# taz.de -- UN-Inspektoren bestätigen Sarin-Einsatz: Schuldfrage bleibt ungeklärt
       
       > Der UN-Bericht wird den Einsatz von Sarin oder verwandter Substanz
       > bestätigen, aber keine Angaben über die Verursacher des Verbrechens
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Giftags konnte nachgewiesen werden: Ein UN-Inspekteur sichert eine Erdprobe
       
       GENF taz | Seit mehr als zwei Wochen spricht die US-Regierung von konkreten
       und eindeutigen Beweisen dafür, dass die syrische Assad-Regierung für den
       Giftgaseinsatz vom 21. August verantwortlich ist – unter anderem durch
       Satellitenbilder und abgehörte Gespräche zwischen Mitgliedern der
       politischen und militärischen Führung in Damaskus. Doch bis heute wurde
       keiner dieser Beweise der Öffentlichkeit oder in geschlossener Sitzung dem
       UN-Sicherheitsrat präsentiert.
       
       Der Stabschef im Weißen Haus, Denis McDonough, räumte am Sonntagabend
       gegenüber dem TV-Sender CNN ein, dass die USA keine Beweise „jenseits
       vernünftigen Zweifels“ hätten, wie man sie zur Verurteilung in
       Gerichtsprozessen benötigt.
       
       Auf der anderen Seite haben auch die Regierungen Syriens und Russlands bis
       heute keine Belege für ihre Behauptung vorgelegt, syrische Rebellen seien
       für den Giftgaseinsatz vom 21. August verantwortlich.
       
       Klarheit über die Täterschaft wird auch der Bericht der UN-Inspekteure
       nicht erbringen, mit dessen Vorlage frühestens für das kommende Wochenende
       zu rechnen ist.
       
       Nach Informationen der taz wird der Bericht lediglich eine der vier Fragen,
       die für die Bestimmung der Täterschaft relevant ist, klar beantworten: Am
       21. August wurden verbotene Chemiewaffen eingesetzt – entweder Sarin oder
       ein ähnlich wirkendes Nervengift. Das ergab die Analyse von Bodenproben und
       von Körperflüssigkeiten der Opfer des Giftgaseinsatzes, die in mehreren von
       der UNO beauftragten Speziallabors vorgenommen wurden.
       
       Ein eindeutiger Beweis sind auch die stark verengten Pupillen der Opfer,
       die auf zahllosen Videoaufnahmen zu sehen sind und die von dem
       medizinischen Personal mehrerer Krankenhäuser gegenüber den UN-Inspekteuren
       bezeugt wurden.
       
       Ob die von den Inspekteuren gesammelten Munitionsteile sichere Rückschlüsse
       auf die Art der Trägerwaffen zulassen, mit denen das Giftgas verschossen
       wurde, wird derzeit noch untersucht. Bei Raketen und Bomben kämen nur die
       Regierungsstreitkräfte als Täter infrage, bei Artilleriegranaten auch die
       Rebellen.
       
       ## Offene Fragen
       
       Keine Aussage wird der UN-Bericht zu den beiden Fragen machen, von wo und
       von wem die Trägersysteme mit dem Giftgas verschossen wurden.
       
       Damit bleiben auch Versionen des Geschehens vom 21. August denkbar, für die
       bereits Ende August die in Dubai erscheinende Zeitung The National eine
       Reihe von Indizien lieferte.
       
       Danach habe die 155. Brigade der syrischen Regierungsstreitkräfte unter
       General Ghassan Abbas am 21. August mindestens fünf Giftgasgranaten auf von
       Rebellen gehaltene Orte östlich von Damaskus abgefeuert.
       
       Dabei habe General Abbas entweder auf eigene Faust und ohne Befehl von oben
       gehandelt, oder aber er und seine untergebenenen Kommandeure hätten nicht
       gewusst, dass die Granaten mit Giftgas gefüllt waren, schrieb The National
       unter Berufung auf eine sehr gut vernetzte Familie mit Kontakten zum
       syrischen Regime und zur Opposition. Beide Varianten dieser Version könnte
       Assad nicht eingestehen, weil damit klar würde, dass er nicht mehr die
       volle Kontrolle über seine Armee hat.
       
       ## Keine Angaben über Anzahl der Toten
       
       Auch zur Frage der Gesamtzahl der Todesopfer wird sich der UN-Bericht nicht
       äußern. Hier schwanken die Angaben noch immer erheblich. So spricht die
       US-Regierung von 1.429 Toten an zwölf Orten zumeist östlich von Damaskus.
       
       Das deckt sich mit Angaben der vom Westen unterstützten oppositionellen
       Syrischen Nationalen Koalition.
       
       Von der Nachrichtenagentur AP nach Namen gefragt, stellte die Koalition
       allerding nur eine Liste von 395 Opfern zur Verfügung. Die in London
       ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die nur
       namentlich identifizierte Opfer zählt, kommt bisher auf 502 Tote.
       
       ## Chemiewaffen abgeben
       
       US-Außenminister John Kerry hat am Montag die syrische Regierung
       aufgefordert, binnen einer Woche alle seine chemischen Waffen der
       internationalen Gemeinschaft auszuhändigen. Auf diese Weise könne ein
       US-Militärschlag gegen das syrische Regime verhindert werden, sagte Kerry
       in London.
       
       Dem schloss sich der russische Außenminister Sergei Lawrow an. So könne ein
       US-Angriff möglicherweise noch gestoppt werden, sagte er. Russische
       Nachrichtenagenturen melden, dass sogar der syrische Aussenminister Walid
       al-Muallim die Initiative begrüßt haben soll.
       
       Später erklärte das State Department zu Kerrys Rede, dieser habe seine
       Äußerung nur rhetorisch gemeint. Der US-Außenminister habe darauf
       abgezielt, dass diesem Diktator nicht zugetraut werden kann, die Waffen zu
       übergeben: „Sonst hätte er das schon längst getan.“
       
       9 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
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