# taz.de -- Geben und Nehmen: Kreise sollen abgeben
       
       > Schleswig-Holsteins Landesregierung wagt sich an eine Neuordnung der
       > kommunalen Finanzen zugunsten ländlicher Regionen.
       
 (IMG) Bild: In Dithmarschen gibt's Kohl, in Stormarn Kohle - die Landesregierung will umverteilen.
       
       KIEL taz | Rund 650 Euro pro Jahr zahlt rein rechnerisch jeder Mensch in
       einem Dorf im Kreis Schleswig-Flensburg in den Steuertopf. In Stapelfeld im
       Hamburg-nahen Kreis Stormarn sind es 2.900 Euro pro Kopf. Doch der
       Ausgleich zwischen armen und reichen Gemeinden und Regionen ist
       kompliziert.
       
       Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) hat sich an eine
       Neuordnung der kommunalen Finanzen gewagt: Ohne vonseiten des Landes mehr
       zuzuschießen, will er die bedürftigen Regionen, vor allem die ländlichen
       Gebiete in Dithmarschen und die kreisfreien Städte Kiel, Neumünster,
       Flensburg und Lübeck besser stellen. Damit will er ihnen ermöglichen, ihre
       Aufgaben der Kinderbetreuung oder soziale Angebote aufrechtzuerhalten.
       
       Als Geldgeber hat der Landesminister die mittlere kommunale Ebene entdeckt:
       die Kreise. Angesichts derzeit guter Wirtschaftszahlen und einiger Extras
       aus Bund und Land stehen die zwar weiterhin gut da, protestieren aber
       dennoch heftig gegen die Reform. Kritik kommt aus den Reihen der
       Opposition, aber auch von SPD-Kommunalpolitikern in den kreisfreien
       Städten, die für ihre Orte mehr Geld erwartet hätten.
       
       ## Breitner erzürnt seine Heimat
       
       Die CDU fordert einen „Neustart“ des Reformprojekts, das neben dem
       Schulgesetz die größte Aufgabe ist, die das Regierungsbündnis aus SPD,
       Grünen und der Minderheitenpartei SSW anpackt. Verfassungswidrig und
       intransparent sei der Entwurf, zudem arbeite das Ministerium mit fiktiven
       Messzahlen, heißt es in einer Stellungnahme des Kreises
       Rendsburg-Eckernförde – der Heimat des ehemaligen Rendsburger
       Bürgermeisters Breitner – von Ende Januar. Die Kreise drohen mit einer
       Verfassungsklage.
       
       Auch die Innenexpertin der CDU-Landtagsfraktion, Petra Nicolaisen, hält den
       Gesetzesentwurf für verfassungswidrig. 1,4 Milliarden Euro macht der
       kommunale Anteil der Landessteuern aus, die an Kreise, Städte und Gemeinden
       verteilt werden.
       
       Nach der Reform sollen die Gemeinden über 30 und die kreisfreien Städte
       knapp 23 Millionen mehr haben als heute, die Kreise verlieren knapp 54
       Millionen. Untragbar sei das, so der Landkreistag. Breitner argumentiert,
       dass der Bund neuerdings Kosten der Grundsicherung – also Hartz IV oder
       Sozialhilfe – übernimmt.
       
       ## Freude über Widerstand
       
       Dies entlaste Kreise und kreisfreie Städte so stark, dass am Ende sogar ein
       Plus im Vergleich zur jetzige Lage entstehe. Das Land spendiert darüber
       hinaus gut 13 Millionen Euro für Schulsozialarbeit. Der Streit wird das
       Land weiter beschäftigen: Gestern machten die Regierungsfraktionen
       Vorschläge, im März geht der Entwurf in den Landtag.
       
       Dass eine Reform notwendig ist, bezweifelt keine Seite. Die heutige Fassung
       stammt aus den 1970er Jahren, entsprechend ist sogar noch
       „Zonenrandförderung“ vorgesehen. Die aktuell gute Finanzlage kann der
       Reform Rückenwind geben, Anfang 2015 soll sie in Kraft treten. Nach
       zahlreichen Gesprächen seien die Proteste leiser geworden, sagte der
       Minister: „Ich spüre einen gleichmäßigen Widerstand aus allen Richtungen,
       das ist ein gutes Zeichen.“
       
       11 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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