# taz.de -- Räumung des Staatsfernsehens ERT: Sturm auf Sendung
       
       > Die Polizei beendet die Besetzung des Staatssenders in Athen. Laut
       > Regierung verlief die Aktion friedlich, Journalisten sehen das anders.
       
 (IMG) Bild: Auseinandersetzungen bei der Räumung des griechischen Staatssenders ERT.
       
       ATHEN taz | „Nicht das ERT-Personal gehört entlassen, sondern
       (Ministerpräsident) Samaras“, steht auf einem Protestplakat vor dem Gebäude
       des griechischen Staatsrundfunks im Athener Vorort Agia Paraskevi. Doch die
       Polizei lässt sich davon nicht beeindrucken: Kurz nach vier Uhr morgens
       stürmen ihre Sondereinheiten in Anwesenheit eines Staatsanwalts das
       Funkhaus.
       
       Rund 50 Journalisten und Techniker, die zu diesem Zeitpunkt dort verweilen,
       werden aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Weitere ERT-Mitarbeiter
       eilen zum Ort des Geschehens, doch sie werden von den Beamten ferngehalten.
       Die Polizei feuert Tränengas gegen Gewerkschaftsvertreter.
       
       Der Hintergrund: Im Juni hatte die Regierung den Staatssender geschlossen
       und über 2.500 Mitarbeiter auf einen Schlag entlassen. Hunderte von ihnen
       hielten seitdem das ERT-Funkgebäude besetzt und sendeten von dort aus ein
       Protestprogramm. Daraufhin gründete die Regierung einen neuen Sender mit
       dem schlichten Namen „Dimosia Tileorasi“ (Öffentlich-rechtliches
       Fernsehen). Über 1.000 ERT-Journalisten wechselten zum neuen Sender, doch
       ein Großteil der TV-Infrastruktur war im alten Funkhaus geblieben.
       
       Nach Auffassung des Regierungssprechers Simos Kedikoglou ging es bei der
       Räumung um die „Wiederherstellung der Legalität“. Neulich warnte der für
       das „Öffentlich-rechtliche Fernsehen“ zuständige Minister Pantelis Kapsis,
       die TV-Berichterstattung über den griechischen EU-Vorsitz im ersten
       Halbjahr 2014 sei in Gefahr, falls die Besetzung der ehemaligen
       ERT-Zentrale nicht beendet würde.
       
       ## Gewalt und Tränengas
       
       Seitdem spekulierte man über einen bevorstehenden Einsatz der Polizei, und
       die Gerüchte haben sich am nun bestätigt. Auf diesbezügliche Fragen von
       Journalisten erklärte Kapsis am Mittwoch dennoch, er wüsste nichts vor
       einem Polizeieinsatz. „Ja, ja, Herr Kapsis weiß nie von irgendetwas“,
       meinte dazu die ERT-Arbeitnehmervertreterin Machi Nikolara.
       
       Nach Regierungsangaben verlief die Räumung friedlich, doch die Journalisten
       sehen das anders: „Die Polizei kam mit über 100 Mann, schubste uns mit
       Gewalt aus dem Vorhof und setzte Tränengas ein. Nur durch Zufall wurde
       niemand von uns verletzt“, sagt der langjährige ERT-Mitarbeiter Nikos
       Michalitsis der taz. „Die haben mich an den Haaren gepackt, dabei haben wir
       doch keinen Widerstand geleistet. Ich werde die Polizisten anzeigen“,
       protestiert ERT-Journalistin Vaja Paliadaki.
       
       Vier Menschen wurden vorübergehend festgenommen. „Alle vier wurden in den
       frühen Morgenstunden zum Polizeipräsidium gebracht und in den nächsten
       Stunden dann wieder freigelassen; die haben doch nichts Illegales getan“,
       sagt Michalitsis. Arbeitnehmervertreterin Machi Nikolara ist wütend: „Das
       gibt’s doch in keinem anderen demokratischen Staat der Welt, dass
       Sondereinheiten der Polizei ins öffentlich-rechtliche Fernsehen geschickt
       werden. Wir sind doch nicht im Krieg!“
       
       7 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Räumung
 (DIR) Staatssender ERT
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Athen
 (DIR) Medien
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Europäische Linke
 (DIR) Europäische Linke
 (DIR) ERT
 (DIR) Staatssender ERT
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Griechenlands Staatssender: Radio Tsipras
       
       Der geschlossene Staatssender ERT soll wiederbelebt werden. Am Montag wird
       dem Parlament ein Gesetzentwurf dazu vorgelegt.
       
 (DIR) Neuer Staatssender in Griechenland: Rundfunkreform wird kritisch beäugt
       
       Kurz nach der Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders ERT gründet die
       Regierung einen Nachfolgekanal. EU-Politiker mahnen zum Kampf gegen die
       Korruption.
       
 (DIR) Besetzter Fernsehsender in Griechenland: Und sie senden weiter
       
       Das Finanzministerium hat die Besetzer aufgefordert, den Staatssender ERT
       zu verlassen. Doch die denken bisher nicht daran.
       
 (DIR) ERT und Griechenlands Demokratie: Athen erlebt Tage des Zorns
       
       Das Ende des staatlichen Senders ERT führt zu Protesten und zu einer
       Regierungskrise. Die Demonstranten sehen die Demokratie in Gefahr.
       
 (DIR) Griechenlands Regierung vor dem Aus: Die Drohungen der Linken
       
       Eine große Mehrheit der Demokratischen Linken will ihre Minister aus der
       Regierung abziehen. Eine endgültige Entscheidung gibt es aber noch nicht.
       
 (DIR) Konflikt um griechischen Staatssender: Von wegen auf Sendung
       
       In Griechenland ignoriert die Regierung einen höchsten Richterspruch, den
       stillgelegten Staatsrundfunk ERT wieder arbeiten zu lassen.
       
 (DIR) Gericht urteilt über griechischen Staatsrundfunk: Pyrrhussieg für Senderbesetzer
       
       Die staatliche Medienanstalt ERT muss sofort wieder ans Netz, so das
       Gerichtsurteil. Doch der Sender wird umgebaut und den Beschäftigten drohen
       trotzdem Entlassungen.