# taz.de -- Internationaler Militäreinsatz: Syrien mit hoher Spannung beäugt
       
       > Das britische Parlament hat gegen einen Militäreinsatz in Syrien votiert.
       > Barack Obama will einen Einsatz trotzdem durchsetzen. Frankreich wäre
       > dabei, Deutschland nicht.
       
 (IMG) Bild: Der eine will intervenieren, der andere nicht
       
       LONDON/PARIS/OSNABRÜCK/BERLIN/DAMASKUS afp/rtr/dpa/ap | Großbritanniens
       Parlament hat einen Militäreinsatz in Syrien blockiert und damit einen
       Alleingang der USA in den Bereich des Möglichen gerückt. Die Abgeordneten
       in London schmetterten am Donnerstagabend eine Beschlussvorlage der
       Regierung zum Syrien-Konflikt ab, woraufhin Premierminister David Cameron
       erklärte, er werde die Entscheidung des Parlaments respektieren. In den USA
       mehrten sich die Anzeichen, dass die Regierung zu einem militärischen
       Alleingang in Syrien bereit ist.
       
       Die britische Beschlussvorlage sah eine Verurteilung der
       Chemiewaffenangriffe vor, die der syrischen Führung angelastet werden. Der
       Text forderte von der Staatengemeinschaft eine „starke Antwort“, wenn nötig
       auch einen „legalen und verhältnismäßigen Militäreinsatz“. Cameron hatte
       die Vorlage auf Druck der Opposition bereits abgeschwächt – nun sollten vor
       einer endgültigen Entscheidung über einen Militäreinsatz die Ergebnisse der
       UN-Chemiewaffenexperten abgewartet werden.
       
       Doch zu dieser erneuten Entscheidung dürfte es vorerst nicht kommen. Mit
       285 zu 272 Stimmen fiel das Votum im britischen Unterhaus zwar äußerst
       knapp aus. Unter den Gegnern der Beschlussvorlage waren aber auch 30
       Abgeordnete aus Camerons konservativer Partei sowie neun Stimmen des
       liberalen Juniorpartners der Regierung. Cameron sagte nach dem Votum, er
       habe verstanden, dass das Parlament „keine britische Militäraktion will“
       und die Regierung werde entsprechend handeln. Einer seiner Sprecher
       bestätigte später, Großbritannien werde „nicht in einen Militäreinsatz
       involviert“ sein.
       
       Sieben Stunden lang hatten die britischen Abgeordneten hitzig über Syrien
       diskutiert und dabei immer wieder vor einem erneuten Irak gewarnt, wo sich
       der mutmaßliche Einsatz von Massenvernichtungswaffen damals nicht bestätigt
       hatte. Großbritannien lastet wie auch andere Staaten Syriens Regierung
       unter Machthaber Baschar al-Assad die Giftgasangriffe der vergangenen Woche
       an. Cameron gestand aber im Parlament ein, dass die Regierung keine
       „hundertprozentige Sicherheit“ habe.
       
       ## „Beziehungen zu den USA belastet“
       
       Der britische Verteidigungsminister Philip Hammons räumte in der BBC ein,
       dass die Entscheidung des Parlaments die Beziehungen zu den USA „belasten“
       werde. Zugleich sagte er, die USA verstünden sicher, dass in Großbritannien
       ein parlamentarischer Prozess vor Militäreinsätzen nötig sei.
       
       In Washington sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin
       Hayden, die USA stünden weiterhin mit der britischen Regierung in
       Verbindung, Präsident Barack Obama werde sich aber bei seiner Entscheidung
       von den „Interessen der USA“ leiten lassen. Die New York Times berichtete
       auf ihrer Internetseite unter Berufung auf US-Regierungskreise, dass Obama
       mit einem möglichen Militäreinsatz nicht auf Großbritannien warten werde.
       Die Regierung halte die ihr vorliegenden Beweise gegen die syrische Führung
       bezüglich der Chemiewaffeneinsätze für ausreichend und sie würden einen
       begrenzten Militärschlag rechtfertigen, hieß es.
       
       Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte ebenfalls, dass Obama
       in erster Linie den US-Bürgern verantwortlich sei. Außenamtssprecherin
       Marie Harf erklärte dazu: „Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen in
       unserem eigenen Zeitrahmen.“
       
       ## US-Regierung hat keinen Zweifel an Chemiewaffeneinsatz
       
       Unterdessen unterrichteten US-Außenminister John Kerry und
       Verteidigungsminister Chuck Hagel sowie weitere ranghohe
       Regierungsvertreter die Spitzen des US-Kongresses in einer Telefonkonferenz
       über mögliche Reaktionen der USA im Syrien-Konflikt. Dabei habe die
       US-Regierung klargemacht, dass sie keinen Zweifel am Einsatz von
       Chemiewaffen durch die syrische Führung habe, hieß es anschließend.
       
       Im UN-Sicherheitsrat endete das Ringen um eine gemeinsame Position am
       Donnerstag erneut in der Sackgasse. Nach nur 45 Minuten ging eine
       Krisensitzung der fünf UN-Vetomächte zu Ende, ohne dass anschließend eine
       Erklärung abgegeben wurde. Russland und China gelten als entschiedene
       Gegner eines harten Vorgehens gegen die syrische Führung.
       
