# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Dein Freund, der beste Feind
       
       > "Können Staaten Freunde sein?", wird nach der NSA-Affäre gefragt. Schon
       > Friedrich Nietzsche wusste: Streit gehört zur Freundschaft
       
 (IMG) Bild: Da blühte die deutsch-amerikanische Freundschaft noch: John F. Kennedy 1963 in Berlin
       
       Nachdem bekannt wurde, dass vom Dach der Berliner US-Botschaft aus das
       Regierungsviertel inklusive des Handys der Kanzlerin ausspioniert wurde,
       wird viel über Freundschaft geredet. Unter anderem darüber, ob die
       deutsch-amerikanische Freundschaft vielleicht nur ein Mythos war.
       
       „Ich bin mir sicher, dass Deutschland und die USA trotz des
       Vertrauensbruchs ziemlich beste Freunde bleiben“, schreibt Kathrin
       Göring-Eckhardt im aktuellen sonntaz-Streit. Anders sieht das Katja Kipping
       von der Linkspartei: „Individuen können Freunde, Staaten können lediglich
       Verbündete sein. Als solche binden sie gemeinsame Interessen oder die
       Drohung mit Gewalt.“ Derzeit werde von den amerikanischen Verbündeten
       mutwillig gegen Grundsätze der deutschen Partner verstoßen.
       
       Einig sind sich beide, wenn sie auf ihre Vergangenheit als DDR-Bürgerinnen
       zurückblicken. Göring-Eckhardt bezeichnet sich als „gebranntes Kind“, wenn
       es um Freundschaftsschwüre zwischen Staaten gehe. Denn die inszenierte
       „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ sei vor allem ein Konstrukt gewesen, um
       die Bürger ideologisch zu disziplinieren. Schon in den Geboten der
       Jungpioniere war die Freundschaft mit den Kindern der Sowjetunion
       verankert.
       
       Katja Kipping schreibt, dass von „den Freunden“ ironisch immer dann die
       Rede war, wenn es um Ärgernisse sowjetischer Militärpräsenz gegangen sei.
       Sie findet: „Die Rückkehr der Freundschaftssemantik in Bezug auf
       außenpolitische Beziehungen der Bundesrepublik ist bezeichnend.“
       
       Klaus-Dieter Eichler, Philosophie-Professor in Mainz, kritisiert eine rein
       realpolitische Argumentation, wenn um es gute Beziehungen zwischen Staaten
       geht: Politisches Handeln nur als interessengeleitetes Handeln zu
       betrachten sei zu einfach. Politiker müssten nicht befreundet sein, „aber
       die Freundschaft als politische Kategorie verweist auf die Bedingungen der
       Möglichkeit von Politik überhaupt,“ schreibt er. Klaus-Dieter Eichler
       glaubt, der aktuelle Umgang unter „Freunden“ hätte Friedrich Nietzsche gut
       gefallen. Der prägte den Satz: „In seinem Freunde soll man seinen besten
       Feind haben.“
       
       Der FDP-Politiker Hartfrid Wolff saß bis vor kurzem im Innenausschuss des
       Deutschen Bundestages. Er hält eine enge Verbindung zwischen den Völkern
       für ausschlaggebend. „Für eine Freundschaft zwischen Ländern ist
       entscheidend, dass die Menschen befreundet sind“, sagt Wolff. Zwischen
       Deutschland und den USA sei die Verbindung von beiden Seiten her durch
       Respekt und ein gemeinsames Wertefundament geprägt. Die aktuellen
       Differenzen sollten von den gewählten Volksvertretern angesprochen werden.
       Behörden und Regierungen spielten in diesem Verständigungsprozess keine
       entscheidende Rolle.
       
       Der Koordinator für Transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt,
       Harald Leibrecht, sieht in der momentanen Krise sogar eine Chance:
       Fehlentwicklungen könnten korrigiert und klare Regeln für den Umgang
       miteinander aufgestellt werden. „Dann können auch Staaten gute Freunde
       sein“, meint er.
       
       Die Streitfrage in der aktuellen sonntaz vom 02../03.November beantworteten
       außerdem der FDP-Politiker Alexander Graf-Lambsdorff, die Geschäftsführerin
       der Bertelsmann-Stiftung in Washington D.C. Annette Heuser, Beate Neuss,
       Professorin für Internationale Politik an der TU Chemnitz, der Politologe
       Andrew J. Nathan, die Entertainerin Gayle Tufts und der taz-Leser Steffen
       Wolf.
       
       3 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katja Musafiri
       
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