung am 13. August.
       
       Die ist nun freilich verschoben worden, denn erst einmal sammelt die
       Sozialbehörde Listen aller potenziellen Standorte für
       Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt – und nicht nur, wie bisher,
       Grundstücke oder Häuser der stadteigenen Firma Immobilien Bremen. „Daraus“,
       so Frehe, „werden wir die geeignetsten Objekte ermitteln und dann mit den
       Beiräten und Ortsämtern abstimmen – es wird keine Entscheidung ohne die
       Beiräte geben.“ Frehe musste sich von den Stadtteil-Parlamenten in den
       letzten Wochen und Monaten wiederholt anhören, dass über deren Köpfe hinweg
       Standorte bestimmt würden. Nun können sie sich ein Bild über die
       gesamtbremische Situation machen und aus dieser Perspektive urteilen. „Das
       hätte auch schon vor Monaten geschehen können“, so der Einwurf des
       Obervieländer Beiratssprechers.
       
       Frehe nannte als Kriterien für die Errichtung der Übergangswohnheime
       „geeignete Wohneinheiten und soziale Anbindung, vor allem an Schulen und
       Kindergärten.“ Unterkünfte in Industriegebieten und Stadtteilen ohne
       Infrastruktur seien nicht gewünscht. „Blockland scheidet wahrscheinlich
       aufgrund materieller Kriterien aus.“ Daneben sollen die Unterkünfte so
       klein wie möglich ausfallen: „Lieber vier Einrichtungen mit je 90 Menschen
       als drei mit 120“, so Frehe.
       
       Heike Sprehe (SPD), Beiratssprecherin aus Vegesack, wendet ein, „dass in
       Mitte und Schwachhausen ja schließlich auch nur 60 Flüchtlinge
       untergebracht sind“, und Gerd Ilgner (SPD), Borgfelder Beiratssprecher,
       sagt, er könne sich auf der heutigen Beiratskonferenz keinesfalls
       festlegen, erst einmal müssten die gefällten Entscheidungen in den Beiräten
       diskutiert werden.
       
       Entscheidungen waren freilich gar nicht Ziel der Konferenz, sondern, so
       Edith Wangenheim (SPD), Sprecherin des Beirats Woltmershausen, die
       Formulierung eines „Verfahrens- und Kriterienvorschlags zur Deeskalation
       und zur Schaffung einer Willkommenskultur“.
       
       Ob und wie das angenommen wird, kann der 27. August zeigen: Dann nämlich
       findet die verschobene Beiratssitzung in Obervieland statt.
       
       9 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
       
       ## TAGS
       
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