# taz.de -- Verlage in Deutschland: Was heißt schon Buch?
       
       > Der Hanser-Verlag bekommt einen neuen Chef. Damit könnte eine neue Ära
       > beginnen. Die Frage ist aber: Brauchen wir noch Verlage?
       
 (IMG) Bild: Ist nicht auch dies, nun ja, ein Buch?
       
       Es war nur ein einziger Satz in einem längeren Vortrag, aber er schlug ein
       wie eine kleine Bombe. Vor kurzem erst war bekannt geworden, dass Jo Lendle
       die Verleger-Legende Michael Krüger beim Hanser-Verlag ersetzen wird. Da
       erklärte Lendle vor Studenten des Studiengangs Kreatives Schreiben in
       Hildesheim: „Verlage sind schon heute definitiv nicht mehr nötig.“
       
       Lendles Auftritt wirkte so, als hätte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach kurz
       vor Amtsantritt auf der Jahreshauptversammlung des Deutschen Fußballbundes
       nur mal so unverbindlich gefragt: „Wer braucht schon noch den DFB?“ Die
       Begeisterung unter Fußballfans hätte sich in Grenzen gehalten. So war es
       auch bei Lendle. Die Branche wirkte irritiert.
       
       Trotzdem gibt es einen Unterschied: Den größten Fußballverband der Welt
       wollen nur wenige ernsthaft abschaffen. Lendle allerdings konnte erst
       einmal ziemlich plausibel erklären, wofür Verlage im digitalen Zeitalter
       eben wirklich nicht mehr gebraucht werden. Schließlich, argumentierte
       Lendle, sei „jeder Autor sein eigener Lektor, Setzer, Gestalter, Booker,
       Marketingchef, womöglich sogar sein eigener Rezensent“. Oder er kaufe sich
       diese Fertigkeiten dazu. Wozu überhaupt noch das ganze Drumherum?
       
       ## Vernichtende Analyse
       
       In seiner Ganzen Geschichte in der aktuellen taz.am wochenende vom 7./8.
       Dezember geht taz-Literaturedakteur Dirk Knipphals dieser Frage nach. Sie
       drängt sich gerade besonders im deutschen Literaturbetrieb auf, weil bei
       Hanser, einem der traditionsreichsten deutschen Verlagshäuser ein
       Generationenwechsel ansteht, von Michael Krüger, bald 70, zu Lendle, noch
       45.
       
       Eine so eine vernichtend scharfe Analyse wie die Lendles hätte sein
       Vorgänger Michael Krüger wohl nie geäußert. Und auch Lendle meint natürlich
       nicht, es brauche keine Verlage. Vielmehr will er auf die Frage hinaus:
       Wofür denn noch?
       
       Michael Krüger ist einer, der manchmal erzählt, wie viel besser früher
       alles war, der aber auch seit Jahrzehnten enge Korrespondenzen mit
       Schriftstellern pflegt, ein literarisches Netzwerk personifiziert. Krüger
       ist ein Verleger-Typ der ganz alten, ehrwürdigen Schule - auch wenn er sich
       neuen Medien vorsichtig nähert, [1][etwa mit seinem
       Youtube-Adventskalender].
       
       ## Amazon voll unabhängiger Autoren
       
       So eine Haltung scheinen sich Verlage heute nicht mehr leisten zu können.
       Auf Amazon.com schließlich stammt inzwischen ein Viertel der 100
       meistverkauften Bücher für den Kindle-Reader von unabhängigen Verlegern,
       hat der Online-Konzern gerade mitgeteilt. Obwohl „unabhängig“ ein breiter
       Begriff ist und alle Kleinverlage außerhalb der sechs größten meint: Die
       Statistik zeigt einen Trend. Autoren kommen tatsächlich immer besser ohne
       klassische Verlage aus.
       
       Und trotzdem glauben Verlegerinnen aber auch Leser in Deutschland daran,
       dass es zum Büchermachen ein wenig mehr braucht als einen Computer und eine
       Internetverbindung. Man fühlt sich gleich ein wenig gebildeter mit dem
       neuesten Safranski (Goethe – Kunstwerk des Lebens. Biografie) in der Hand
       oder im Regal.
       
       Man kann mit manchen Büchern ganz gut angeben (Genaueres dazu auch in der
       taz.am wochenende: Leseempfehlungen von taz-Redakteurinnen in der
       Jahresendabrechnung). Literatur ist außerdem immer auch mit Mythen
       verbunden, mit festen Beziehungen, die zwischen Autoren und Lesern
       entstehen. Insofern sind Verlage Mittler, die diese Beziehungen fördern,
       sie überhaupt etablieren.
       
       Verlegerfiguren wie Jo Lendle werden sich in digitalen Zeiten die Frage
       stellen müssen, wie sie diese Beziehungen weiter pflegen, jetzt wo Bücher
       häufiger Dateien auf dem Kindle oder dem iPad sind.
       
       Warum können Leserinnen Verlagen vielleicht doch mehr vertrauen als
       Buchhandelsriesen wie Amazon? Gibt es dieses gewisse Etwas wirklich, das
       nur die Spezialisten aus den Verlagshäusern finden und zur Entfaltung
       bringen? Oder geheimsen wir da viel zu viel hinein und die viel besseren
       Bücher finden sich längst auf Online-Plattformen – es merken nur noch nicht
       alle? 
       
       Diskutieren Sie mit!
       
       Die Ganze Geschichte "Es wird ein Buch" lesen Sie in der taz.am wochenende
       vom 7./8. Dezember 2013.
       
       6 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.hanser-literaturverlage.de/extras/adventskalender-2013/michael-krueger-adventskalender-ab-1-dezember-2013.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Kempkens
       
       ## TAGS
       
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