# taz.de -- Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
       
       > ... fürchtet sich. Nicht vor den Folgen der Bundestagswahl. Aber vor der
       > Zukunft. In der die Welt in gute und schlechte Homos aufgeteilt wird.
       
 (IMG) Bild: Mund abwischen, weitermachen!
       
       … kriegt Muffensausen. Zwar bleibt nach dem Wahlergebnis vom vergangenen
       Sonntag die böse Mutti weiter an der Macht und es ist nicht damit zu
       rechnen, dass sie ihre Haltung gegenüber ihren abseitigen Sprösslingen
       ändern wird. Denn vor der Wahl hat sie noch einmal bestätigt, dass sie
       keine Argumente hat gegen die völlige Gleichstellung homosexueller Paare,
       dafür aber ein „schlechtes Gefühl“. Das ist würdelos für eine Kanzlerin,
       passt aber zur rautengestählten Rolle als Landesmutter.
       
       Nein, vor ihr muss sich der homosexuelle Mann nicht mehr fürchten, zu lange
       kennt er ihre Abneigung. Vielmehr in Bedrängnis gerät er, sobald aus
       Karlsruhe das letzte hochrichterliche Signal kommt zur völligen
       Gleichstellung. Das Gatter wird sich dann öffnen, und die Herde trabt aufs
       weite Feld. Und was kommt dann? Die große Freiheit? Das kleine Paradies?
       Einen Blick nach vorne wirft Martin Reichert in der Oktober-Ausgabe des
       Homo-Magazins Männer. „Frisch geduscht im Reihenhaus“, lautet seine Vision,
       die endgültige Simulation der „heterosexuellen Lebensweise“ stehe auf dem
       Plan. „In Zukunft aber wird es wohl einen regelrechten Graben geben, der
       die einstige Community teilt“, schreibt Reichert weiter: „Unterschieden
       wird dann in gute Homos und schlechte Homos.“ Die guten Homos: verpartnert
       und monogam, und die Bösen ficken weiter wie bisher.
       
       Schon die Vorabveröffentlichung des Textes auf Facebook führte zu einer
       hitzigen Debatte: Homo- vs. Heteronormativität? Spießer- contra
       Szene-Homos? Der Startschuss zum Kulturkampf der warmen Brüder, die jetzt
       keine Brüder mehr sein wollen, ist gefallen – noch vor dem Urteil des
       höchsten Gerichts. Frank und frei wird gesprochen von der „monogamen und
       ehrlichen Lebensweise“, der ein „moralisch anspruchsloser Lebensstil“
       entgegensteht. Dieser Lebensstil, der in „ekligen Schuppen“ praktiziert
       wird, werde immer noch „normativ verstärkt und bejaht“ und „als spezifisch
       schwuler Lebensstil dargestellt“. Schuld daran – wer könnte es anders sein
       – seien die „68er“, just jene, „denen eine Gleichstellung mit dem
       etablierten, heteronormativen Lebensmodell nicht passt“. Denn gehe „es nach
       den 68ern, muss alles zergendert und dekonstruiert werden“.
       
       Gleichmacherei beklagt die Gegenseite: „Alternative Lebensformen werden
       immer mehr ausgeblendet“ oder „Wie viel Vielfalt kostet also Gleichheit?“,
       wird in die virtuelle Runde gefragt. Ohne Antwort, aber: „Zum Glück gibt es
       noch einen riesigen Haufen von bunten, schrillen, unangepassten, dreisten
       und lauten Homos, die die Straßen unsicher machen. Herrlich!“
       
       Ein Hauen und Stechen also, nicht zum ersten Mal seit der Erfindung des
       homosexuellen Mannes. Jene, die in die Mitte wollen, gegen die, denen das
       Ghetto Platz genug bietet. Die Integrationisten gegen die Unbelehrbaren.
       Die Ein-Eher gegen die Hedonisten. Aber auch das zeigt die Geschichte: Für
       Schwule – egal auf welcher Seite des Grabens – gab es noch nie
       Fleißkärtchen von Menschen wie Mutti Merkel und dem großen heterosexuellen
       Rest.
       
       23 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elmar Kraushaar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Schwule
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Homosexuelle
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Russland
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       … konnte sich vergangene Woche in der „GQ“ küssende Hetero-Männer ansehen –
       für mehr Toleranz. Alle fanden es toll und mutig. Warum bloß?
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
       
       ... wird künftig mit Fragen konfrontiert, die noch vor zwanzig Jahren
       völlig utopisch waren, denn es geht um seine adoptierten Kinder.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       … gerät wieder in alte Fahrwasser. „Schwul = Kinderficker“ war eine
       Gleichung, die noch vor ein paar Jahrzehnten absolut geläufig war.
       
 (DIR) Trotz des Urteils aus Karlsruhe: Union verweigert Homo-Gleichstellung
       
       Eigentlich müssen eingetragene Lebenspartner steuerlich Ehepaaren
       gleichgestellt sein. Doch die Regierung hintergeht die Reform auf dem
       Verwaltungsweg.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
       
       Die Russen formulieren derzeit die steilsten Thesen in der Homo-Forschung,
       haben aber beträchtliche Konkurrenz. Ein tierischer Wettkampf.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
       
       Ein böser Schwuler und ein guter Schwuler stehen im Mittelpunkt von zwei
       aktuellen Affären: Lele Mora und Glenn Greenwald.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       … ist für viele das Böse schlechthin. Mit dem Fingerzeig auf den
       ideologischen Gegner oder religiös Anderen wird er eingesetzt als
       Inkarnation der Heimtücke und der Verderbtheit.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       „Pro Köln“ – bekannt als rechtsextrem, ausländer- und verfassungsfeindlich!
       Und die Kölner CSD-Organisatoren tun so, als könne man sich seine Freunde
       nicht aussuchen.