# taz.de -- Steuerdeal von Susanne Gaschke: Zeit für letzte Hilferufe
       
       > Die Kommunalaufsicht prüft disziplinarrechtliche Schritte gegen die
       > Kieler Oberbürgermeisterin. Ein Abwahlverfahren ist dennoch
       > unwahrscheinlich.
       
 (IMG) Bild: Die Kieler Oberbürgermeisterin (SPD) hat nur noch wenige Unterstützer.
       
       KIEL taz | Einen Fan hat die Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke
       immerhin noch. Ein Privatmann schreibt Brief um Brief an alle denkbaren
       Institutionen: an die Frauenbeauftragte des Bundes, an EU-Behörden und
       Verbände. Man möge sich doch für die bedrängte SPD-Politikerin einsetzen.
       Die Hilferufe des Mannes dürften indes ungehört verhallen. Dafür hat
       Gaschke, die Quereinsteigerin im Rathaus, sich zu weit verrannt in einen
       Fall, der als lokaler Skandal begann und dann immer größere Dimensionen
       annahm.
       
       Die Ex-Zeit-Journalistin hatte im Sommer einem Arzt und Klinikbetreiber
       Mahngebühren von 3,7 Millionen Euro erlassen, wenn er im Gegenzug Steuern
       aus Immobiliengeschäften von 4,1 Millionen zahle. Dass Gaschke so eine
       Entscheidung nicht allein hätte treffen dürfen, hatte die Kommunalaufsicht
       des Landes bereits vor Wochen erklärt. Nun entschied die Behörde auch in
       der Sache: Gaschkes Steuerdeal war rechtswidrig, und [1][er verstößt gegen
       EU-Beihilferecht].
       
       Die Oberbürgermeisterin schweigt zu dieser neuen Wendung: „Es laufen
       mehrere Verfahren gegen mich, deshalb werde ich mich nicht äußern“, sagte
       sie der Deutschen Presse-Agentur. So wird nun über sie statt mit ihr
       geredet: Die Fraktionen im Kieler Stadtrat beraten, ob und wie sie mit der
       angeschlagenen Bürgermeisterin weiterarbeiten sollen – oder eben auch
       nicht.
       
       Seit Anfang Oktober ist Gaschke nicht mehr im Rathaus aufgetaucht: Erst
       reiste sie zu einem Kongress ins Ausland, seither ist sie krankgeschrieben.
       Anfang kommender Woche soll sie wieder im Büro sein, am Donnerstag in einer
       Woche tagt der Stadtrat. Dort konnte die SPD-Bürgermeisterin vor dem
       Skandal auf eine stabile Unterstützung bauen, die starke SPD-Fraktion
       kooperiert mit den Grünen und der Minderheitenpartei Südschleswigscher
       Wählerverband (SSW).
       
       ## Bröckelnde Solidarität
       
       Aber deren Solidarität bröckelt. Immer neue Stimmen aus der städtischen wie
       der Landespolitik fordern Gaschke zum Rücktritt auf. Ihr Parteifreund,
       SPD-Landeschef Ralf Stegner, sprach von „Konsequenzen“, die die
       „Verwaltungsspitze“ ziehen müsse – der kühle Ton spiegelt die Haltung zum
       Fall Gaschke unter den Sozialdemokraten wider.
       
       Sie ist auf geradezu eisige Temperaturen abgekühlt, seit Gaschke versucht
       hatte, ihren Amtsvorgänger, den schleswig-holsteinischen
       Ministerpräsidenten Torsten Albig, mit in die Verantwortung zu ziehen. Denn
       Innenminister Andreas Breitner streitet sich mit Gaschkes Ehemann, dem
       SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels, über ein Gespräch in seinem
       Amtszimmer.
       
       Dabei soll der Kieler Abgeordnete Bartels gesagt haben, dass er Hilfe
       seitens der Landesregierung für die Bürgermeisterin erwarte. Wenn nicht,
       werde eine SMS Albigs an Gaschke veröffentlicht – das tat Albig dann sofort
       selbst, aber Breitner verklagte Bartels wegen Nötigung. Zivilrechtlich
       einigten sich die beiden inzwischen. Das strafrechtliche Verfahren liegt
       indes beim Generalbundesanwalt.
       
       ## Parteien legen Rücktritt nahe
       
       ## 
       
       Im Vergleich zu dem Ton, der Gaschke aus den eigenen Reihen
       entgegenschlägt, klingt Peter Stoltenberg, Landeschef der Grünen, geradezu
       besorgt: „Sie sollte von sich aus den Hut nehmen und der Stadt wie auch
       sich selbst ein Abwahlverfahren ersparen.“ Den Antrag auf ein
       Abwahlverfahren hat die FDP ins Spiel gebracht. Das Verfahren wäre lang und
       teuer, wohl auch deshalb gibt es dafür zurzeit noch keine Mehrheit.
       
       Chancen hat der Antrag der CDU, der Bürgermeisterin nahezulegen,
       zurückzutreten oder zumindest das Amt ruhen zu lassen, bis alle Verfahren
       abgeschlossen sind. Die Kommunalaufsicht prüft indes disziplinarrechtliche
       Folgen. Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob ein Verfahren wegen Untreue
       eröffnet wird.
       
       Aus dem Amt werfen kann der Stadtrat die direkt gewählte Verwaltungschefin
       nicht. Dass das Disziplinarverfahren mit der „Entfernung aus dem
       Beamtenverhältnis“ endet, scheint wenig wahrscheinlich: dazu müsste Gaschke
       nachgewiesen werden, dass sie sich selbst bereichern oder der Stadt schaden
       wollte.
       
       Das vernichtende Urteil der Kommunalaufsicht hat auch die Finanzexperten in
       der Kämmerei getroffen. Offenbar hatte Gaschke niemand vor dem
       rechtswidrigen Deal gewarnt, zumindest gäben die Akten nichts dazu her, so
       Breitner. Schwierig wird nun, die Einigung mit dem Arzt rückgängig zu
       machen: „Sie ist rechtswidrig, aber in der Welt“, so ein Mitarbeiter des
       Innenministeriums. Zunächst sei die Stadtverwaltung dran, sagte
       Innenminister Breitner: „Ich erwarte, dass die ihren Job machen.“
       
       24 Oct 2013
       
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       ## AUTOREN
       
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