# taz.de -- Vorwurf gegen britische Soldaten im Irak: Inhaftierte systematisch gefoltert
       
       > NGO und Anwälte schalten den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag
       > ein. Britische Soldaten sollen irakische Häftlinge misshandelt haben.
       
 (IMG) Bild: Welche Befehle hatten die britischen Soldaten im Irak? Einer der Punkte, über die das Strafgerichtshof in Den Haag ermitteln will.
       
       DUBLIN taz | Die britische Regierung will unter allen Umständen verhindern,
       dass ehemalige Minister und hochrangige Militärangehörige wegen
       Kriegsverbrechen im Irak vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den
       Haag (ICC) angeklagt werden. Sämtliche Vorwürfe seien bereits in
       Großbritannien untersucht worden oder werden derzeit untersucht, gab das
       Verteidigungsministerium in London am Samstag bekannt.
       
       Am Freitag hatten das European Center for Constitutional and Human Rights
       (ECCHR) in Berlin und die britische Anwaltsfirma Public Interest Lawyers
       (PIL) gemeinsamein ein Dossier in Den Haag eingereicht. Sie fordern
       Ermittlungen gegen den Armeechef General Peter Wall sowie gegen zivile
       Entscheidungsträger, vor allem den ehemaligen Verteidigungsminister
       Geoffrey Hoon und Staatssekretär Adam Ingram, wegen systematischer Folter
       und Misshandlung von Gefangenen im Irak zwischen 2003 und 2008.
       
       Mehr als 400 ehemalige irakische Häftlinge haben sich in den vergangenen
       Jahren an die Anwälte gewandt und von schwersten Misshandlungen und
       Erniedrigungen durch britische Soldaten berichtet. „Obwohl diese Vorwürfe
       seit Langem bekannt sind und Gegenstand von diversen staatlichen
       Untersuchungskommissionen waren“, heißt es in der Presseerklärung der
       Anwälte und des ECCHR, „verweigern sich die britischen Behörden bis heute
       einer gebotenen strafrechtlichen Aufarbeitung.“
       
       In dem 250-seitigen Dossier, das man dem ICC vorgelegt hat, sind 85
       repräsentative Fälle detailliert dokumentiert. Den Gefangenen sollen
       Verbrennungen und Elektroschocks beigebracht und Kartoffelsäcke über den
       Kopf gestülpt worden sein. Es soll Morddrohungen, kulturelle sowie
       religiöse Demütigungen, sexuelle Übergriffe, Scheinhinrichtungen und
       Vergewaltigungsdrohungen gegeben haben. Die „zivilen Vorgesetzten hatten
       Informationen oder ignorierten absichtlich, dass britische
       Militärangehörige Kriegsverbrechen im Irak begingen“, heißt es in dem
       Dossier.
       
       ## Die Regierung in London debauert „wenige Fälle“
       
       Ein Eingreifen des ICC sei unnötig, da die Vorwürfe der britischen
       Regierung bereits bekannt seien und britische Gerichte bereits Urteile
       gefällt haben, sagte das britische Verteidigungsministerium hingegen. „Wir
       weisen die Vorwürfe zurück, dass die bewaffneten britischen Streitkräfte,
       die innerhalb britischer und internationaler Gesetze operieren,
       systematisch Gefangene gefoltert haben sollen. Natürlich bedauert die
       Regierung die wenigen Fälle, in denen tatsächlich Misshandlungen
       stattgefunden haben. In den Fällen, in denen die Vorwürfe belegt werden
       konnten, haben wir die Opfer und ihre Familien entschädigt.“
       
       Theoretisch könnten die Kriegsverbrechen auch in Großbritannien angeklagt
       werden, das Land hat Artikel 15 der Europäischen Menschenrechtskommission,
       der Folter verbietet, im Jahr 2001 unterzeichnet. Doch bisher sind nur eine
       Handvoll Fälle vor britischen Militärgerichten verhandelt worden. Dabei kam
       es nur zu einer einzigen Verurteilung, weil ein Soldat geständig war.
       
       Der ICC hatte bereits vor acht Jahren festgestellt, es bestehe
       hinreichender Verdacht, dass britische Soldaten im Irak Kriegsverbrechen
       begangen haben. Weil aber weniger als 20 Fälle dokumentiert waren, erschien
       es dem Gericht nicht ausreichend gravierend, um eine Untersuchung
       einzuleiten.
       
       Das ist nun anders. „Die Vielzahl der in dem vorgelegten Dossier
       dokumentierten Misshandlungen von Gefangenen in Zusammenhang mit
       Vernehmungen an unterschiedlichen Orten und über einen knapp fünfjährigen
       Zeitraum belegen aus unserer Sicht eine systematische Praxis“, heißt es in
       dem Dossier. Mit anderen Worten: Die Misshandlungen waren von oben
       angeordnet.
       
       12 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Soldaten
 (DIR) Irak
 (DIR) Folter
 (DIR) Internationaler Strafgerichtshof
 (DIR) USA
 (DIR) Irak
 (DIR) Irak
 (DIR) Folter
 (DIR) Irak
 (DIR) Irak
 (DIR) Irak
 (DIR) Irak
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Soldaten misshandelten Gefangene: Pentagon veröffentlicht Fotos
       
       Auf 200 Fotos sind misshandelte Gefangene aus US-Gefängnissen im Irak und
       in Afghanistan zu sehen. Das ist das Ergebnis einer Klage durch
       Menschenrechtler.
       
 (DIR) Foltervorwürfe gegen britische Soldaten: Vorermittlungen in Den Haag
       
       Der Internationale Strafgerichtshof prüft die Einleitung eines
       Ermittlungsverfahrens gegen britische Soldaten. Ihnen wird Folter im Irak
       vorgeworfen.
       
 (DIR) US-Militär prüft Fotos: Leichen im Irak angezündet
       
       Amerikanische Soldaten haben mutmaßlich die toten Körper irakischer
       Rebellen verbrannt. Im Islam ist das Verbrennen von Leichen verboten.
       
 (DIR) Internationaler Gerichtshof in Den Haag: Strafanzeige gegen britische Armee
       
       Was geschah in britischen Militärgefängnissen im Irak? Kam es zu Folter
       oder schlimmeren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich jetzt auch der
       Internationale Strafgerichtshof.
       
 (DIR) Kämpfe im Irak: Offensive in Anbar
       
       Im Kampf gegen al-Qaida tötet die irakische Armee bei einem Luftangriff 25
       Kämpfer. Die Regierung will das Land vom Terrorismus „reinigen“.
       
 (DIR) Unruhen im Irak: USA rüsten Krisenregion auf
       
       Die schweren Kämpfe zwischen Regierungstruppen und islamistischen Gruppen
       gehen weiter. Die USA liefern nun schneller Waffen an die Regierung.
       
 (DIR) Gefechte im Irak: Es herrscht wieder Krieg
       
       Im Westen des Landes toben schwere Kämpfe zwischen Regierungstruppen und
       sunnitischen Rebellen. Dabei mischt auch al-Qaida mit.
       
 (DIR) Islamisten übernehmen irakische Stadt: Falludscha ist wie eine „Geisterstadt“
       
       Schon am Donnerstag hatten Kämpfer einer Al-Kaida-nahen Gruppe Falludscha
       besetzt. Jetzt scheint sie komplett in ihrer Hand zu sein.