# taz.de -- Kommentar Grüne: Ende einer Hassliebe
       
       > Nach dem Aus für Rot-Grün will die Partei eigenständig sein – mal wieder.
       > Doch dazu muss sie lernen, Widersprüche auszuhalten.
       
 (IMG) Bild: Die Souveränität der Partei ist ein Trostpflaster auf der 8,4-Prozent-Verletzung
       
       Rot-Grün ist tot. Dieser Satz gilt nicht für die Ewigkeit, aber für die
       nähere politische Zukunft der Republik. Zum dritten Mal sind die Grünen bei
       einer Bundestagswahl daran gescheitert, eine Mehrheit für ihre
       Lieblingsoption zu gewinnen. Es ist deshalb richtig und konsequent, dass
       sie sich nun in Richtung CDU und Linkspartei öffnen.
       
       Die Grünen verabschieden sich damit von einer Hassliebe: Die Nähe zur SPD
       war nie sehr innig und nie frei von Widersprüchen. Sicher, im Sozialen sind
       die Schnittmengen mit den Sozialdemokraten größer als mit der CDU. Aber die
       Ökologie, die grüne Herzensangelegenheit schlechthin, war keine
       Leidenschaft der kohleverliebten SPD. Mit ihr eine engagierte Energiewende
       hinzubekommen würde ähnlich schwierig wie mit der wendigen Angela Merkel.
       Wird also alles gut, wenn die Grünen nun ihre berühmte Eigenständigkeit
       betonen?
       
       Keineswegs. Die Souveränität ist ein Trostpflaster auf der
       8,4-Prozent-Verletzung. Zu Ende gedacht hat die Partei sie bisher nicht.
       Denn erstens liegen die neuen Machtoptionen nur bedingt in grüner Hand. Die
       SPD muss ihr Trauma mit der Linkspartei alleine klären, da sind die Grünen
       nur Zuschauer.
       
       Zweitens bleibt nach der kollektiven Selbstfindung auf dem grünen Parteitag
       ein Zeitschleifengefühl: Eigenständig will die Ökopartei seit Jahren sein.
       Sie kriegt es nur nicht hin. Im Wahlkampf kettete sie sich wieder an die
       SPD, weil viele ihrer Wähler eine tiefe Abneigung gegen Schwarz-Grün hegen.
       Selbst Robert Habeck knickte ein, der in Schleswig-Holstein zunächst
       Eigenständigkeit hochhielt, aus Furcht vor Verlusten letztlich aber
       einschwenkte.
       
       ## Dialog mit CDU und Linker
       
       Zum neuen Kurs gehört daher zwingend der Mut, den Widerspruch zwischen
       Strategie und Wählerwillen auszuhalten. Die Partei braucht einen Dialog mit
       der CDU, sie muss die Öffentlichkeit vom Sinn eines schwarz-grünen
       Bündnisses überzeugen statt verklemmt darüber zu schweigen. Gleiches gilt
       für Rot-Rot-Grün. Wenn die Grünen diese Option wollen, zwingen sie die
       Linkspartei offenzulegen, ob die Linke überhaupt Verantwortung übernehmen
       will.
       
       Die Grünen werden in den nächsten vier Jahren eingeklemmt sein – zwischen
       einer sozialdemokratisch agierenden Großen Koalition und einer
       profilierungssüchtigen Linkspartei mit Empörungssound. Aus dieser Lage
       heraus in beide Richtungen Bündnisse vorzubereiten ist eine echte
       Herausforderung.
       
       20 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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