# taz.de -- Deutsche Parteispenden-Kultur: Sie tun das auch gratis
       
       > Die Hauptaktionäre von BMW geben der CDU sehr viel Geld. Der Vorwurf der
       > Bestechlichkeit ist aber ungerecht. Und greift nicht weit genug.
       
 (IMG) Bild: Eine ehrenwerte Familie: Stefan Quandt und Susanne Klatten begleiten ihre Mutter Johanna zum Kauf eines großen Verdienstkreuzes.
       
       Die Familie Quandt wollte nicht „den Eindruck einer Beeinflussung des
       Wahlkampfs“ erwecken, so ließ sie einen Sprecher mitteilen, und sie hat
       deshalb der CDU ihre Großspende von 690.000 Euro erst im Oktober zukommen
       lassen.
       
       Diese bemerkenswert offenherzige Erklärung fasziniert nicht nur wegen ihrer
       Dreistigkeit – deutlicher lassen sich Täuschungsabsichten kaum formulieren
       –, sondern auch wegen ihrer Naivität. Wenn der Familie daran gelegen war,
       öffentliches Aufsehen zu vermeiden, dann hätte sie kaum einen dümmeren
       Zeitpunkt für die Überweisung finden können.
       
       Da der Geldregen für die Christdemokraten, ausgeschüttet von den
       BMW-Hauptaktionären, ausgerechnet mit dem Widerstand der Bundesregierung
       gegen schärfere EU-Abgasnormen für die Autoindustrie zusammenfällt, braucht
       sie sich über den Verdacht der Käuflichkeit ihrer Entscheidungsträger nicht
       zu wundern.
       
       Daran hätte übrigens auch der Schatzmeister der Partei denken müssen.
       Schließlich war ihm die Spende schon vor längerer Zeit in Aussicht gestellt
       worden. Es wäre klug gewesen, die großzügige Familie Quandt höflich zu
       bitten, das Geld noch ein wenig länger zu behalten. Vielleicht gar bis nach
       Abschluss der Koalitionsverhandlungen? Weil sich dann nämlich viel weniger
       Leute lautstark entrüsten würden?
       
       ## Tröstlicher Dilletantismus
       
       Wenn irgendetwas tröstlich ist im Zusammenhang mit der ganzen Affäre, dann
       ist es der Dilettantismus der Akteure. Sie halten sich für raffiniert und
       sind nicht einmal schlau.
       
       Der Vorwurf der Bestechlichkeit ist allerdings vermutlich ungerecht. Die
       Realität ist schlimmer. Nicht nur die CDU stellt die Interessen der
       Autoproduzenten über den Umweltschutz, also über das Gemeinwohl. 1999 zwang
       der Sozialdemokrat Gerhard Schröder den grünen Umweltminister Jürgen
       Trittin, die geplante Altautorichtlinie der EU im Ministerrat abzulehnen.
       
       Man sieht: Deutsche Politiker muss man nicht einmal dafür bezahlen, die
       Interessen der heimischen Industrie zu schützen. Sie tun das auch gratis.
       Die Angst vor schlechten Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten genügt.
       
       Wie verführerisch überzeugend sich alle Theorien über Korruption und
       Bestechlichkeit auch anhören mögen, im Kern geht es beim Thema Großspenden
       um etwas anderes: um Chancengleichheit. Je mehr Unternehmensspenden eine
       Partei bekommt, desto leiser fällt ihre Beschwerde über großzügige Gaben an
       die Konkurrenz aus. So war es immer, so ist es heute. Die Empörung der SPD
       verhielt sich stets umgekehrt proportional zu den eigenen Einnahmen.
       
       ## 100 Meter Rückstand
       
       Die einzige Bundestagspartei, die in dieser Hinsicht keine Abwägung
       zwischen Eigeninteresse und demokratischen Grundsätzen vornehmen muss, ist
       die Linke. Auch das ist nicht besonders erstaunlich. In der Tat gibt es
       wenig Anlass für die Großindustrie, deren Kasse zu füllen. Das bedeutet
       konkret, dass die Linke grundsätzlich 100 Meter hinter allen Mitbewerbern
       startet.
       
       Ein altes Argument – welches Argument ist eigentlich nicht alt im
       Zusammenhang mit dem ewigen Thema Parteispenden? – zugunsten von
       Großspenden lautet: Eine Partei muss über genügend Geld verfügen, um ihren
       Standpunkt überhaupt bekannt machen zu können und wahlkampffähig zu sein.
       Die hinreichende Finanzierung von Parteien ist also ein
       demokratietheoretisches Gebot.
       
       Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Um eine wirklich demokratische Wahl
       gewährleisten zu können, müssen gerechte Ausgangsbedingungen herrschen.
       Gegenwärtig herrschen die nicht. Es ist wahr, dass Parteien ohne Spenden
       weniger Geld für flächendeckende Plakatkampagnen zur Verfügung hätten. Wahr
       ist aber auch: Plakate würden niemandem fehlen.
       
       Gegenwärtig wird über die Deckelung von Parteispenden diskutiert. Warum?
       Was spricht denn eigentlich dagegen, Spenden an Parteien ganz zu verbieten?
       
       16 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
       ## TAGS
       
 (DIR) BMW
 (DIR) CDU
 (DIR) Parteispenden
 (DIR) Familie Quandt
 (DIR) Schwerpunkt Parteispenden-Watch
 (DIR) Parteispenden
 (DIR) Schwerpunkt Parteispenden-Watch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Großspenden von Unternehmen: Zuwendungen an Parteien halbiert
       
       Nach der Bundestagswahl sorgten großzügige Parteispenden für Kritik. Im
       ersten Halbjahr 2014 gingen diese deutlich zurück, nur zwei Autofirmen
       spendeten über 50.000 Euro.
       
 (DIR) Industrie zeigt sich weiter spendabel: 565.000 Euro für die CDU
       
       Erneute Großspende für die CDU: nun vom Verband der bayerischen Metall- und
       Elektroindustrie. LobbyControl fordert Transparenz in Sachen Quandt-Geld.