# taz.de -- Kommentar zum Wahlkampf: Linke nörgeln, Rechte handeln
       
       > Rechte wissen, dass Wahlen wichtig sind. Linke wollen dagegen lieber die
       > Klügeren sein, nicht die, die gewinnen. Das ist alles abscheulich.
       
 (IMG) Bild: Mit der rechten Faust ins Auge
       
       Was gehen mir diese Schlechtgelaunten auf die Nerven. Der Wahlkampf sei
       unpolitisch, der Kandidat: eine üble Charaktermaske! Die Politik, die er
       repräsentiert: nicht neu und schlimm und böse – alles in allem: Das bringt
       doch nichts! Aus diesen ersten zwei Sätzen ist leicht zu erschließen: Das
       sind Linke. Menschen, die sich auf Gesellschaftskritik verstehen und noch
       im klarsten Leitungswasser ein Haar schwimmen sehen; eines, das sie sich
       nur einbilden. Es sind Linke und Alternative, die hier gemeint sind. Ja:
       Sie und Sie und wahrscheinlich auch Sie. Oder: Ja, du bist gemeint, klar,
       auch du!
       
       Die Rede ist nicht von jenen, die sie immer meinen, wenn sie vom Linkssein
       sprechen, von Frauen und Männern in grotesk schlecht bezahlten Jobs, von
       Frisörinnen in der Provinz, von körperverschlissenen Hilfsbauarbeitern, von
       kaputten Putzfrauen und Männern, die in Backfabriken schuften. Die wissen,
       worum es bei Wahlen geht; die haben nämlich eine genaue Vorstellung davon,
       dass bereits eine leichte Verbesserung ihrer Lage es wert wäre, eine andere
       Partei zu wählen als jene, die bislang die Regierung stellen.
       
       Die Linken und Alternativen, die verachtet gehören, sind jene, die nie
       zufrieden sind. Die in Parteien der linken Sorte schon deren linke
       Grundierung nicht akzeptieren, weil es nie reicht zum echten Linkssein,
       immer nur sich selbst gespiegelt sehen wollen. Von Menschen muss also
       gesprochen werden, die selbst bei Bundestagswahlkämpfen bis in die
       LeserInnenbriefspalten hinein klugscheißern, dass am Ende nichts übrig
       bleibt – außer dem, was sie Politikverdrossenheit nennen, aber nur
       Verdrießlichkeit über das eigene Leben meint.
       
       Mich regen diese Linken nicht auf. Das wäre zu wenig: Ich verachte sie. Sie
       sind antipolitisch. Sie wollen bei Diskursen auf der richtigen Seite
       stehen, sie lieben die Deutungshoheit über jedes Register
       wissensbeschlagener Fußnoterei – aber eigentlich interessieren sie sich nur
       für sich selbst, nicht für Politik. Wäre es anders, wäre ihnen klar: Diese
       Regierung muss weg. Und was danach kommt, wird sich weisen, nicht schon
       theoretisierend vorher. Psychologisch gesehen haben diese Nörgler und
       Mäkler, die Programme so lieben und aus ihnen so viel Leben ziehen wie
       andere Leute aus Horoskopen, kein Interesse am Erfolg. Sie wollen,
       prinzipientreu, lieber die Klügeren sein, nicht aber die, die gewinnen.
       
       ## Steinbrück muss eine Zumutung sein
       
       Rechte – also jene, die Union und FDP wählen – wissen, dass solche
       antipolitischen Allüren zu Dinnerpartys gehören und beim Golfen in Kurorten
       wie Baden-Baden ihren Platz haben. Wenn es darauf ankommt, wählen sie
       selbstverständlich ihre Parteien, und zwar einerlei, wer deren Kandidaten
       gerade so sind. Sie unterscheiden zwischen „denen“, den Linken, und „uns“,
       den Schwarz-Gelben. Ein Kandidat bei denen (!) könnte afrikanisch sein,
       schwul oder sonst wie seltsam in deren Perspektive. Aber selbst wenn es ein
       schwarz-gelber Schrubber wäre, der da zur Wahl stünde – man machte sein
       oder ihr Kreuz bei dem: weil er zum eigenen Lager zählt.
       
       Einer wie Peer Steinbrück mag für politikgeschmäcklerische alternative
       Seelen eine Zumutung sein und grauslich, weil er weder so performt wie der
       Tom Jones der SPD dereinst, Gerhard Schröder, noch so Rotwein-weltverweht
       raunt wie Willy Brandt. Aber wäre er der Mann der Union, wüsste deren
       Basis, dass sie nicht zimperlich zu sein hat. Man wählt, weil man gewinnen
       will. Weshalb denn auch sonst?
       
       2 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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