# taz.de -- Kommentar SPD-Wahlkampf: Wagen oder warten
       
       > Steinbrücks 100-Tage-Programm ist die ideale Blaupause für Rot-Grün. Doch
       > der SPD fehlt ein kontroverses Thema, das das eigene Lager eint.
       
 (IMG) Bild: Ist Steinbrücks Traum, Kanzler zu werden, schon zerplatzt?
       
       Peer Steinbrücks 100-Tage-Programm ist – von Mindestlohn bis Rente – ein
       gut sozialdemokratischer Versuch, den Graben zwischen Reich und Arm etwas
       zu verkleinern. Dieses Programm ist recht moderat. Der anvisierte
       Spitzensteuersatz von 49 Prozent liegt weit unter dem, der zu Helmut Kohls
       Zeiten galt.
       
       Aber gerade dieses Maßvolle besänftigt die Skepsis, die spätestens seit
       Gerhard Schröder bei SPD-Programmen generell angebracht ist: nämlich dass
       viel versprochen und wenig gehalten wird. Dieses 100-Tage-Programm ist eine
       ideale Blaupause für Rot-Grün. Oder Rot-Rot-Grün. Dass Steinbrück genau das
       rigoros ausschließt, eine Koalition mit der FDP aber nicht, macht dann doch
       skeptisch.
       
       Ist Steinbrücks Traum, Kanzler zu werden, eigentlich schon zerplatzt? Oder
       lassen wir uns von den falschen Gewissheiten der Umfragen blenden? Immer
       mehr Bürger entscheiden sich erst kurz vor der Wahl. Ist die späte
       Aufholjagd angesichts schrumpfender Stammwählerschaften nicht
       wahrscheinlicher geworden?
       
       Es gibt im politischen Spiel in der Tat Momente, in denen Autosuggestion
       wirkt. Zum Beispiel 2005, als Gerhard Schröder in aussichtsloser Lage die
       Parole ausgab, dass der Sieg möglich ist.
       
       Das hätte bizarr oder realitätsblind wirken können, wie die unsportliche
       Unfähigkeit, die sichere Niederlage zu akzeptieren. Nicht so bei Schröder
       (peinlich wurde es, als er auch am Wahlabend nicht von der Autosuggestion
       lassen konnte). Die Kernsätze dieser Rhetorik der Selbstermächtigung sind:
       Man muss es tun, dann wird es wahr. Und vor allem: Man muss den Gegner
       angreifen.
       
       Kann Peer Steinbrück das? Eher nicht. Seine tollpatschigen Affären sind
       zwar gnädigem Vergessen anheimgefallen. Auch die finstere Prophezeiung,
       dass die SPD den ungeliebten Kandidaten abwickelt, wenn der nicht
       funktioniert, hat sich bis jetzt nicht bewahrheitet. Und es kann gut sein,
       dass er, der geschliffene Redner, beim TV-Duell am Sonntag die dürre
       Rhetorikerin Angela Merkel alt aussehen lässt.
       
       Doch zur blitzartigen Erkenntnis, dass das Rennen noch offen ist, fehlt
       etwas Entscheidendes: das kontroverse Thema, das das eigene Lager eint.
       Doch bei Syrien und Schuldenschnitt für Griechenland geht Steinbrück
       d’accord mit Merkel. Hat Rot-Grün noch den Mut, ein Thema zu setzen? Oder
       wartet Steinbrück auf Merkels Fehler? Das kann dauern.
       
       30 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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