# taz.de -- Scanningpläne der Supermarktkette Tesco: Die spinnen, die Briten
       
       > Der Einzelhandelskonzern Tesco installiert Kameras an seinen Kassen.
       > Damit soll das Gesicht des Kunden erfasst und passende Werbung gezeigt
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Kauft man anders ein, wenn man zuvor maßgeschneiderte Werbung gesehen hat?
       
       DUBLIN taz | Das Onlineverhalten der Bürger wird bereits flächendeckend
       ausspioniert. Bei der Überwachung des Offlinelebens gibt es aber noch Raum
       für Verbesserungen, meint die britische Supermarktkette Tesco.
       
       So werden nun an den Kassen der 450 Tankstellen des Unternehmens
       Bildschirme installiert, die das Gesicht des Kunden erfassen und dann
       maßgeschneiderte Werbung einspielen. Zunächst sollen lediglich Geschlecht
       und ungefähres Alter ermittelt und die Einkäufe registriert werden.
       Außerdem lässt sich feststellen, wie lange jemand auf den Bildschirm
       starrt. Mehr als fünf Millionen Menschen pro Woche sollen auf diese Art
       erfasst werden.
       
       Für die Installation der Bildschirme ist die Technologiefirma Amscreen
       verantwortlich. Deren Geschäftsführer Simon Sugar jubelte: „Das könnte den
       britischen Einzelhandel völlig verändern. Unser Plan ist es, diese
       Bildschirme in so vielen Supermärkten wie möglich zu montieren.“ Später
       will Sugar das System auf andere Orte wie Fitnessstudios oder Flughäfen
       ausweiten. „Markenhersteller haben nicht nur das Recht zu erfahren, wie
       viele Augenpaare ihre Werbung anschauen, sondern auch wem sie gehören“,
       sagt er.
       
       Tesco ist 1924 von Jack Cohen gegründet worden. Er hatte nach dem Ersten
       Weltkrieg zunächst Obst und Gemüse im Londoner East End verkauft. Heute ist
       Tesco das erfolgreichste Einzelhandelsunternehmen Großbritanniens; es macht
       einen Umsatz von weit über 200.000 Pfund – pro Stunde. Jedes achte Pfund,
       das in Großbritannien ausgegeben wird, fließt in die Kassen von Tesco.
       
       ## Kleidung, Elektrogeräte, Benzin
       
       Terry Leahy, bis vor drei Jahren Geschäftsführer von Tesco, prahlte einmal:
       „Innerhalb einer Dekade hat sich Tesco von der Nummer drei in
       Großbritannien zur Nummer drei in der Welt entwickelt.“ Das Unternehmen
       erwirtschaftet rund 3 Prozent des britischen Bruttosozialprodukts, es hat
       540.000 Angestellte.
       
       Längst beschränkt sich das Unternehmen nicht mehr auf Lebensmittel.
       Kleidung, Elektrogeräte und Benzin, das an Tesco-Käufer mit Rabatt
       abgegeben wird, gehören ebenso zum Angebot wie auch eine
       Telefongesellschaft, eine Bank und eine Telefonauskunft. Insgesamt besitzt
       Tesco mehr als 6.400 Filialen, davon 3.150 in Großbritannien.
       
       Vor zehn Jahren begann Tesco, kleinere Geschäfte in den Vororten britischer
       Städte aufzukaufen. Der Konzern drückt die Preise, sodass Zulieferer mehr
       oder weniger gezwungen sind, die ohnehin unterbezahlten Arbeitskräfte aus
       den neuen EU-Ländern noch stärker auszubeuten. Auf der Ethikliste von 100
       britischen Firmen, die jedes Jahr von „Ethical Consumer Information
       Systems“ veröffentlicht wird, bildet Tesco gemeinsam mit Unilever stets das
       Schlusslicht. Das neue Gesichtserkennungssystem wird diesen Tabellenplatz
       zementieren.
       
       ## „Einkaufserlebnis verbessern“
       
       Peter Cattell, Direktor der Tesco-Benzinsparte, sagt: „Wir suchen immer
       Partner, die innovative Wege beschreiten, um das Einkaufserlebnis unserer
       Kunden zu verbessern.“ Das System verwende weder Iris-Erkennung, noch
       speichere es die Daten oder identifiziere den Kunden. Noch nicht.
       
       Nick Pickles von der Organisation Big Brother Watch sagt, es habe mit den
       Kärtchen für einen Treuebonus angefangen, um das Verhalten der Kundschaft
       auszuspionieren, und es werde mit der Erfassung von Geschlecht und Alter
       nicht aufhören. Die Technik werde es in naher Zukunft ermöglichen, die
       Identität der Kunden zu ermitteln. „Wenn man den Menschen erklärt, dass
       eine Kamera ihre Identität ermittelt, wenn sie einen Supermarkt, eine
       Arztpraxis oder ein Anwaltsbüro betreten, werden sie sich genau überlegen,
       in welche Gebäude sie gehen.“
       
       5 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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