       ## Frankreich erklärt sich bereit zum Einsatz
       
       Frankreich besteht auch nach dem „Nein“ des britischen Parlaments zu einem
       Militärschlag gegen Syrien auf einer Bestrafung der Verantwortlichen für
       den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz. Er sei für ein harte Strafmaßnahme,
       sagte [1][Präsident François Hollande] am Freitag der Tageszeitung Le
       Monde. Dazu werde sein Land eng mit den Verbündeten zusammenarbeiten.
       Frankreich sei auch ohne Großbritannien zum Handeln bereit.
       
       François Hollande will eine internationale Reaktion gegen Syrien notfalls
       auch ohne UN-Mandat. „Wenn der Sicherheitsrat nicht in der Lage ist zu
       handeln, wird sich eine Koalition formieren“, sagte Hollande weiter, so Le
       Monde. Ein solches Bündnis solle „so breit wie möglich“ sein. Für eine
       mögliche Intervention lägen „alle Optionen auf dem Tisch“. Es gebe nur
       wenige Länder mit Kapazitäten für geeignete Sanktionsmaßnahmen. Frankreich
       sei im Rahmen seiner Möglichkeiten bereit. Der Staatschef kündigt für
       diesen Freitag einen umfassenden Austausch mit US-Präsident Barack Obama
       an.
       
       Hollande schloss eine Aktion vor nächstem Mittwoch nicht aus. An diesem Tag
       kommt die französische Nationalversammlung in Paris zu einer Sondersitzung
       zusammen. Der Präsident verwies darauf, Frankreich bemühe sich seit
       Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien um eine politische Lösung. Hollande
       sprach von Respekt gegenüber den langen Beziehungen Russlands zu Syrien. Er
       wolle Russland davon überzeugen, dass die aktuelle Situation am schlimmsten
       sei. Eine möglichst rasche politische Lösung sei auch in russischem
       Interesse.
       
       ## In Deutschland wird ein Militärschlag abgelehnt
       
       Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich gegen eine deutsche
       Beteiligung an einem Militärschlag in Syrien gewandt. Diese sei „weder
       nachgefragt worden noch wird sie von uns in Betracht gezogen“, sagte
       Westerwelle der Neuen Osnabrücker Zeitung (in der Samstagausgabe). Das
       Grundgesetz und die Rechtsprechung setzten hier enge Grenzen. Die
       Bundesregierung dränge darauf, dass der UN-Sicherheitsrat „zu einer
       gemeinsamen Haltung findet und dass die Arbeit der UN-Inspektoren möglichst
       schnell abgeschlossen wird“, sagte Westerwelle.
       
       Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat nachdrücklich vor einem
       militärischen Eingreifen in Syrien gewarnt. Der Ausbruch von Gewalt ziehe
       immer wieder neue Gewalt nach sich, sagte Steinbrück am Freitag in Berlin.
       Er folge stattdessen der Maxime von Altkanzler Helmut Schmidt: „100 Stunden
       Verhandlungen sind besser als eine Minute Schießen.“
       
       Deshalb sprach sich Steinbrück dafür aus, beim G20-Gipfel in der kommenden
       Woche eine vierköpfige Verhandlungsgruppe zu bilden, die aus
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Präsident Barack Obama, dem russischen
       Präsidenten Wladimir Putin und einem Spitzenvertreter der Arabischen Liga
       besteht. Diese Vierergruppe solle eine 72-stündige Waffenruhe herbeiführen,
       die für humanitäre Hilfe und einen Besuch von UN-Kontrolleuren genutzt
       werden könne. Anschließend müsse von diesem Gremium die Initiative für eine
       neue Syrien-Konferenz ausgehen, um dort zu einer Verhandlungslösung zu
       kommen.
       
       ## Untersuchung der UN-Inspektoren am Freitag abgebrochen
       
       Die UN-Chemiewaffeninspekteure in Damaskus sind am Freitag mit ihrem
       Autokonvoi zu einer neuen Untersuchung aufgebrochen, jedoch bereits nach
       wenigen Minuten wieder in ihr Hotel zurückgekehrt. Der Grund dafür war
       zunächst unklar. Vonseiten der Vereinten Nationen war zunächst kein
       Kommentar zu erhalten. Es sollte der letzte Tag sein, an dem das
       Expertenteam in der syrischen Hauptstadt Beweise sichert und Zeugen
       befragt, um einen mutmaßlichen Giftgasangriff am 21. August zu belegen.
       
       Am Samstag werden die Inspekteure nach UN-Angaben das Land verlassen. Die
       gesammelten Boden- und Blutproben werden dann mehrere Tage lang analysiert.
       Einige Teammitglieder werden persönlich Proben in verschiedene Labors in
       Europa bringen. Der endgültige Bericht könne deswegen „mehr als einige
       Tage“ auf sich wartenlassen, hatte UN-Sprecher Farhan Haq am Donnerstag
       gesagt.
       
       Doch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erwartet sich einen vorläufigen Bericht
       schon kurz nach der Abreise der Inspekteure aus Damaskus. Ban werde
       vorzeitig von seiner derzeitigen Reise nach Österreich nach New York
       zurückkehren, um sich dort auf die Prüfung des Berichts vorzubereiten,
       sagte Haq.
       
       30 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.lemonde.fr/politique/article/2013/08/30/hollande-au-monde-le-massacre-de-damas-ne-peut-ni-ne-doit-rester-impuni_3468851_823448.html
       
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