# taz.de -- Streit um Sicherungsverwahrung: Jetzt droht Hungerstreik
       
       > In der JVA Rosdorf wollen 13 Sicherungsverwahrte das Essen verweigern,
       > wenn ihre Haftbedingungen nicht verbessert werden.
       
 (IMG) Bild: Nicht länger in Zellen untergebracht: Blick in einen Wohnraum für Sicherungsverwahrte im Rosdorfer JVA-Neubau.
       
       HANNOVER taz | Nun droht Hungerstreik: Insgesamt 15 Forderungen hatten 13
       Sicherungsverwahrte aus der Justizvollzugsanstalt Rosdorf bei Göttingen dem
       niedersächsischen Justizministerium gestellt – mit Ultimatum bis zum
       gestrigen Dienstag. Man wolle das Äußerste verhindern, beteuern Ministerium
       wie JVA-Leitung zwar gleichermaßen. Eingegangen ist man dennoch auf kein
       einziges Begehr der Sicherungsverwahrten.
       
       Die reichen von eher Alltäglichem – die Verfügbarkeit von Kaugummi,
       Backpulver oder Cayennepfeffer – bis zu Grundsätzlichem: So werden etwa zu
       hohe Hindernisse für begleitete Ausgänge bemängelt. Die stehen den
       einstigen Straftätern, die auch nach Verbüßen einer Haftstrafe noch als
       gefährlich gelten, gesetzlich mindestens ein Mal im Monat zu. Unterbleibe
       das, werde das sogenannte Abstandsgebot zwischen Sicherungsverwahrung und
       Strafvollzug verletzt, heißt es in dem Forderungskatalog – unterzeichnet
       von 13 der derzeit insgesamt 23 Sicherungsverwahrten in Rosdorf.
       
       Mangelnde Unterschiede zwischen Strafvollzug und Sicherungsverwahrung
       standen auch im Zentrum der Kritik des Bundesverfassungsgerichts im Jahr
       2011. In der Folge jenes Urteils begannen die Länder, ihre
       Sicherungsverwahrung neu zu regeln – Niedersachsens damaliger
       Justizminister Bernd Busemann (CDU) etwa plante in Rosdorf ein komplett
       neues Gebäude. Den 12,5 Millionen Euro teuren Bau eröffnete im Mai dann
       seine Amtsnachfolgerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne), im Juni zogen die
       Sicherungsverwahrten ein. Sie waren zuvor in der JVA Celle untergebracht,
       in Zellen wie gewöhnliche Strafgefangene. In Rosdorf leben sie nun in
       23-Quadratmeter-Appartments mit Kochnische, Dusche, Telefon.
       
       Man hoffe sehr, dass es dort jetzt nicht zum Hungerstreik komme, ließ die
       Justizministerin ihre Sprecher erklären. Lösen soll das Problem nun die
       Anstaltsleitung, das Ministerium hat sich bislang nicht eingeschaltet. „Wir
       sind im intensiven Austausch mit den Unterzeichnern“, sagt die Rosdorfer
       JVA-Leiterin Regina Weichert-Pleuger. Für den heutigen Mittwoch plant sie
       ein Gespräch mit den 13 Protestierenden. Schriftlich hatte sie schon am
       Montag alle Eingaben beantwortet – und den Forderungen eine Absage erteilt.
       
       Die meisten Punkte seien zu „pauschal gehalten“, sagt Weichert-Pleuger der
       taz. So würden etwa unzureichende Regelungen für Langzeitbesuche
       beanstandet – „was genau unzureichend sein soll, wird uns aber nicht
       erklärt“. Auch bekämen die Sicherungsverwahrten sehr wohl Ausgang, „müssen
       vorher aber einen Antrag stellen“. Kaugummis oder Backpulver enthalte man
       den Betroffenen schlicht aus Sicherheitsgründen vor: Backpulver eigne sich
       zum Bombenbau, mit Kaugummis ließen sich Schlösser verkleben.
       
       „Wir wollen die Möglichkeiten des Abstandsgebots gemeinsam mit den
       Sicherungsverwahrten nutzen“, versichert die Anstaltsleiterin, „das ist
       aber zwangsläufig auch damit verbunden, dass es Wünsche gibt, die wir aus
       Sicherheitsgründen nicht erfüllen können.“ Weichert-Pleuger hofft, dass die
       Sicherungsverwahrten in Konfliktfällen künftig die Gerichte zur Klärung
       einschalten, statt mit Hungerstreik zu drohen. „Wir wollen nicht, dass sie
       glauben, sie müssten ihre Interessen damit durchsetzen.“
       
       In der JVA Celle hatten Sicherungsverwahrte 2011 fünf Wochen lang das
       Anstaltsessen verweigert. Sie forderten damals unter anderem mehr
       Freigänge, einen Sportraum und den Bezug von Pay-TV. Im September 2012
       wurde erneut ein Streik angedroht, der Forderungskatalog nach Gesprächen
       mit Anstaltsleitung und Psychologen aber fallen gelassen. Auch in Rosdorf
       verweigerten einzelne Sicherungsverwahrte schon im Juni – nur Wochen nach
       der Verlegung aus Celle – kurzzeitig das Essen. Wie konsequent das geschah,
       ist für Anstaltsleitung und Justizministerium aber schwer nachzuvollziehen:
       In Rosdorf sind die Sicherungsverwahrten Selbstversorger.
       
       16 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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