# taz.de -- Gaslagerung und Erdbeben in Spanien: 400 Erschütterungen in vier Wochen
       
       > An der spanischen Mittelmeerküste häufen sich Erdbeben, seit ein
       > Erdgaslager gefüllt wird. Urlaubsgebiete und zwei Atomkraftwerke liegen
       > in der Nähe.
       
 (IMG) Bild: Unter dieser Plattform liegt das Gas, das Spanien zittern lässt.
       
       MADRID taz | Das spanische Unternehmen Escal UGS hat mit einem
       unterirdischen Gaslager schlafende Naturgewalten geweckt. Seit Anfang
       September pumpt Escal Erdgas in ein ausgebeutetes Erdöllager 1.800 Meter
       unter dem Meeresgrund vor der spanischen Mittelmeerküste – gleichzeitig
       wird die Region unweit der Urlaubsgebiete für Millionen Europäer von
       Erdbeben erschüttert.
       
       Über 400 Mal zitterte die Erde in der Nähe der Ebro-Mündung in den
       vergangenen vier Wochen, zwei Beben erreichten eine Stärke von 4,1 auf der
       offenen Richterskala – sie waren bis ins 200 Kilometer entfernte Barcelona
       spürbar. Zuletzt wackelte die Erde am Samstag.
       
       Vor allem in den besonders betroffenen Küstenorten Vinaròs und Alcanar ist
       man besorgt. Denn nur wenige Dutzend Kilometer entfernt liegen in Ascó und
       Vandallòs zwei der sieben spanischen AKWs. Der Chef der Regionalregierung
       der Autonomen Region Valencia, Alberto Fabra, versuchte am Samstag, die
       Sorgen der Bürger zu beschwichtigen.
       
       Jede Tätigkeit im Erdgaslager sei eingestellt worden, sagte er zu
       Bürgermeistern der Region. In mehreren Dörfern protestierten Hunderte auf
       den Straßen gegen das „Proyecto Castor“ von Escal UGS.
       
       So hat die Betreiberfirma das Erdgaslager 22 Kilometer vor der Küste
       genannt. Escal gehört zu zwei Dritteln der Firma ACS von Real Madrids
       Präsident Florentino Pérez, die 2011 den deutschen Baukonzern Hochtief
       aufkaufte. Das Lager ist das größte unterirdischen Gasreservoir des Landes.
       Kostenpunkt: 1,3 Milliarden Euro.
       
       ## Keine Studien über Erdbebengefahr unternommen
       
       Rein passt eine Gasmenge, wie sie in Spanien in 17 Tagen verbraucht wird.
       Allerdings: Bei der Planung scheint geschlampt worden zu sein. Bei der
       Studie über Umweltverträglichkeit seien keine Untersuchungen über die
       Erdbebengefahr in der Region unternommen worden, heißt es aus dem
       Umweltministerium.
       
       Es werde kein größeres Erdbeben mehr geben, versicherte Escal UGS. Die
       durch die Region führende tektonische Spalte von Amposta habe sich nicht
       bewegt, die Beben in den Provinzen Castellón und Tarragona seien durch
       kleinere Verwerfungen verursacht worden, erklärte Firmenpräsident Recaredo
       del Potro. Zunächst hatte er sich geweigert, die Gaslagerung als Ursache
       für die Erdstöße anzuerkennen.
       
       Doch Industrieminister José Manuel Soria sieht das allderdings anders. Der
       Konservative hat keinen wissenschaftlichen Beweis. Doch er hält einen
       direkten Zusammenhang zwischen Erdgasverfüllung und Erdbeben inzwischen für
       „sehr wahrscheinlich“. Soria ließ Ende vergangener Woche die Anlage auf
       unbestimmte Zeit stoppen, „bis jede Gefahr für die Bevölkerung
       ausgeschlossen werden kann“.
       
       Für Escal UGS könnte es dick kommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit
       Ende vergangener Woche gegen die Firma. Am Samstag landete sogar ein
       Hubschrauber der paramilitärischen Polizei Guardia Civil auf der Plattform
       vor der Küste, von wo aus das Gas in das Lager gepumpt wurde. Damit sollte
       überprüft werden, ob der Betriebsstopp tatsächlich auch eingehalten wird.
       
       Der grünen Partei Equo ist der Befüllungsstopp nicht genug. Ihr Sprecher,
       Juan López de Uralde, fordert eine Abschaltung der beiden nahe gelegenen
       Atomkraftwerke Ascó und Vandallòs. „Wenn niemand sagen kann, wie sich die
       Lage weiterentwickelt, ist es besser vorzusorgen“, erklärte er – und
       verwies auf die Katastrophe im japanischen Fukushima.
       
       6 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Erdbeben
 (DIR) Erdgas
 (DIR) Erdöl
 (DIR) Atomkraftwerk
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Urlaub
 (DIR) Erdöl
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Pakistan
 (DIR) Zugunglück
 (DIR) Spanien
 (DIR) Unesco
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Suche nach Gas-Alternativen: Die spanische Energieinsel
       
       Die iberische Region ist gut mit Gas aus Algerien und Strom aus
       erneuerbaren Quellen versorgt. Aber etwas Entscheidendes fehlt.
       
 (DIR) Zu Besuch im Paradies: Nachhaltig superreich
       
       In den 1960er Jahren feierte im spanischen Sotogrande der Jetset. Heute
       möchte man dort – auf eher diskrete Art – unter sich bleiben.
       
 (DIR) Erdölsuche vor spanischen Inseln: Bohren im Urlaubsparadies
       
       Unternehmen wollen nahe der Balearischen und Kanarischen Inseln Erdöl
       fördern. Aber in den Regionen wächst der Widerstand.
       
 (DIR) Cäsium-Belastung vor Fukushima: Meerwasser stark verstrahlt
       
       Innerhalb kurzer Zeit ist die Belastung des Meerwassers vor Fukushima mit
       radioaktivem Cäsium stark angestiegen. Die Ursache könnten Bauarbeiten
       sein.
       
 (DIR) Eine Insel ward geboren: Hanf und Himbeeren
       
       In Pakistan ist nach einem Erdbeben ein Eiland aus dem Meer aufgetaucht.
       Was macht man eigentlich damit? Unser Autor hätte da ein paar Ideen.
       
 (DIR) Zugunglück in Spanien: Keiner will es gewesen sein
       
       Über die genauen Ursachen der Katastrophe bei Santiago de Compostela mit 78
       Toten wird immer noch gerätselt. Der Lokführer gilt offiziell als
       verhaftet.
       
 (DIR) Korruption in Spanien: Rajoy ignoriert die Wut
       
       Tausende fordern den Rücktritt des spanischen Premiers wegen illegaler
       Finanzgeschäfte seiner Partei. Diese verhindert eine Fragestunde.
       
 (DIR) Spanischer Nationalpark Donana: Ein paar Früchtchen zu viel
       
       Viele Erdbeeren, wenig Wasser: Weil Bauern illegal Grundwasser abzapfen,
       ist ein spanischer Nationalpark gefährdet.