# taz.de -- Vergangenheitsaufarbeitung in Spanien: Opfer oder Täter?
       
       > Die katholische Kirche spricht 522 Ordensangehörige selig, die im
       > Bürgerkrieg getötet wurden. Den „Akt des Friedens und der Aussöhnung“
       > finden nicht alle gut.
       
 (IMG) Bild: Warten auf die Seligsprechung von von 522 im Bürgerkrieg getöteten Kirchenleuten am Sonntag in Tarragona.
       
       MADRID taz | Spaniens Bischofskonferenz hat am Sonntag 522 Bischöfe,
       Priester und Ordensangehörige selig gesprochen, die im Spanischen
       Bürgerkrieg (1936–1939) ermordet worden waren. 25.000 Gläubige kamen zu der
       Messe in der Kathedrale im katalanischen Tarragona, unter ihnen die Innen-
       und Justizminister der konservativen Regierung sowie der Autonomiepräsident
       Artur Mas.
       
       Die Zeremonie wurde von der katholischen Kirche als „Akt des Friedens und
       der Aussöhnung“ gepriesen. Kritiker sprechen von einer Veranstaltung, „die
       alte Wunden wieder öffnet“. Die Seliggesprochenen gelten der katholische
       Kirche Spaniens als „Märtyrer des 20. Jahrhunderts“. Die religiösen
       Würdenträger und Ordensangehörigen waren im Bürgerkrieg durch Handlungen
       der Truppen und Milizen ums Leben gekommen, die Spaniens Republik gegen den
       faschistischen Putsch unter General Franco verteidigten.
       
       Sie seien „Opfer einer religiösen Verfolgung“. „Es sind Tausende, die
       damals das höchste Zeugnis ihres Glaubens ablegten“, schreibt der Kardinal
       Martínez Sistach in einem Hirtenbrief. Vor der Messe am Sonntag waren 1001
       „Märtyrer“ selig gesprochen worden.
       
       „Die Ehrung unser Brüder und Schwestern richtet sich gegen niemanden“,
       versicherte angesichts der Kritik der Erzbischof von Tarragona Jaume Pujol.
       So warnte die Gruppe Pluralistische Kirche davor, dass die Zeremonie „nicht
       dazu beiträgt, alte Wunden zu heilen, sondern im Gegenteil“. Zudem sieht
       die Organisation, die für Reformen der Amtskirche eintritt, die Gefahr
       eines „Überschwangs spanisch-nationalistischer Gefühle“.
       
       Die Messe fand nur einen Tag nach dem spanischen Nationalfeiertag statt,
       und das in Katalonien, einer Region, die sich von Spanien loslösen möchte.
       Die Wahl der Kathedrale von Tarragona sei „paradox“, heißt es weiter. Denn
       der dortige Kardinal in den Jahren des Bürgerkrieges, Francisco Vidal y
       Barraquer, war das einzige Mitglied der spanischen Kirchenhierarchie, das
       sich weigerte, den Franco-Putsch als „Kreuzzug“ zu verteidigen. Er starb
       1943 im Schweizer Exil.
       
       ## 1.700 Unterschriften für ein Manifest
       
       Die Koordination für Laizismus und Würde – ein Zusammenschluss von
       Organisationen, Parteien und Gewerkschaften in Tarragona – sammelte vor der
       Messe 1.700 Unterschriften für ein Manifest. „Der Putsch gegen die legitime
       Regierung der Republik […] wurde von der Kirche als Kreuzzug bezeichnet.
       
       Er führte zu einem dreijährigen Bürgerkrieg mit Hunderttausenden von Toten,
       Verletzten, Hingerichteten, Exilierten und zu 40 Jahren Diktatur, die die
       ganze Zeit mit dem Segen und der Unterstützung der Kirche rechnen konnte“,
       heißt es dort. „Nach dem Krieg wurden nur die Opfer der Siegerseite
       entschädigt […] den Besiegten wurde bis heute nicht erlaubt, nach vielen
       der Verschwundenen zu suchen.“
       
       Angehörige der Opfer der Franco-Repression sprechen von über 2.000
       Massengräbern, die nicht geöffnet worden sind. Die konservative Regierung
       hat den Angehörigen der Opfer der Repression und Diktatur alle Zuschüsse
       gestrichen.
       
       13 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Bürgerkrieg
 (DIR) Katholische Kirche
 (DIR) Spanien
 (DIR) Spanien
 (DIR) Spanien
 (DIR) Spanien
 (DIR) Baltazar Garzón
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Exhumierung von spanischen Putschisten: Späte Gerechtigkeit
       
       In Pamplona werden Emilio Mola und José Sanjurjo nicht mehr geehrt. Ihre
       sterblichen Überreste wurden aus dem Mausoleum entfernt – die Rechte ist
       empört.
       
 (DIR) Kein Referendum über Unabhängigkeit: Katalonien bleibt erstmal spanisch
       
       Über eine Loslösung Kataloniens entscheidet ganz Spanien, sagen die
       obersten Richter in Madrid – stellen aber auch klar: Die Verfassung kan man
       ändern.
       
 (DIR) Faschistische Symbole in Spanien: „Keine Konsequenzen“
       
       Das Zeigen von Faschismus-Symbolen ist in Spanien nicht verboten, sagt der
       Staatsanwalt Miguel Ángel Aguilar. Nur in den Fußballstadien, dafür gibt es
       ein Gesetz.
       
 (DIR) Folterer der Franco-Diktatur: Spanien billigt Übergabe
       
       Zwei mutmaßliche Folterer der Franco-Diktatur müssen mit einer Auslieferung
       nach Argentinien rechnen. Eine endgültige Entscheidung steht aber noch aus.
       
 (DIR) Spaniens Vergangenheitsbewältigung: Haftbefehl gegen Franco-Verbrecher
       
       Gegen argentinische und chilenische Militärs durfte der spanische Richter
       Garzón ermitteln. Gegen Franco-Generäle klagt nun eine argentinische
       Richterin.
       
 (DIR) Keine Aufarbeitung der Franco-Diktatur: Ermittler Garzón als Angeklagter
       
       Weil ein Amnestiegesetz die Verbrecher der Franco-Diktatur schützt, muss
       sich der Starermittler vor Gericht verantworten. Nun sagen Angehörige der
       Opfer für ihn aus.
       
 (DIR) Spanischer Bürgerkrieg: Ein Blick zurück ohne Groll
       
       Vor 70 Jahren endete der Spanische Bürgerkrieg. Exilierte, Zurückgekehrte
       und ihre Kinder berichten bis heute von einer inneren Zerrissenheit.